Tron
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Jasmina geht schwanger auf den Strich. So wie Adriana B., die ihr Kind aus dem Fenster warf.
Die Stiletto-Stiefel mit den 15 Zentimeter hohen Metall-Absätzen bohren sich in den Schnee. Die Hure mit den langen, gelockten schwarzen Haaren wölbt ihr Bäuchlein in die Scheinwerfer der Autos im Kurfürsten-Kiez. Es ist bitterkalt, minus 9 Grad.
Unter Jasminas (23, Name geändert) Herz wächst ein Baby. „Dritter Monat“, sagt Jasmina zuerst. Doch sie zögert, dann sagt sie: „Nein, achter Monat“. Wirklich? Ihr Baby-Bauch wirkt kleiner, eher wie im fünften oder sechsten Monat. Doch was hat eine werdende Mutter hier, auf dem schmutzigsten Strich der Hauptstadt, überhaupt zu suchen?
Die schwangere Prostituierte bietet sich ihren Freiern an der Bülowstraße an. Wie ihre Landsmännin Adriana B. (20), die am zweiten Weihnachtstag ihr Baby nach der Geburt einfach aus dem Fenster warf (B.Z. berichtete: Wie kroch die Kälte in Adrianas Herz? ).
An der Bülowstraße stehen die Frauen aus Bulgarien, Ungarn und Rumänien. „Schatzi“ nennt Jasmina ihre Kunden. Das wollen die hören, glaubt sie. Jasmina trägt weiße Daunenweste und dicken Schal, darunter drei warme Pullover. Das macht den Bauch noch ein bisschen größer – und ist deshalb besser fürs Geschäft.
„Schatzi zahlen mehr, wenn du bist schwanger“, sagt Jasmina in gebrochenem Deutsch und lacht.
Jasmina lacht viel. Lachen kostet nichts. Und es hält den Ekel in Schach. Der verhökerte Sex ist weniger dreckig, wenn man lacht, und das Leben rund 2000 Kilometer weit weg von zu Hause nicht mehr ganz so schwarz.
Vor drei Jahren kam Jasmina aus dem rumänischen Bukarest nach Berlin. Die Armut trieb sie in die fremde Stadt. Ihren damals zweijährigen Sohn ließ sie in der Heimat bei ihrer Familie zurück. Für ihn geht sie in Berlin auf den Strich.
In Bukarest, der Metropole des zweitärmsten EU-Landes, liegt der Durchschnittslohn bei 150 Euro – im Monat. Zum Sterben, sagen die Rumänen, sind die Geldtaschen gerade noch voll genug.
Die Bülowstraße ist im Kiez Billigsex-Land. 10 Euro für Französisch, 20 Euro für alles. Aber wer hier anschafft, hat immer noch mehr als in Bukarest.
Die Rumänin Adriana B. (20), die ihre Schwangerschaft verdrängte, wollte ihr Baby nicht. Es war gesund, als sie es aus dem ersten Stock in einen Hinterhof warf. Jetzt sitzt sie im Frauen-Knast in Lichtenberg. Der Tatvorwurf: Totschlag.
Jasminas Baby war nicht geplant, sagt sie, der Vater sei ihr ehemaliger Verlobter. Die beiden haben schon einen fünfjährigen Sohn. Einen Monat geht Jasmina in Berlin anschaffen, den nächsten versucht sie zu Hause bei ihrem Kind in Bukarest zu verbringen. „Sohn wartet, ich mich kümmern“, sagt Jasmina, die Teilzeit-Mutter-Hure.
Das Baby vom Straßenstrich soll in Berlin auf die Welt kommen. „Was soll ich machen? “, fragt Jasmina und lacht die eisige Nacht an.
Berliner Zeitung, 02.01.2011
Die Stiletto-Stiefel mit den 15 Zentimeter hohen Metall-Absätzen bohren sich in den Schnee. Die Hure mit den langen, gelockten schwarzen Haaren wölbt ihr Bäuchlein in die Scheinwerfer der Autos im Kurfürsten-Kiez. Es ist bitterkalt, minus 9 Grad.
Unter Jasminas (23, Name geändert) Herz wächst ein Baby. „Dritter Monat“, sagt Jasmina zuerst. Doch sie zögert, dann sagt sie: „Nein, achter Monat“. Wirklich? Ihr Baby-Bauch wirkt kleiner, eher wie im fünften oder sechsten Monat. Doch was hat eine werdende Mutter hier, auf dem schmutzigsten Strich der Hauptstadt, überhaupt zu suchen?
Die schwangere Prostituierte bietet sich ihren Freiern an der Bülowstraße an. Wie ihre Landsmännin Adriana B. (20), die am zweiten Weihnachtstag ihr Baby nach der Geburt einfach aus dem Fenster warf (B.Z. berichtete: Wie kroch die Kälte in Adrianas Herz? ).
An der Bülowstraße stehen die Frauen aus Bulgarien, Ungarn und Rumänien. „Schatzi“ nennt Jasmina ihre Kunden. Das wollen die hören, glaubt sie. Jasmina trägt weiße Daunenweste und dicken Schal, darunter drei warme Pullover. Das macht den Bauch noch ein bisschen größer – und ist deshalb besser fürs Geschäft.
„Schatzi zahlen mehr, wenn du bist schwanger“, sagt Jasmina in gebrochenem Deutsch und lacht.
Jasmina lacht viel. Lachen kostet nichts. Und es hält den Ekel in Schach. Der verhökerte Sex ist weniger dreckig, wenn man lacht, und das Leben rund 2000 Kilometer weit weg von zu Hause nicht mehr ganz so schwarz.
Vor drei Jahren kam Jasmina aus dem rumänischen Bukarest nach Berlin. Die Armut trieb sie in die fremde Stadt. Ihren damals zweijährigen Sohn ließ sie in der Heimat bei ihrer Familie zurück. Für ihn geht sie in Berlin auf den Strich.
In Bukarest, der Metropole des zweitärmsten EU-Landes, liegt der Durchschnittslohn bei 150 Euro – im Monat. Zum Sterben, sagen die Rumänen, sind die Geldtaschen gerade noch voll genug.
Die Bülowstraße ist im Kiez Billigsex-Land. 10 Euro für Französisch, 20 Euro für alles. Aber wer hier anschafft, hat immer noch mehr als in Bukarest.
Die Rumänin Adriana B. (20), die ihre Schwangerschaft verdrängte, wollte ihr Baby nicht. Es war gesund, als sie es aus dem ersten Stock in einen Hinterhof warf. Jetzt sitzt sie im Frauen-Knast in Lichtenberg. Der Tatvorwurf: Totschlag.
Jasminas Baby war nicht geplant, sagt sie, der Vater sei ihr ehemaliger Verlobter. Die beiden haben schon einen fünfjährigen Sohn. Einen Monat geht Jasmina in Berlin anschaffen, den nächsten versucht sie zu Hause bei ihrem Kind in Bukarest zu verbringen. „Sohn wartet, ich mich kümmern“, sagt Jasmina, die Teilzeit-Mutter-Hure.
Das Baby vom Straßenstrich soll in Berlin auf die Welt kommen. „Was soll ich machen? “, fragt Jasmina und lacht die eisige Nacht an.
Berliner Zeitung, 02.01.2011
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