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Mit dem Zug von Nongkhai nach Bangkok - Teil 3
Mittwoch, 27.10.2004 / Otto
Entsorgt werden die Abfälle natürlich aus dem offenen Fenster und in den Jahren haben sich die Knochenreste neben den Gleisen angehäuft.
Die Natur ist für viele Thais ein willkommener, bequemer Mülleimer. Da es aber das Land der Thais ist, ich also nur Gast bin, stört mich das Ganze nicht und ich helfe fleißig beim Entsorgen mit. Ein Mann verkauft den "wohlriechenden" Stinkefisch, auch "Baa Laa" im Isaan genannt, den er fächerartig in beiden Händen hält. Eine miefende Wolke geht ihm voraus und vernebelt die Sinne. Wer jetzt "Nasopax" hat, ist im Vorteil.
Ich spüre eine menschliche Regung und statte der Zugtoilette einen Besuch ab. Ein stinkendes Loch im Boden, zwei Fuß-Stapfen, einen langen Holzhebel zum Wasserpumpen an der Wand und ein winziges Wasserbecken finde ich in dem kleinen Raum vor. Gut Zielen ist hier oberstes Gebot, aber es scheint, als hätte mein(e) Vormann-/frau kein Zielwasser getrunken. Augen zu und durch! Aus dem Wasserhahn kommt ein starker Strahl, ich bin vollkommen nass und es sieht aus, als hätte ich mich eingepinkelt. Na ja, bei dieser Hitze trocknet es zum Glück schnell wieder.
Wer von euch im Zug die Toiletten benutzen will, der sollte über E-Mail von mir einige Tipps abrufen, sonst könnte es passieren, dass das Geschäft direkt in die Hose wandert und sich dort festsetzt. Nach verrichtetem Geschäft ist es manchmal noch schwierig, die Türverriegelung von innen zu öffnen. Also, alle Kraft sammeln und mit der Schulter die Tür öffnen, vielleicht springt der Eisenhaken zur Seite.
Einige Reisende sitzen in den offenen Türen und lassen die Beine aus dem Zug baumeln. Vorsicht vor Steinschlag! Auch Alkoholgenuss ist jetzt gefährlich und es sind schon einige betrunkene Thais und Farangs aus dem Zug gefallen, vermutlich haben sie die Türen verwechselt. In Vietnam kann so etwas nicht passieren, da werden die Türen vor der Fahrt mit einem dicken Schloss verschlossen, bevor sich der Schaffner auf ein Nickerchen verdrückt. Sollte jetzt mal ein Feuer ausbrechen, na dann prost Mahlzeit, denn die Fenster sind auch vergittert.
Aber zurück zu den offenen Thai Zügen. Während des Wasserfestes, wo alle Züge fast zwei Wochen vollkommen überfüllt sind, sitzen viele Thais auf dem Zugdach und es kommt immer wieder zu Todesfolgen, wenn einigen unvorsichtigen Thais die Köpfe an Brücken abgetrennt werden. Dann noch eine Schar von Farmern mit Gemüse, Obst und anderen netten Kriechtieren und Insekten, die aber leider schon geröstet wurden. Erdnüsse, Mangos, Ananasstücke, Melonen- und Papayajascheiben, Weintrauben, Klebereis, Gebäck, Eier von verschiedenen Tieren in verschiedenen Größen und Zuständen. Besonders "lecker" sind die Eier mit halb ausgebrütetem Inhalt – guten Appetit! Meistens sind die Verkäufer arme Bauern, die sich auf der Fahrt etwas dazu verdienen oder die Fahrkarte herausholen wollen. An jeder Station gibt es fliegenden Wechsel und das Spiel beginnt erneut.
Gegen Mittag fahren wir an dem Gegenzug, der aus Bangkok kommt, vorbei und eine Stunde später schießt ein Express-Dieselcar an uns vorbei.
Die Schaffner verziehen sich in das Office-Car und ein Saufgelage kann beginnen. Habe auch schon oft dort verbracht, weil ich einige Schaffner kannte, besonders im Nachtzug, wo man auch gut auf einer Pritsche schlafen konnte. Fahrkartenersatz war damals eine Flasche Whisky. Ab und zu brachte dann der Schaffner eine hübsche Schwarzfahrerin herein die, im Office-Car den Fahrpreis "abarbeiten "musste.
Links sehe ich schon lange die Seile einer Telefonleitung, einer Leitung, die vermutlich bis Bangkok unser ständiger Begleiter sein wird. Ein Zugkellner bringt auf einem Tablett Styroporschalen mit Kau Patt, Nudelgerichten und Reis mit Chili vorbei. Früher waren die Schalen offen und Ruß und Dreck waren kostenlose Beilagen dieser Gerichte. Nachdem die "Magen-Darm-Krankheiten" etwas zu hoch waren, wurde von oben angeordnet, dass alle Schalen mit einem Plastiküberzug versehen sein müssen. Das Herstellungsdatum steht leider nicht dabei.
Wir befinden uns gerade im Gebirge und 300 Meter hohe Berge, Wald und Gestrüpp umgeben uns. Plötzlich wird es dunkel und der einzige Tunnel auf der Strecke lässt für eine Minute das Abteil in völliger Finsternis versinken, eine Chance für jeden Liebeskasper, seiner Angebeteten einen schnellen Kuss zu verpassen, ohne die Etikette zu verletzen. Auch Taschendiebe kennen diesen Tunnel und nutzen ihre Chance. Es wird auch Zeit, der Kaffeemann kommt vorbei und ich trinke einen Pappbecher Nescafé mit Milchcreme für 10 Baht. Eiswürfel gibt es auch zum Kaffee, aber ich ziehe die warme Brühe vor. Nur der Eisverkäuferin mit halb geschmolzenem Eis in allen Regenbogenfarben schenke ich keine Beachtung.
In Bur Yai gibt es "Näm Bur Yai" eine vietnamesische Spezialität mit geräuchertem Fleisch und Gemüse. Gegrillte Maiskolben werden am Bahnsteig in Jaturath verkauft und in Lamlalai sind gerade die Bananen geerntet worden, die geröstet angeboten werden. Auch eine kaktusartige Frucht findet ihren Abnehmer. Es gibt fast nichts, was an Ess- und Trinkwaren nicht im Angebot ist. Nur wer auf Farang-Food steht, hat schlechte Karten.
Es ist so viel zu beobachten, dass die Zeit wie im Flug vergeht und schon fängt es an zu dämmern. Hinter Lamlalei, ca. 4 Stunden vor Bangkok, wurde ein neuer Schienenstrang gelegt und der Zug fährt ruhig, ohne das gewohnte Rattern durch ein Wasserschutzgebiet, vermutlich das Trinkwasserreservat für die 12-Millionenstadt Bangkok. Einige Fischerboote, sonst nur die endlose Weite des Binnensees. Im Hintergrund Berge und grüne Wälder. In Chungtan Kaeng Khoi wird die Strecke plötzlich zweigleisig. Ein Teil ist noch im Bau und überall stehen Kräne, Laster und Schienenteile herum. Saraburi, Ban Pha Chi In, wo eine Abzweigung nach Chiang Mai besteht, und Ayuttaya, die frühere Hauptstadt, ziehen an mir vorbei. Schon werden die Ausläufer von Bangkok sichtbar und im Dunkeln ist das Lichtermeer des Highway Nongkhai-Bangkok zu sehen. Am Don-Muang-Flughafen steigen einige Thais mit dicken Schalenkoffern aus, aber auch ein paar Farangs mit Rucksäcken verlassen den Zug. Nach 30 Minuten fährt der Zug am Königspalast bzw. am Bahnhof, der Seiner Majestät dem König von Thailand gehört, vorbei und genau 15 Minuten später rollt der Isaan-Express im Hauptbahnhof Hua Lumpong ein.
Wir haben 22 Uhr und nach einer elfstündigen Zugfahrt, bei 3 Stunden Verspätung, sind wir am Ziel. Müde, mit klebrigem Körper, von Juckreiz gepeinigt, mit schwarzem Gesicht und ebensolchem T-Shirt, aber zufrieden. Denn so eine Zugfahrt ist mit nichts zu vergleichen, weder mit einem guten James-Bond-Film, noch mit einem guten Farang Essen. Selbst eine schöne Frau würde ich dafür stehen lassen, bzw. versuchen, sie zu überreden, mitzufahren.
Weitere Ziele sind morgen eine Fahrt auf der Südthailand-Strecke nach Hat Yai bis Songai Golok, aber heute haue ich mich erst mal in die Federn und überlasse die Beschreibung dieser Strecke einem anderen Bahnfan.
Quelle und mit freundlicher Genehmigung von Elicsan&Friends, "Thailand
querbeet", ISBN 3-8334-0494-9, Preis 14,90 Euro, www.thailandbuch.de
ENDE
Mittwoch, 27.10.2004 / Otto
Entsorgt werden die Abfälle natürlich aus dem offenen Fenster und in den Jahren haben sich die Knochenreste neben den Gleisen angehäuft.
Die Natur ist für viele Thais ein willkommener, bequemer Mülleimer. Da es aber das Land der Thais ist, ich also nur Gast bin, stört mich das Ganze nicht und ich helfe fleißig beim Entsorgen mit. Ein Mann verkauft den "wohlriechenden" Stinkefisch, auch "Baa Laa" im Isaan genannt, den er fächerartig in beiden Händen hält. Eine miefende Wolke geht ihm voraus und vernebelt die Sinne. Wer jetzt "Nasopax" hat, ist im Vorteil.
Ich spüre eine menschliche Regung und statte der Zugtoilette einen Besuch ab. Ein stinkendes Loch im Boden, zwei Fuß-Stapfen, einen langen Holzhebel zum Wasserpumpen an der Wand und ein winziges Wasserbecken finde ich in dem kleinen Raum vor. Gut Zielen ist hier oberstes Gebot, aber es scheint, als hätte mein(e) Vormann-/frau kein Zielwasser getrunken. Augen zu und durch! Aus dem Wasserhahn kommt ein starker Strahl, ich bin vollkommen nass und es sieht aus, als hätte ich mich eingepinkelt. Na ja, bei dieser Hitze trocknet es zum Glück schnell wieder.
Wer von euch im Zug die Toiletten benutzen will, der sollte über E-Mail von mir einige Tipps abrufen, sonst könnte es passieren, dass das Geschäft direkt in die Hose wandert und sich dort festsetzt. Nach verrichtetem Geschäft ist es manchmal noch schwierig, die Türverriegelung von innen zu öffnen. Also, alle Kraft sammeln und mit der Schulter die Tür öffnen, vielleicht springt der Eisenhaken zur Seite.
Einige Reisende sitzen in den offenen Türen und lassen die Beine aus dem Zug baumeln. Vorsicht vor Steinschlag! Auch Alkoholgenuss ist jetzt gefährlich und es sind schon einige betrunkene Thais und Farangs aus dem Zug gefallen, vermutlich haben sie die Türen verwechselt. In Vietnam kann so etwas nicht passieren, da werden die Türen vor der Fahrt mit einem dicken Schloss verschlossen, bevor sich der Schaffner auf ein Nickerchen verdrückt. Sollte jetzt mal ein Feuer ausbrechen, na dann prost Mahlzeit, denn die Fenster sind auch vergittert.
Aber zurück zu den offenen Thai Zügen. Während des Wasserfestes, wo alle Züge fast zwei Wochen vollkommen überfüllt sind, sitzen viele Thais auf dem Zugdach und es kommt immer wieder zu Todesfolgen, wenn einigen unvorsichtigen Thais die Köpfe an Brücken abgetrennt werden. Dann noch eine Schar von Farmern mit Gemüse, Obst und anderen netten Kriechtieren und Insekten, die aber leider schon geröstet wurden. Erdnüsse, Mangos, Ananasstücke, Melonen- und Papayajascheiben, Weintrauben, Klebereis, Gebäck, Eier von verschiedenen Tieren in verschiedenen Größen und Zuständen. Besonders "lecker" sind die Eier mit halb ausgebrütetem Inhalt – guten Appetit! Meistens sind die Verkäufer arme Bauern, die sich auf der Fahrt etwas dazu verdienen oder die Fahrkarte herausholen wollen. An jeder Station gibt es fliegenden Wechsel und das Spiel beginnt erneut.
Gegen Mittag fahren wir an dem Gegenzug, der aus Bangkok kommt, vorbei und eine Stunde später schießt ein Express-Dieselcar an uns vorbei.
Die Schaffner verziehen sich in das Office-Car und ein Saufgelage kann beginnen. Habe auch schon oft dort verbracht, weil ich einige Schaffner kannte, besonders im Nachtzug, wo man auch gut auf einer Pritsche schlafen konnte. Fahrkartenersatz war damals eine Flasche Whisky. Ab und zu brachte dann der Schaffner eine hübsche Schwarzfahrerin herein die, im Office-Car den Fahrpreis "abarbeiten "musste.
Links sehe ich schon lange die Seile einer Telefonleitung, einer Leitung, die vermutlich bis Bangkok unser ständiger Begleiter sein wird. Ein Zugkellner bringt auf einem Tablett Styroporschalen mit Kau Patt, Nudelgerichten und Reis mit Chili vorbei. Früher waren die Schalen offen und Ruß und Dreck waren kostenlose Beilagen dieser Gerichte. Nachdem die "Magen-Darm-Krankheiten" etwas zu hoch waren, wurde von oben angeordnet, dass alle Schalen mit einem Plastiküberzug versehen sein müssen. Das Herstellungsdatum steht leider nicht dabei.
Wir befinden uns gerade im Gebirge und 300 Meter hohe Berge, Wald und Gestrüpp umgeben uns. Plötzlich wird es dunkel und der einzige Tunnel auf der Strecke lässt für eine Minute das Abteil in völliger Finsternis versinken, eine Chance für jeden Liebeskasper, seiner Angebeteten einen schnellen Kuss zu verpassen, ohne die Etikette zu verletzen. Auch Taschendiebe kennen diesen Tunnel und nutzen ihre Chance. Es wird auch Zeit, der Kaffeemann kommt vorbei und ich trinke einen Pappbecher Nescafé mit Milchcreme für 10 Baht. Eiswürfel gibt es auch zum Kaffee, aber ich ziehe die warme Brühe vor. Nur der Eisverkäuferin mit halb geschmolzenem Eis in allen Regenbogenfarben schenke ich keine Beachtung.
In Bur Yai gibt es "Näm Bur Yai" eine vietnamesische Spezialität mit geräuchertem Fleisch und Gemüse. Gegrillte Maiskolben werden am Bahnsteig in Jaturath verkauft und in Lamlalai sind gerade die Bananen geerntet worden, die geröstet angeboten werden. Auch eine kaktusartige Frucht findet ihren Abnehmer. Es gibt fast nichts, was an Ess- und Trinkwaren nicht im Angebot ist. Nur wer auf Farang-Food steht, hat schlechte Karten.
Es ist so viel zu beobachten, dass die Zeit wie im Flug vergeht und schon fängt es an zu dämmern. Hinter Lamlalei, ca. 4 Stunden vor Bangkok, wurde ein neuer Schienenstrang gelegt und der Zug fährt ruhig, ohne das gewohnte Rattern durch ein Wasserschutzgebiet, vermutlich das Trinkwasserreservat für die 12-Millionenstadt Bangkok. Einige Fischerboote, sonst nur die endlose Weite des Binnensees. Im Hintergrund Berge und grüne Wälder. In Chungtan Kaeng Khoi wird die Strecke plötzlich zweigleisig. Ein Teil ist noch im Bau und überall stehen Kräne, Laster und Schienenteile herum. Saraburi, Ban Pha Chi In, wo eine Abzweigung nach Chiang Mai besteht, und Ayuttaya, die frühere Hauptstadt, ziehen an mir vorbei. Schon werden die Ausläufer von Bangkok sichtbar und im Dunkeln ist das Lichtermeer des Highway Nongkhai-Bangkok zu sehen. Am Don-Muang-Flughafen steigen einige Thais mit dicken Schalenkoffern aus, aber auch ein paar Farangs mit Rucksäcken verlassen den Zug. Nach 30 Minuten fährt der Zug am Königspalast bzw. am Bahnhof, der Seiner Majestät dem König von Thailand gehört, vorbei und genau 15 Minuten später rollt der Isaan-Express im Hauptbahnhof Hua Lumpong ein.
Wir haben 22 Uhr und nach einer elfstündigen Zugfahrt, bei 3 Stunden Verspätung, sind wir am Ziel. Müde, mit klebrigem Körper, von Juckreiz gepeinigt, mit schwarzem Gesicht und ebensolchem T-Shirt, aber zufrieden. Denn so eine Zugfahrt ist mit nichts zu vergleichen, weder mit einem guten James-Bond-Film, noch mit einem guten Farang Essen. Selbst eine schöne Frau würde ich dafür stehen lassen, bzw. versuchen, sie zu überreden, mitzufahren.
Weitere Ziele sind morgen eine Fahrt auf der Südthailand-Strecke nach Hat Yai bis Songai Golok, aber heute haue ich mich erst mal in die Federn und überlasse die Beschreibung dieser Strecke einem anderen Bahnfan.
Quelle und mit freundlicher Genehmigung von Elicsan&Friends, "Thailand
querbeet", ISBN 3-8334-0494-9, Preis 14,90 Euro, www.thailandbuch.de
ENDE