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Magazin Prostitution im zaristischen Russland

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Prostitution im zaristischen Russland

Im Russischen Reich wurde die Prostitution zunächst schwer bestraft, weil sie nach Sibirien geschickt wurde, körperliche Bestrafung, Leibeigenschaft ...
 

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Die Ausstellung »Der Gelbe Schein« erforscht die Schicksale von Mädchen und Frauen im internationalen Sexgewerbe – zwischen 1860 und 1930

Als Sophia Chamys zur Polizei geht, ist sie 21 Jahre alt. Acht Jahre Leidensweg liegen da schon hinter ihr, und die werden von der Polizei in Rio des Janeiro 1896 folgendermaßen protokolliert: Als sie noch fast ein Kind war, hat ein fremder Mann ihren Vater in Warschau auf der Straße angesprochen. Ob er seine Tochter als Dienstmädchen engagieren könne? Man wurde schnell handelseinig; der Fremde nahm Sophia Chamys mit in eine luxuriöse Wohnung in Lodz.

Dort blieb sie nicht lange. Der Mann, der Isaak Boorosky hieß, erklärte ihr nach ein paar Wochen, sie sei nun seine Frau und vergewaltigte sie. Dann zwang er sie, erst in einem polnischen Bordell zu arbeiten und dann mit einem seiner Kumpane nach Buenos Aires zu reisen.

Sophia Chamys ist nur eine von vielen in jenen Jahren: Junge Mädchen und Frauen aus Osteuropa, oft aus jüdischen Familien, machen sich auf eine weite Reise. Nicht selten führt ihr Weg in die Prostitution. Manche von ihnen werden durch märchenhafte Versprechungen verführt, andere hoffen zumindest vage auf ein besseres Leben in Übersee, wieder andere wissen genau, was sie erwartet.

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»Mädchenhandel. 1860 bis 1930«: Diesem bisher kaum erforschten Kapitel der Auswanderungsgeschichte und der jüdischen Sozialgeschichte widmet sich jetzt eine gemeinsame Ausstellung des Berliner Centrum Judaicum und des Deutschen Auswandererhauses Bremerhaven. Sie beginnt mit der Geschichte einer jungen Frau aus Berlin, die 1862 in ein Bordell in St. Petersburg verschleppt wird – und dort schließlich den preußischen Gesandten Otto von Bismarck um Hilfe bittet. Sie erzählt von hessischen Tanzmädchen in Kalifornien und schließlich von jenen wahrscheinlich Zehntausenden junger Frauen aus Österreich-Ungarn, Russland und ganz Osteuropa, die keine andere Überlebensmöglichkeit sahen, als ihren Köper zu verkaufen – in einem fernen Land.

Ziel des Teams um die Kuratorin Irene Stratenwerth war es, den Lebensgeschichten dieser Mädchen und Frauen, ihrem sozialen Hintergrund, ihren Motiven, Hoffnungen und Ängsten möglichst nahe zu kommen. Denn während die Aktivitäten diverser Komitees, die sich um 1900 zur »Bekämpfung des Mädchenhandels« bildeten, umfangreich dokumentiert sind, weiß man über die Lebensrealität ihrer Zielgruppe bis heute sehr wenig.

Ein Dutzend Lebensschicksale – die für Berlin und Bremerhaven jeweils unterschiedlich ausgewählt sind – stehen in beiden Häusern im Zentrum der Ausstellung. Meist sind nur Momentaufnahmen erhalten: Das Ausstellungsteam fand sie in Archiven in Berlin, Buenos Aires, Genf, Odessa, Wien und St. Petersburg.

»Der Gelbe Schein« – so der Titel der Ausstellung – steht für einen besonderen Aspekt dieser Lebensrealität. Im zaristischen Russland mussten Frauen, die der Prostitution nachgingen, einen solchen Ausweis beantragen oder bekamen ihn polizeilich aufgezwungen. Im Tausch dafür hatten sie ihre Personalpapiere abzugeben und verloren ihre bürgerliche Identität. Ein Rücktausch war fast unmöglich. Ihnen wurden bestimmte Verhaltensmaßregeln und häufige medizinische Kontrollen auferlegt, jedoch Freizügigkeit bei der Wahl ihres Wohnortes zugestanden. Für jüdische Frauen in Russland bildete der »Gelbe Schein« fast die einzige legale Möglichkeit, dem Ansiedlungsrayon für Juden zu entkommen und in Großstädte wie Moskau oder St. Petersburg zu ziehen. Laut zeitgenössischen Berichten sollen Tausende jüdischer Frauen den »Gelben Schein« und damit ständige Gesundheitskontrollen auf sich genommen haben, ohne je Prostituierte zu werden. Das Sujet wurde vom jiddischen Theater um 1910 und in der Folge auch in verschiedenen internationalen Spielfilmen aufgegriffen. Nach aufwändigen Recherchen hat das Ausstellungsteam mehrere Exemplare des »Gelben Scheins« in einem Archiv in St. Petersburg gefunden: In der Ausstellung werden sie jetzt erstmals gezeigt.

Nicht alle Lebensgeschichten, die in der Schau und dem Begleitband thematisiert werden, handeln von jüdischen Frauen und nicht alle spielen in Russland. Gemeinsam aber ist all den Lebensschicksalen junger Mädchen und Frauen, dass sie ihrer Armut, Abhängigkeit und der Ausweglosigkeit nur entkommen konnten, indem sie neue Ausgrenzung auf sich nahmen. Manchen von ihnen gelang nach ein paar Jahren auch der Ausstieg in ein normales Familienleben. Manche wurden als Unternehmerinnen im Rotlichtmilieu reich. Doch die Umstände, unter denen ihre Lebenswege verliefen, sind bis heute so tabuisiert, dass es so gut wie keine mündliche oder private Überlieferung dazu gibt.

So wirft die Ausstellung ganz bewusst mehr Fragen auf als sie beantworten kann. Die von Andreas Heller, Architects and Designers, Hamburg gestaltete Schau lädt dazu ein, die großformatigen Portraits der Mädchen und Frauen auf sich wirken zu lassen, in Briefen, Polizeiprotokollen und alten Zeitungsartikeln zu lesen, Audiodokumente zu hören und in zehn Dossiers mehr über die Hintergründe des Mädchenhandels um 1900 zu erfahren. Eine filmische Installation des in Berlin lebenden, argentinischen Regisseurs und Filmemachers Ciro Cappellari stimmt mit Bildern aus dem heutigen Buenos Aires und Odessa auf die Beschäftigung mit einem vergessenen Aspekt der Zeitgeschichte ein – der überraschend aktuell wirkt. Ermöglicht wurde die Ausstellung, die im Rahmen der Jüdischen Kulturtage eröffnet wurde, durch eine Förderung der Kulturstiftung des Bundes.

Irene Stratenwerth
_«Der gelbe Schein«, bis 30. 12. 2012, Centrum Judaicum, Oranienburger Straße 28, So-Mo 10-20, Di-Do 10-18, Fr 10-17 Uhr. 3, -/2, 50
 
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