Bstatter
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Diese Frau …mein Gott! Diese Augen, ihre Art sich zu bewegen, bewegt mich ...ihr Dasein allein berührt mich. Sie ist es, kein Zweifel! Meine Liebe aus der Vergangenheit, mein nicht gelebtes Leben lebt zwei Tische weiter, ohne mich zu sehen. Ich sitze im Kaufhaus in einer Eisdiele, trinke Kaffee und schlage die Zeit tot, Zeit, die mir gegeben wurde, als mir alles genommen wurde. Ich ließ es zu, dass mir alles Materielle genommen wurde, aber das, was in mir ist, mein ich, das konnte mir keiner nehmen. Die Vergangenheit ist in mir, sie hat mich geformt und das, was ich jetzt bin, habe ich aus mir gemacht. Mein ganzes Leben habe ich damit verbracht, so zu sein. wie man mich wollte, aber nie versucht, so zu sein, wie ich bin. Ein halbes Leben falsch gelebt zu haben, reicht um das restliche Leben so zu Leben wie ich bin. Ich mache niemandem Vorwürfe, es war ja meine Zeit, mein Leben, das ich bisher gelebt habe. doch nun ist Schluss damit, denn endlich bin ich ...ich.
Sie sitzt da, ein paar Meter entfernt ...meine große Liebe. Bilder, bunte Bilder, aber auch solche in schwarz-weiß erscheinen vor meinem geistigen Auge. Trauer und Schmerz, Millionen nicht gelebter Gefühle dringen durch mich, Gänsehaut und Schweißausbruch vermischen sich, sie werden verwirbelt wie in einem Mixer. Ich rieche frisches Gras, das gemäht wurde, rieche Blumen auf einer Blumenwiese, sehe bunte Farben, Kinder, die in diesem bunten Meer spielen, ein Mädchen und ein Junge, Wolken, die so weiß sind. dass es weh tut, wenn man in sie schaut. Ich sehe Elena, meine Liebe, eine kindliche Liebe ...rein, ohne Wenn und Aber. Herzen, die nur das *du* kennen, kein *Mann* und *Frau*. Wir haben gelacht zusammen, geweint, Schmerzen geteilt und das Frühstück vom Kindergarten. Wir waren für uns da in der Not und kamen in Not, wenn wir getrennt waren. Kleine Höhlen, die wir aus Ästen bauten, wurden zu Palästen, ein kleiner See wurde zum Meer voller Seeräuber, wenn sie kamen, beschützte ich Elena. Jetzt sitzt sie fast vor mir, erwachsen, mit Augen, in denen ich alles klar und deutlich sehen kann, ich sehe sie, mich ...uns.
Früher war Elena blond mit Zöpfen, nun erkenne ich graue Strähnen, Falten um ihre Augen, ihre Ohren sind erwachsen geworden, ihr Mund ...ich erkenne ihre Lippen, wie oft habe ich sie beobachtet, wenn wir im Gras lagen und die Wolken beobachteten, wie oft habe ich sie mit einem Grashalm berührt. Diese wunderschönen Wolken, mit Elena wurde jede Wolke zum Gemälde oder zu einem Kuscheltier …mit ihr war ich lebendig. Tief verborgene Gefühle kommen hoch, feuchte Augen lassen die Frau vor mir verschwimmen. Ich habe dich einmal gehen lassen, Elena ...Es war einmal zu viel. Was konnte ich denn tun als Kind, als du ausziehen musstest? Ich war nicht stark genug gegen die Erwachsenen, sie haben dich aus meinem kurzen Leben gerissen ...gelächelt dabei und nicht verstanden, dass sie durch ihr Tun zwei Kinderherzen zerbrachen, zwei Seelen, die zu einer Seele verschmolzen waren, trennten. Du sitzt so nah, das Schicksal hat dich auf diesen Stuhl gesetzt ...ich schaue dich an mit feuchten Augen.
War es gestern, als du zu mir kamst in Tränen aufgelöst? Zäher gelber Schnotter kam dir aus der Nase und lief in deinen Mund. Du nahmst meine Hand und zogst mich barfuß nach draußen. Zusammen weinten wir. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, warum du weintest, nur eines wusste ich: Etwas Schlimmes musste passiert sein. Elena weinte nie ohne Grund, sie war keine Heulsuse. Einmal war sie von der Schaukel gefallen und hatte sich das Knie böse aufgeschlagen, sie blutete und sah meine entsetzten Augen. Sie versuchte mich zu beruhigen, weil ich fast verrückt wurde vor Sorge um sie. Alles durfte passieren, mein Fahrrad kaputt gehen oder Schnee fallen im Juli, aber eines durfte nie passieren: dass es meiner Freundin schlecht ging. Es dauerte eine Ewigkeit, bis du wieder sprechen konntest, immer wieder fingst du an zu weinen, bis es endlich aus dir herauskam: *Wir ziehen weg!!!*
Ich höre deinen kläglichen Schrei, die Verzweiflung in deiner Stimme ...jetzt, wo ich dich sehe, höre ich ihn wieder in mir, dein Schrei aus der Vergangenheit holt mich heute ein. Zuerst war ich geschockt, doch dann versuchte ich Elena zu trösten. So weit würden sie ja nicht wegziehen, ich würde jeden Tag mit dem Fahrrad zu ihr kommen, egal ob es regnete oder schneite, kein Weg würde mir zu weit sein, um meine Liebe zu sehen. Für Kinder ist ein fernes Land noch ferner, England war sehr weit weg, unerreichbar. Selbst für die größte Liebe bedeutete diese Entfernung den sicheren Tod. Wir beschlossen in der Nacht wegzulaufen, heimlich packten wir unsere Taschen, Teddybär und Salzstangen durften nicht fehlen. Ich schlachtete mein Sparschwein für die Liebe und verließ mein Zuhause. Elena wartete am Spielplatz auf mich, sie war weitsichtiger als ich und hatte Brote geschmiert, doch ich hatte eine Decke mit und mein Lieblingskissen. Zwei Kinder auf der Flucht, eine Seele auf der Suche nach einer gemeinsamen Zukunft. Wir froren in der Nacht, doch diese Kälte war nur äußerlich. Wir hielten uns eng umschlungen, eingekuschelt in meiner Decke. Wir lagen in unserer geheimen Höhle, zum Spielen war sie wunderschön, doch zum Schlafen war sie nicht gemacht, kein Ort für Kinder in der Nacht.
Sie fanden uns schlafend, unsere Eltern hatten sich Sorgen gemacht und die Polizei gerufen, die uns völlig durchgefroren und erschöpft nach Hause brachte. Eine Woche später, als ich aus dem Kindergarten kam, war Elena nicht mehr da. Sie war ausgezogen, aus meinem Leben gerissen, ohne sich von mir verabschieden zu dürfen. Meine Beine waren wie Pudding und als ich ihren Lieblingshasen vor meiner Haustür sitzen sah, war es zu viel für mich. Meine Mutter fand mich weinend mit dem Hasen im Arm, der so sehr nach Elena roch.
Ich versuche, ihren Duft einzufangen. Sie sitzt jetzt wieder so nah bei mir und doch so fern. Ich kämpfe mit mir …kann ich nach all den Jahren einfach zu ihr gehen und sagen: *Hallo, hier bin ich.* oder *Hallo, kennst du mich noch?* Ich beobachte jede ihrer Bewegung, jedes Haar auf ihrem Kopf wird von mir eingefangen mit den Augen und plötzlich meine ich, Elena zu riechen. Es kam in meinem Leben immer wieder vor, dass ich meinte, ihren Duft wahrzunehmen. Dann kamen Erinnerungen an vergangene Zeiten hoch, Erinnerungen an ihren Kuschelhasen, der noch immer in meinem Besitz ist. Er durfte nie gewaschen werden, doch der Elena-Geruch verlor sich trotzdem mit der Zeit.
Elena sieht nicht glücklich aus, eher nachdenklich nippt sie an ihrem Kaffee und tippt irgendetwas auf ihrem Handy ein. Flink bewegen sich ihre zarten Finger über die kleine Tastatur. Ob sie meine Blicke spürt? Ich bin entschlossen, ihr Zeit zu geben, Zeit mich zu entdecken. So viele Jahre haben wir uns nicht gesehen, da machen ein paar Minuten nichts mehr aus. Elena hebt ihren Kopf und schaut sich um, nicht suchend, eher neugierig. Kurz bevor ihr Blick mich erreicht, senken sich ihre Augen wieder auf das Display ihres Handys. Mein Herz rast beim Gedanken, dass sie mich sehen könnte, ich fühle mich wie ein kleiner Junge ...Elenas kleiner Freund.
Bedenken durchfluten mich. Was ist, wenn sie mich nicht mehr mag? Das Leben verändert einen, mal zum Guten, mal zum Schlechten. Was ist, wenn sie ...nein, nicht Elena! Elena war immer ein Mensch mit Herz und einer warmen Seele, voller Fantasie und einem Lachen, das mich immer mitlachen ließ. Wie schön war es, mit ihr im See zu baden, den ganzen Sommer verbrachten wir zusammen und lachten viel. Einmal, als wir auf unserer Wiese lagen, um vorbeiziehende Wolken zu beobachten, wollte Elena *Vater und Mutter* spielen. Wir schlossen unsere Augen, spitzten unsere Lippen und küssten uns. Es war ein einfacher Kuss, von Kind zu Kind. Wir schauten uns fragend an und konnten uns nicht erklären, warum sich die Erwachsenen sich ständig küssen wollten. Wir lachten lieber zusammen oder kullerten den kleinen Hügel auf unserer Wiese runter, bis uns schwindelig wurde. Wir lagen uns in den Armen und kitzelten uns, bis wir erschöpft nebeneinander lagen.
Alles was früher war, sitzt ein paar Meter von mir auf einem Stuhl und tippt in ein Handy. Mir kommt der Gedanke, dass sie verheiratet sein könnte, eventuell Kinder hat. Der Gedanke macht mich nachdenklich und traurig, doch meine Gedanken verschwinden, als Elena ihren Kopf hebt. Sie fühlt sich wohl beobachtet und sucht den Grund für ihr Gefühl. Ihre Augen wandern von links nach rechts, von einem zum anderen, verweilen und wandern weiter. Sie guckt mir tief in die Augen. Mein Herz zerspringt. Ihre Augenbrauen verändern sich, sie ziehen sich zusammen, so als würde sie Informationen tief aus ihrem Gehirn abrufen. Würde sie in ihr Herz gucken, wüsste sie Bescheid. Sie hat mich wahrgenommen, sie weiß, dass sie den Menschen, der ihr so tief in die Augen schaut, von irgendwo her kennt. Ich sehe es genau, wie ihr Kopf auf Hochtouren arbeitet. Mein Herz rast …und rast noch mehr, als sich ihr Mund verzieht, ihre Augen sich mit Tränen füllen, sie werden rot wie meine. Wir weinen. Wir gucken uns an und fangen an zu weinen. Kein Laut ...nur Tränen.
In diesem Augenblick gibt es keine Umwelt, nur ein Raum, in dem Elena und ich uns befinden. Abgeschottet von allen äußeren Einflüssen bewegen wir uns aufeinander zu, bis wir uns so nah sind wie schon lange nicht mehr. Das Kind von früher war nicht mehr. Eine Frau, die mir fremd und doch so vertraut ist, steht mir gegenüber. Ein Mensch, der genauso auf der Suche war wie ich, eine Seele, die vor langer Zeit gespalten wurde und kurz davor ist, wieder komplett zu werden. Ich fange ihre Tränen mit einem Finger auf, Tränen der Freude, aber auch schmerzliche Tränen, denn ich konnte ihr als Kind nicht *bis bald* sagen. Worte kommen mir nicht über die Lippen, ich bin zu voll mit Gefühlen. Meine Hand wandert über ihre Wange und nimmt eine Strähne ihres Haares mit. Mein kleiner Finger berührt ihr Ohr, Elena legt ihr Gesicht in meine Handfläche und bricht mir das Herz mit ihrem Blick, der so unendlich warm ist, voller Liebe und Vertrauen.
Elena umfasst meine Hüften, zieht mich dichter an sich und legt ihren Kopf auf meine Brust. Ihr Duft, Elenas Duft ...er ist wieder da, so als wäre er nie fort gewesen. Sie ist wieder da, es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass ich sie zuletzt im Arm hatte. Meine Hände halten sie fest. Nie wieder werde ich sie loslassen, nie wieder werde ich diese Position verlassen, immer und ewig werden wir in diesem Raum stehen bleiben, der nur für uns gemacht ist von uns selbst. Menschen drängen sich an uns vorbei, die Kellnerin ...doch unser Raum bleibt unberührt. Niemand wird die Kinder von damals mehr trennen können. Wir spüren, dass selbst der Tod nicht die Macht besitzt, sich zwischen uns zu drängen. Unsere Tränen trocknen von alleine, sie verdampfen auf unserer Haut. Elena fühlt sich so gut an in meinem Arm. Sie zu halten, ihre warmen Hände auf mir zu spüren, ist alles was ich brauche, nichts auf der Welt würde ich für diesen Augenblick eintauschen. Es ist so vertraut, so als wären wir nie getrennt gewesen ...ich bin endlich zu Hause.
Die Leute um uns sind genervt, keiner kommt an uns vorbei, die Kellnerin meckert. Wir bewegen uns, Elena schaut mich an, lächelnd. Wir fangen an zu tanzen, nicht nach der Kaufhausmusik sondern nach einem inneren Lied, das uns berührt. Unsere Blicke prallen aufeinander, Elenas Augen strahlen. Sie haben diesen bestimmten Glanz, den Menschen bekommen, wenn sie von innen heraus anfangen zu leuchten. Ich kann meine Augen in ihren leuchten sehen. Wange an Wange bewegen wir uns nun, wie zwei Schwäne, die sich ihre Liebe gestehen und ihre Hälse umeinander legen. Wie kann man diesen einen Moment beschreiben? Es ist, als schwebten wir durch Raum und Zeit, losgelöst von allem Weltlichen. Die Wärme, die uns umgibt, ist voller Liebe, die Sehnsucht in uns aufgelöst. Mein Brustkorb fühlt sich frei an, kein Stein liegt mehr schwer auf meiner Seele, alles ist so leicht und unbeschwert. Die Welt um uns herum wird bunter, selbst Schwarz wird farbenfroh wie eine Blumenwiese. Der Boden, auf dem wir uns befinden, scheint nachzugeben. Wir fliegen wie Daunen durch einen Regenbogen.
Elena bewegt ihre Lippen, sie sagt lautlos: *Komm!* Wir bezahlen und gehen durch das volle Kaufhaus, in dem es nur ein *wir* gibt. Ihre warme Hand liegt in meiner, behütet wie ein kleiner Vogel im Nest der Eltern. Jedes Schaufenster, jeden Spiegel nutzen wir um uns zu sehen. Wir begreifen noch nicht, dass wir uns wieder haben. Wir sind Mann und Frau geworden. In meinen Augen ist Elena die schönste Frau der Welt. Jeder, der uns entgegen kommt, wundert sich darüber, wie fröhlich wir aussehen, denn niemand sieht zufrieden und glücklich aus, wenn er einkaufen muss. Wir sind zufrieden und glücklich, denn wir haben hier etwas gefunden, das man mit Geld nicht kaufen kann ...uns. Wir reden kein Wort, immer wenn wir uns ansehen, verschlägt es uns die Sprache. Ich weiß nichts über Elena und sie nichts über mich, doch dieses Nichts, werden wir irgendwann aufholen, denn jetzt gibt es keine Zeit zwischen uns, keine vergangenen Jahre.
Wir fahren mit meinem Auto durch die Stadt. Den ganzen Tag ist es grau gewesen, doch jetzt scheint die Sonne. Wir fahren ohne Worte, Elena liegt in meinem Arm und ich bin nicht nur froh darüber, Automatik zu fahren, sie an meiner Seite zu spüren, ist ein gelebter Traum. Ohne Ziel erreichen wir unser Ziel, ich habe den Wagen zur Wiese gelenkt, auf dem zwei Kinder vor vielen Jahren zusammen im Gras lagen, um sich die Welt anzuschauen. Wir steigen aus, ziehen unsere Schuhe und Strümpfe aus und laufen Hand in Hand durch das feuchte Gras bis zu der Stelle, wo wir *Vater und Mutter* gespielt hatten. Der Kuss damals war ein kindlicher gewesen, der Kuss, den wir uns jetzt auf die Lippen legen, ist anders, zart und sanft zuerst, prüfend ob alles, was wir gerade erleben, auch die Wirklichkeit ist. Elenas Lippen sind weich und warm, zärtlich saugt sie an meiner Unterlippe und als sich unsere Zungen treffen, ist es um uns geschehen. Elenas Atem mischt sich mit Erregung, mein Atem ist voller Wärme. Nur kurz können wir uns küssen, denn wir sind zu atemlos, immer wieder müssen wir unser Zungenspiel unterbrechen, Luft holen, uns ansehen. Wir reiben uns fast die Handinnenflächen wund an uns, alles muss berührt und gestreichelt werden. Wir untersuchen uns und verstehen jetzt, was es heißt *Vater und Mutter* zu spielen.
Erwachsen sind wir geworden und versinken eng umschlungen im feuchten Gras. Die Feuchtigkeit stört uns nicht, genauso wenig wie unsere Atemlosigkeit. Wir knutschen wie Teenager herum, die kurz davor sind ihren ersten Sex zu erleben. Wir albern herum, lachen miteinander und schieben immer wieder unsere Zungen zusammen, ziehen und zerren an unseren Sachen, bis wir erschöpft und nackt aufeinander liegen. Klitschnass sind wir durch das feuchte Gras aber auch durch unseren Schweiß, der nur so aus unserer Haut läuft. Immer wieder richten wir uns auf, um uns anzusehen, aber nur um danach noch atemloser übereinander herzufallen. Wir sind wirklich ungeschickt. Hätte uns jemand beobachtet, würde derjenige denken, dass zwei Idioten versuchen sich aufzufressen. Immer wieder lachen wir, beißen uns und lecken über unsere Körper, ohne auch nur in die Nähe unserer Erregung zu kommen. Wir trauen uns noch nicht, uns intim zu berühren, wobei unsere Augen schon weiter sind, mit den Augen gleiten wir über unsere Geschlechtsteile. Elena hat es einfacher, denn meine Erregung steht aufrecht und wippt bei jeder Bewegung, berührt sie, wenn wir toben. Elenas Schoß verströmt einen magischen Duft. Wenn ich meinen Schenkel zwischen ihre Beine lege oder ihre Innenschenkel berühre, fühle ich ihre Erregung, die meiner nicht nachsteht.
Sie sitzt da, ein paar Meter entfernt ...meine große Liebe. Bilder, bunte Bilder, aber auch solche in schwarz-weiß erscheinen vor meinem geistigen Auge. Trauer und Schmerz, Millionen nicht gelebter Gefühle dringen durch mich, Gänsehaut und Schweißausbruch vermischen sich, sie werden verwirbelt wie in einem Mixer. Ich rieche frisches Gras, das gemäht wurde, rieche Blumen auf einer Blumenwiese, sehe bunte Farben, Kinder, die in diesem bunten Meer spielen, ein Mädchen und ein Junge, Wolken, die so weiß sind. dass es weh tut, wenn man in sie schaut. Ich sehe Elena, meine Liebe, eine kindliche Liebe ...rein, ohne Wenn und Aber. Herzen, die nur das *du* kennen, kein *Mann* und *Frau*. Wir haben gelacht zusammen, geweint, Schmerzen geteilt und das Frühstück vom Kindergarten. Wir waren für uns da in der Not und kamen in Not, wenn wir getrennt waren. Kleine Höhlen, die wir aus Ästen bauten, wurden zu Palästen, ein kleiner See wurde zum Meer voller Seeräuber, wenn sie kamen, beschützte ich Elena. Jetzt sitzt sie fast vor mir, erwachsen, mit Augen, in denen ich alles klar und deutlich sehen kann, ich sehe sie, mich ...uns.
Früher war Elena blond mit Zöpfen, nun erkenne ich graue Strähnen, Falten um ihre Augen, ihre Ohren sind erwachsen geworden, ihr Mund ...ich erkenne ihre Lippen, wie oft habe ich sie beobachtet, wenn wir im Gras lagen und die Wolken beobachteten, wie oft habe ich sie mit einem Grashalm berührt. Diese wunderschönen Wolken, mit Elena wurde jede Wolke zum Gemälde oder zu einem Kuscheltier …mit ihr war ich lebendig. Tief verborgene Gefühle kommen hoch, feuchte Augen lassen die Frau vor mir verschwimmen. Ich habe dich einmal gehen lassen, Elena ...Es war einmal zu viel. Was konnte ich denn tun als Kind, als du ausziehen musstest? Ich war nicht stark genug gegen die Erwachsenen, sie haben dich aus meinem kurzen Leben gerissen ...gelächelt dabei und nicht verstanden, dass sie durch ihr Tun zwei Kinderherzen zerbrachen, zwei Seelen, die zu einer Seele verschmolzen waren, trennten. Du sitzt so nah, das Schicksal hat dich auf diesen Stuhl gesetzt ...ich schaue dich an mit feuchten Augen.
War es gestern, als du zu mir kamst in Tränen aufgelöst? Zäher gelber Schnotter kam dir aus der Nase und lief in deinen Mund. Du nahmst meine Hand und zogst mich barfuß nach draußen. Zusammen weinten wir. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, warum du weintest, nur eines wusste ich: Etwas Schlimmes musste passiert sein. Elena weinte nie ohne Grund, sie war keine Heulsuse. Einmal war sie von der Schaukel gefallen und hatte sich das Knie böse aufgeschlagen, sie blutete und sah meine entsetzten Augen. Sie versuchte mich zu beruhigen, weil ich fast verrückt wurde vor Sorge um sie. Alles durfte passieren, mein Fahrrad kaputt gehen oder Schnee fallen im Juli, aber eines durfte nie passieren: dass es meiner Freundin schlecht ging. Es dauerte eine Ewigkeit, bis du wieder sprechen konntest, immer wieder fingst du an zu weinen, bis es endlich aus dir herauskam: *Wir ziehen weg!!!*
Ich höre deinen kläglichen Schrei, die Verzweiflung in deiner Stimme ...jetzt, wo ich dich sehe, höre ich ihn wieder in mir, dein Schrei aus der Vergangenheit holt mich heute ein. Zuerst war ich geschockt, doch dann versuchte ich Elena zu trösten. So weit würden sie ja nicht wegziehen, ich würde jeden Tag mit dem Fahrrad zu ihr kommen, egal ob es regnete oder schneite, kein Weg würde mir zu weit sein, um meine Liebe zu sehen. Für Kinder ist ein fernes Land noch ferner, England war sehr weit weg, unerreichbar. Selbst für die größte Liebe bedeutete diese Entfernung den sicheren Tod. Wir beschlossen in der Nacht wegzulaufen, heimlich packten wir unsere Taschen, Teddybär und Salzstangen durften nicht fehlen. Ich schlachtete mein Sparschwein für die Liebe und verließ mein Zuhause. Elena wartete am Spielplatz auf mich, sie war weitsichtiger als ich und hatte Brote geschmiert, doch ich hatte eine Decke mit und mein Lieblingskissen. Zwei Kinder auf der Flucht, eine Seele auf der Suche nach einer gemeinsamen Zukunft. Wir froren in der Nacht, doch diese Kälte war nur äußerlich. Wir hielten uns eng umschlungen, eingekuschelt in meiner Decke. Wir lagen in unserer geheimen Höhle, zum Spielen war sie wunderschön, doch zum Schlafen war sie nicht gemacht, kein Ort für Kinder in der Nacht.
Sie fanden uns schlafend, unsere Eltern hatten sich Sorgen gemacht und die Polizei gerufen, die uns völlig durchgefroren und erschöpft nach Hause brachte. Eine Woche später, als ich aus dem Kindergarten kam, war Elena nicht mehr da. Sie war ausgezogen, aus meinem Leben gerissen, ohne sich von mir verabschieden zu dürfen. Meine Beine waren wie Pudding und als ich ihren Lieblingshasen vor meiner Haustür sitzen sah, war es zu viel für mich. Meine Mutter fand mich weinend mit dem Hasen im Arm, der so sehr nach Elena roch.
Ich versuche, ihren Duft einzufangen. Sie sitzt jetzt wieder so nah bei mir und doch so fern. Ich kämpfe mit mir …kann ich nach all den Jahren einfach zu ihr gehen und sagen: *Hallo, hier bin ich.* oder *Hallo, kennst du mich noch?* Ich beobachte jede ihrer Bewegung, jedes Haar auf ihrem Kopf wird von mir eingefangen mit den Augen und plötzlich meine ich, Elena zu riechen. Es kam in meinem Leben immer wieder vor, dass ich meinte, ihren Duft wahrzunehmen. Dann kamen Erinnerungen an vergangene Zeiten hoch, Erinnerungen an ihren Kuschelhasen, der noch immer in meinem Besitz ist. Er durfte nie gewaschen werden, doch der Elena-Geruch verlor sich trotzdem mit der Zeit.
Elena sieht nicht glücklich aus, eher nachdenklich nippt sie an ihrem Kaffee und tippt irgendetwas auf ihrem Handy ein. Flink bewegen sich ihre zarten Finger über die kleine Tastatur. Ob sie meine Blicke spürt? Ich bin entschlossen, ihr Zeit zu geben, Zeit mich zu entdecken. So viele Jahre haben wir uns nicht gesehen, da machen ein paar Minuten nichts mehr aus. Elena hebt ihren Kopf und schaut sich um, nicht suchend, eher neugierig. Kurz bevor ihr Blick mich erreicht, senken sich ihre Augen wieder auf das Display ihres Handys. Mein Herz rast beim Gedanken, dass sie mich sehen könnte, ich fühle mich wie ein kleiner Junge ...Elenas kleiner Freund.
Bedenken durchfluten mich. Was ist, wenn sie mich nicht mehr mag? Das Leben verändert einen, mal zum Guten, mal zum Schlechten. Was ist, wenn sie ...nein, nicht Elena! Elena war immer ein Mensch mit Herz und einer warmen Seele, voller Fantasie und einem Lachen, das mich immer mitlachen ließ. Wie schön war es, mit ihr im See zu baden, den ganzen Sommer verbrachten wir zusammen und lachten viel. Einmal, als wir auf unserer Wiese lagen, um vorbeiziehende Wolken zu beobachten, wollte Elena *Vater und Mutter* spielen. Wir schlossen unsere Augen, spitzten unsere Lippen und küssten uns. Es war ein einfacher Kuss, von Kind zu Kind. Wir schauten uns fragend an und konnten uns nicht erklären, warum sich die Erwachsenen sich ständig küssen wollten. Wir lachten lieber zusammen oder kullerten den kleinen Hügel auf unserer Wiese runter, bis uns schwindelig wurde. Wir lagen uns in den Armen und kitzelten uns, bis wir erschöpft nebeneinander lagen.
Alles was früher war, sitzt ein paar Meter von mir auf einem Stuhl und tippt in ein Handy. Mir kommt der Gedanke, dass sie verheiratet sein könnte, eventuell Kinder hat. Der Gedanke macht mich nachdenklich und traurig, doch meine Gedanken verschwinden, als Elena ihren Kopf hebt. Sie fühlt sich wohl beobachtet und sucht den Grund für ihr Gefühl. Ihre Augen wandern von links nach rechts, von einem zum anderen, verweilen und wandern weiter. Sie guckt mir tief in die Augen. Mein Herz zerspringt. Ihre Augenbrauen verändern sich, sie ziehen sich zusammen, so als würde sie Informationen tief aus ihrem Gehirn abrufen. Würde sie in ihr Herz gucken, wüsste sie Bescheid. Sie hat mich wahrgenommen, sie weiß, dass sie den Menschen, der ihr so tief in die Augen schaut, von irgendwo her kennt. Ich sehe es genau, wie ihr Kopf auf Hochtouren arbeitet. Mein Herz rast …und rast noch mehr, als sich ihr Mund verzieht, ihre Augen sich mit Tränen füllen, sie werden rot wie meine. Wir weinen. Wir gucken uns an und fangen an zu weinen. Kein Laut ...nur Tränen.
In diesem Augenblick gibt es keine Umwelt, nur ein Raum, in dem Elena und ich uns befinden. Abgeschottet von allen äußeren Einflüssen bewegen wir uns aufeinander zu, bis wir uns so nah sind wie schon lange nicht mehr. Das Kind von früher war nicht mehr. Eine Frau, die mir fremd und doch so vertraut ist, steht mir gegenüber. Ein Mensch, der genauso auf der Suche war wie ich, eine Seele, die vor langer Zeit gespalten wurde und kurz davor ist, wieder komplett zu werden. Ich fange ihre Tränen mit einem Finger auf, Tränen der Freude, aber auch schmerzliche Tränen, denn ich konnte ihr als Kind nicht *bis bald* sagen. Worte kommen mir nicht über die Lippen, ich bin zu voll mit Gefühlen. Meine Hand wandert über ihre Wange und nimmt eine Strähne ihres Haares mit. Mein kleiner Finger berührt ihr Ohr, Elena legt ihr Gesicht in meine Handfläche und bricht mir das Herz mit ihrem Blick, der so unendlich warm ist, voller Liebe und Vertrauen.
Elena umfasst meine Hüften, zieht mich dichter an sich und legt ihren Kopf auf meine Brust. Ihr Duft, Elenas Duft ...er ist wieder da, so als wäre er nie fort gewesen. Sie ist wieder da, es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass ich sie zuletzt im Arm hatte. Meine Hände halten sie fest. Nie wieder werde ich sie loslassen, nie wieder werde ich diese Position verlassen, immer und ewig werden wir in diesem Raum stehen bleiben, der nur für uns gemacht ist von uns selbst. Menschen drängen sich an uns vorbei, die Kellnerin ...doch unser Raum bleibt unberührt. Niemand wird die Kinder von damals mehr trennen können. Wir spüren, dass selbst der Tod nicht die Macht besitzt, sich zwischen uns zu drängen. Unsere Tränen trocknen von alleine, sie verdampfen auf unserer Haut. Elena fühlt sich so gut an in meinem Arm. Sie zu halten, ihre warmen Hände auf mir zu spüren, ist alles was ich brauche, nichts auf der Welt würde ich für diesen Augenblick eintauschen. Es ist so vertraut, so als wären wir nie getrennt gewesen ...ich bin endlich zu Hause.
Die Leute um uns sind genervt, keiner kommt an uns vorbei, die Kellnerin meckert. Wir bewegen uns, Elena schaut mich an, lächelnd. Wir fangen an zu tanzen, nicht nach der Kaufhausmusik sondern nach einem inneren Lied, das uns berührt. Unsere Blicke prallen aufeinander, Elenas Augen strahlen. Sie haben diesen bestimmten Glanz, den Menschen bekommen, wenn sie von innen heraus anfangen zu leuchten. Ich kann meine Augen in ihren leuchten sehen. Wange an Wange bewegen wir uns nun, wie zwei Schwäne, die sich ihre Liebe gestehen und ihre Hälse umeinander legen. Wie kann man diesen einen Moment beschreiben? Es ist, als schwebten wir durch Raum und Zeit, losgelöst von allem Weltlichen. Die Wärme, die uns umgibt, ist voller Liebe, die Sehnsucht in uns aufgelöst. Mein Brustkorb fühlt sich frei an, kein Stein liegt mehr schwer auf meiner Seele, alles ist so leicht und unbeschwert. Die Welt um uns herum wird bunter, selbst Schwarz wird farbenfroh wie eine Blumenwiese. Der Boden, auf dem wir uns befinden, scheint nachzugeben. Wir fliegen wie Daunen durch einen Regenbogen.
Elena bewegt ihre Lippen, sie sagt lautlos: *Komm!* Wir bezahlen und gehen durch das volle Kaufhaus, in dem es nur ein *wir* gibt. Ihre warme Hand liegt in meiner, behütet wie ein kleiner Vogel im Nest der Eltern. Jedes Schaufenster, jeden Spiegel nutzen wir um uns zu sehen. Wir begreifen noch nicht, dass wir uns wieder haben. Wir sind Mann und Frau geworden. In meinen Augen ist Elena die schönste Frau der Welt. Jeder, der uns entgegen kommt, wundert sich darüber, wie fröhlich wir aussehen, denn niemand sieht zufrieden und glücklich aus, wenn er einkaufen muss. Wir sind zufrieden und glücklich, denn wir haben hier etwas gefunden, das man mit Geld nicht kaufen kann ...uns. Wir reden kein Wort, immer wenn wir uns ansehen, verschlägt es uns die Sprache. Ich weiß nichts über Elena und sie nichts über mich, doch dieses Nichts, werden wir irgendwann aufholen, denn jetzt gibt es keine Zeit zwischen uns, keine vergangenen Jahre.
Wir fahren mit meinem Auto durch die Stadt. Den ganzen Tag ist es grau gewesen, doch jetzt scheint die Sonne. Wir fahren ohne Worte, Elena liegt in meinem Arm und ich bin nicht nur froh darüber, Automatik zu fahren, sie an meiner Seite zu spüren, ist ein gelebter Traum. Ohne Ziel erreichen wir unser Ziel, ich habe den Wagen zur Wiese gelenkt, auf dem zwei Kinder vor vielen Jahren zusammen im Gras lagen, um sich die Welt anzuschauen. Wir steigen aus, ziehen unsere Schuhe und Strümpfe aus und laufen Hand in Hand durch das feuchte Gras bis zu der Stelle, wo wir *Vater und Mutter* gespielt hatten. Der Kuss damals war ein kindlicher gewesen, der Kuss, den wir uns jetzt auf die Lippen legen, ist anders, zart und sanft zuerst, prüfend ob alles, was wir gerade erleben, auch die Wirklichkeit ist. Elenas Lippen sind weich und warm, zärtlich saugt sie an meiner Unterlippe und als sich unsere Zungen treffen, ist es um uns geschehen. Elenas Atem mischt sich mit Erregung, mein Atem ist voller Wärme. Nur kurz können wir uns küssen, denn wir sind zu atemlos, immer wieder müssen wir unser Zungenspiel unterbrechen, Luft holen, uns ansehen. Wir reiben uns fast die Handinnenflächen wund an uns, alles muss berührt und gestreichelt werden. Wir untersuchen uns und verstehen jetzt, was es heißt *Vater und Mutter* zu spielen.
Erwachsen sind wir geworden und versinken eng umschlungen im feuchten Gras. Die Feuchtigkeit stört uns nicht, genauso wenig wie unsere Atemlosigkeit. Wir knutschen wie Teenager herum, die kurz davor sind ihren ersten Sex zu erleben. Wir albern herum, lachen miteinander und schieben immer wieder unsere Zungen zusammen, ziehen und zerren an unseren Sachen, bis wir erschöpft und nackt aufeinander liegen. Klitschnass sind wir durch das feuchte Gras aber auch durch unseren Schweiß, der nur so aus unserer Haut läuft. Immer wieder richten wir uns auf, um uns anzusehen, aber nur um danach noch atemloser übereinander herzufallen. Wir sind wirklich ungeschickt. Hätte uns jemand beobachtet, würde derjenige denken, dass zwei Idioten versuchen sich aufzufressen. Immer wieder lachen wir, beißen uns und lecken über unsere Körper, ohne auch nur in die Nähe unserer Erregung zu kommen. Wir trauen uns noch nicht, uns intim zu berühren, wobei unsere Augen schon weiter sind, mit den Augen gleiten wir über unsere Geschlechtsteile. Elena hat es einfacher, denn meine Erregung steht aufrecht und wippt bei jeder Bewegung, berührt sie, wenn wir toben. Elenas Schoß verströmt einen magischen Duft. Wenn ich meinen Schenkel zwischen ihre Beine lege oder ihre Innenschenkel berühre, fühle ich ihre Erregung, die meiner nicht nachsteht.