Bordellstraße in Bremen
Der Bauunternehmer Carl Philip Weiland errichtete die Gebäude an der heutigen, ursprünglich von ihm als Stichstraße zwischen den Straßen Steintor und Auf der Kuhlen geplanten, Helenenstraße. Da die Witwe Helene Engelken ihm den Verkauf ihres Grundstückes verweigerte, konnte die Straße nur als von der Straße Vor dem Steintor abgehende Sackgasse ausgeführt werden. Es handelt sich um die einzige echte Sackgasse im sogenannten Viertel Bremens. Der Bauunternehmer benannte daher die von ihm nicht wie gewünscht als Stichstraße ausgeführte Straße nach dem Vornamen der Witwe. Bebaut wurde die Helenenstraße wie damals in Bremen üblich mit Altbremer Häusern im Stile der Gründerzeit.
Kurz nach der Errichtung wurde die Straße durch einen Erlass des Senats Bremens 1878 als Bordellstraße ausgewiesen. Die Prostitution sollte in der Hansestadt in Form einer „controllierten und reglementierten Prostitution“ stattfinden. Die Prostituierten wurden registriert und am Eingang der Straße eine Polizeiwache eingerichtet, um Zuhälterei zu vermeiden. Zweck der Einrichtung war es vor allem die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten in Bremen zu unterbinden. Daher wurde auch streng auf die Benutzung von Kondomen und eine ärztliche Überwachung Wert gelegt. Die Gebäude waren mit Toiletten ausgestattet, es bestand eine Badestube. Den „Controlldirnen“ war es durch Polizeiverordnung untersagt, außerhalb der Straße Männer anzusprechen oder sonst wie anzulocken, sie durften keine Theater oder Museen besuchen, keine Hunde oder Katzen halten und nicht einmal die Parkanlagen am Wallgraben oder den Bürgerpark betreten. Trotz der starken Reglementierungen kam es zu Protesten gegen die Einrichtung der Helenenstraße; so wurde bereits 1879 eine Petition gegen diese Einrichtung mit 2.200 Unterschriften eingereicht, die jedoch zu keiner Änderung führte.
Die Helenenstraße war die erste kontrollierte Bordell-Zone im damaligen Deutschen Reich. Der Senat und die Staatsräte Bremens waren stolz auf diese einmalige Einrichtung. Seitens des Senates wurde daher sogar ein Holzmodell der Helenenstraße gefertigt und auf internationalen Gesundheitsmessen vorgestellt.
1926 wurde die Prostitution in der Straße auf Druck der Bremer Frauenbewegung, kommunistischer und sozialdemokratischer Abgeordneter durch die Bremer Bürgerschaft per Gesetz untersagt. Die Helenenstraße wurde in Frankenstraße umbenannt. Da viele der Prostituierten in der Helenenstraße mittlerweile Eigentümerinnen der Häuser geworden waren, wurde die Prostitution nun allerdings illegal in der Helenenstraße weitergeführt. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde die Prostitution in der Helenenstraße dann 1934 wieder erlaubt und 1936 die Straße wieder in Helenenstraße umbenannt. Während des Zweiten Weltkrieges kam es auch in dieser Straße zu erheblichen Bombenschäden durch britische Luftangriffe. Im Unterschied zum übrigen Stadtgebiet sind die Schäden auch heute noch nicht vollständig beseitigt.
Arbeiteten zur Hochzeit der Helenenstraße etwa hundert Frauen in der Straße, sind es heute nur noch etwa die Hälfte. Die Konkurrenz durch osteuropäische Zwangsprostituierte, anderweitige Straßenprostitution, insbesondere der Drogenprostitutionund durch Wohnungsprostitution hat das Geschäftsvolumen in dieser Straße erheblich vermindert. Teilweise stehen Räumlichkeiten leer, was bereits zur Vermietung an Privatpersonen geführt und den Wert der Häuser an der Helenenstraße erheblich gemindert hat.
Trotz der seit Beginn des 21. Jahrhunderts erheblich verminderten Umsätze in der Helenenstraße lehnt der Beirat der Östlichen Vorstadt eine Umwandlung des Rotlichtviertels ab. Auch ein Abbau der Sichtschutzwände am Eingang zur Straße wäre aus Sicht des Beirates nicht sinnvoll. Die Prostitution würde sich dann zum Straßenstrich und in Privatwohnungen verlagern. Dies würde die polizeiliche Überwachung erschweren und Menschenhandel und Zuhälterei fördern.