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Magazin Auf den Spuren der Straßenmädchen

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Auf den Spuren der Straßenmädchen

Damals war die Charlottenstraße – die sogenannte „Rue“ – ihr Einsatzort Nummer eins, die jungen Prostituierten auf dem Drogenstrich der ...

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Auf den Spuren der Straßenmädchen
Maria blinzelt genervt unter ihrer Kapuze hervor. „Scheiß-Wetter, nix los“, sagt sie achselzuckend. Ihr violetter Lippenstift ist verschmiert. Die 23-Jährige hält einen Becher mit Instant-Kaffeepulver in den Händen, in den Streetworkerin Kristina Oehlmann heißes Wasser aus einer mitgebrachten Thermoskanne gießt. Ihre Kollegin Christa Lessel wühlt derweil in der schwarzen Umhängetasche mit dem bunten Graffitilogo „Trebe“. „Was für Kondome brauchst du?“, fragt sie Marias Begleiterin Lisa (25). Es ist ein Winternachmittag mit Schneegriesel auf der Charlottenstraße, Düsseldorfs Straßenstrich. Kaffee und Kondome – das ist das Wichtigste, was Christa und Kristina heute für die jungen Frauen hier tun können.

Die 58-jährige Christa Lessel hat die Streetwork des Düsseldorfer Trebecafé, einer Einrichtung der Diakonie für Mädchen auf der Straße, vor mehr als 20 Jahren mitaufgebaut. Damals war die Charlottenstraße – die sogenannte „Rue“ – ihr Einsatzort Nummer eins, die jungen Prostituierten auf dem Drogenstrich der Landeshauptstadt ihre Hauptzielgruppe. Doch seither hat sich viel verändert. Nach Stichproben des Deutschen Jugendinstituts, einem der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas, sind bis zu 40 Prozent der Straßenjugendlichen inzwischen weiblich. Aber: Sie fallen kaum auf. „Mädchen von der Straße sind immer noch in erster Linie Mädchen“, sagt Maria Peixoto, Teamleiterin im Trebecafé. „Sie legen viel Wert auf Pflege und Kleidung.“ Und: Sie sind sehr misstrauisch.

EINRICHTUNG Das Trebecafé in Düsseldorf, Kölner Straße 148, ist eine Einrichtung der Diakonie und richtete sich früher ausschließlich an Mädchen auf der Straße – nachdem die Zielgruppe sich verändert hat, adressiert sie auf ihrer Internetseite jetzt „Mädchen, die Beratung und Hilfe brauchen – nicht nur auf der Straße“. Neben der Streetwork gibt es vor Ort Hilfe, Schutz, aber auch Mahlzeiten, Pflegeartikel, die Möglichkeit, Wäsche zu waschen oder zu duschen. Das Café braucht pro Jahr Spendengelder in Höhe von 250 000 Euro.

Für Kristina (30) und Christa gehört die „Rue“ trotzdem noch immer zur üblichen Runde. So auch an diesem trüben Nachmittag. Nachdem sie Maria und Lisa mit Feuchttüchern, Kondomen, Kaffee und Trinkpäckchen versorgt und darüber geplauscht haben, wie oft das Ordnungsamt heute schon durch den Sperrbezirk patrouilliert ist, laden sie die jungen Frauen für den nächsten Tag ins Trebecafé ein. Wie jedes Mal. Dort könnten sie heiß duschen, eine Gratismahlzeit einnehmen, Kleidungsstücke waschen oder gleich neue bekommen. Aber bisher haben die beiden den Weg dorthin noch nie gefunden. „Es ist zu weit für sie“, sagt Christa. Etwa eine Viertelstunde Fußweg. Für die meist kranken, in aller Regel schwer drogenabhängigen Frauen von der Charlottenstraße ist das eine fast unüberwindbare Distanz.

Für diese Frauen, die nur auf der Straße zu erreichen sind, ist die Streetwork gedacht. Deshalb ist Christa erschrocken, als sie den Stresemannplatz, eine Straßenecke vor dem Hauptbahnhof, erreichen: „Oh nein, das Reihenhäuschen ist geräumt!“ Vor einem leerstehenden Ladenlokal türmen sich Europaletten und Matratzen auf dem Bürgersteig. Damit hatten sich Jacky und ihr Freund eine kleine Behausung in den Ladeneingang gezimmert. Ihr Reihenhäuschen. Christa und Kristina hatten versprochen, sie heute dort zu besuchen. Aber dem Hausbesitzer war der Unterschlupf wohl ein Dorn im Auge.

Die Streetworkerinnen sind betroffen. Sie kennen Jacky, seit sie 17 war. Der Obdachlosen, heute 23 Jahre alt, ging es lange verhältnismäßig gut, berichtet Kristina, doch dann wurde ihr ihr Hund von der Stadt abgenommen. Seither haben Heroin und Wodka die Oberhand gewonnen. Vor zwei Tagen hatten die Trebecafé-Mitarbeiterinnen ihr zumindest mal ein Brot gekauft, damit sie etwas anderes als Rauschmittel im Körper hat. Dass sie jetzt gar nicht wissen, wo Jacky sein könnte, ist nicht gut.

Auch auf dem Lessingplatz haben sie Pech. Dort steht Sozialarbeiter Franco, der hier fester Ansprechpartner für die Jugendlichen ist, mit Kaffeetasse in der Hand vor der Tür seines kleinen Häuschens. „Hast du die beiden Paulas in der letzten Zeit gesehen?“, fragt Kristina. „Die waren vor einer halben Stunde noch hier“, sagt Franco. „Mit elf Leuten standen die hier aufm Platz.“ Die beiden Paulas sind das inzwischen übliche Klientel der Streetworkerinnen: 17 Jahre alt und scheinbar strotzend vor Selbstbewusstsein, gepflegt, kein Heroin – sie kiffen höchstens oder schmeißen mal eine Pille. Für die Streetworkerinnen ist es sehr schwierig, an sie heranzukommen. Denn vordergründig haben die Mädchen kein Problem, keinen Hilfebedarf, sondern die große Freiheit entdeckt. Seit einem Jahr haben die Streetworkerinnen die beiden Paulas im Blick, den ganzen Sommer über trafen sie sie immer wieder auf dem Lessingplatz.

Letztlich ins Gespräch kamen sie über Christas Hund Floyd, der sie auf ihrer Runde begleitete. Eine Paula wollte ihn streicheln und erzählte, sie habe mal genau so einen Hund gehabt. Kurz vor Weihnachten kam das Mädchenduo dann zum ersten Mal ins Café. Dort erzählte eine der beiden irgendwann, sie lebe beim Vater und übernachte dort auch hin und wieder noch. Doch nachts werde sie geschlagen und morgens an die Luft gesetzt, um sich allein zu versorgen. Schon seit sie 15 war. „Diese Mädchen halten alle extrem viel aus“, sagt Kristina. „Und sie lernen, eine Mauer um sich herum zu bauen“, ergänzt Christa.
Mädchen hängen in der Bibliothek ab statt in der Fußgängerzone

Für die klassische Sozialarbeit auf der Straße macht es das schwierig. Denn an den Mädchen ist nichts klassisch. Sie sind zum Beispiel nicht klassisch obdachlos. „Sie organisieren sich“, sagt Christa. Hängen in der öffentlichen Bibliothek ab statt in der Fußgängerzone, weil es dort warm ist und Zerstreuung vorhanden – anders als die Drogenklientel von früher ist der Tag nicht strukturiert durch die Jagd nach dem nächsten Schuss, den Mädchen ist oft langweilig. Pennen mal eine Nacht beim Freund, mal bei einer Freundin.

Oder bei sonstwem. Sie prostituieren sich auch nicht klassisch, aber oft haben sie das, was die Trebecafé-Frauen „Sozialfreier“ nennen: Männer, die sie bei sich übernachten lassen und dafür Gegenleistungen erwarten. Mal sollen sich die Mädchen ausziehen und die Männer gucken nur. Es gebe aber auch schwerste Vergewaltigungen. Ein Mädchen habe mal geschildert, sie wohne ja ganz schick im Hotel – für das eben ihre Dates aus Internetportalen zahlten. Prostitution? Aber nein, alles ihre freie Entscheidung.

Das Pfund, mit dem Christa und Kristina bei ihrer Arbeit wuchern, ist, dass sie das Leben der Mädchen und Frauen nicht ändern wollen. „Das glauben die uns immer erst mal nicht“, sagt Christa lächelnd. Aber es sei so. „Es steckt ja immer eine Geschichte dahinter.“ Auch hinter dem Drogen- und Wodkakonsum einer Jacky. „Wenn ihr Weg gerade die Droge ist, dann ist das so. Auch wenn es nicht schön ist“, sagt Kristina. Für die beiden Streetworkerinnen ist das Wichtigste, eine Beziehung zu den Mädchen aufzubauen. Damit die, die gelernt haben, immer allein klarzukommen, um Hilfe bitten können, wenn sie diese doch mal brauchen.

Wie die Geschichte eines Mädchens ausgeht, wissen Christa und Kristina nie. Das zeigen zwei Freundinnen, die die 58-Jährige vor vielen Jahren bei der Streetwork kennen lernte, als diese gerade 14 waren. Beide suchten das Abenteuer, legten es auf Ärger mit allem an, was eine Uniform trug. Eine von ihnen verfiel den Drogen, landete auf dem Straßenstrich, bekam zwei Kinder, die ihr abgenommen wurden, stolperte oder sprang von einem Parkhausdach ... Sie ist tot. Ihre Freundin von damals, als die Straße noch aufregend erschien, lebt heute in einer Wohnung und ist für ihre drei Kinder eine sehr strenge, aber liebevolle Mutter. „Die habe ich neulich erst in der Bahn getroffen, es war total schön“, erzählt Christa.
Ob und wann die Frauen ihre Maske fallen lassen, weiß keiner

Ob Jacky sich irgendwann fängt und einen Entzug macht? Ob die beiden Paulas irgendwann einen Schulabschluss machen? Auch nur so viel Vertrauen fassen, dass sie vor Christa und Kristina mal ihre Maske der harten Straßenmädels fallen lassen und sich helfen lassen – bei was auch immer? „Bei manchen passiert das nie“, sagt Christa pragmatisch. Eine Regel, wie viel Beziehungsarbeit zu welchem Erfolg führt, gebe es nicht.

Ihre Runde durch das kalte Düsseldorf endet für die Sozialarbeiterinnen damit, dass sie sich die Frage stellen, ob Maria und Lisa es morgen doch mal zum offenen Treff im Trebecafé schaffen. „Vielleicht klappt es ja. Wenn sie zu zweit sind, ist die Chance immer größer ...“, sagt Kristina. Auf der Straße sind auch die ganz kleinen Schritte schon ein großer Erfolg.
 

Laum

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Es wird bestimmt den bundesblechorden geben für die Streetworker Heldinnen, die ja nur nicht auf den Arbeitsmarkt wollen, weil sie ja wissen, daß sie dort die unterste Schublade sind. Weil sie nichts können und Faulenzer sind. also muß der Steuerzahler ihnen die Pension zwangsweise bezahlen.
 
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