1. Teil
In meinem ersten Urlaub in Pattaya lernte ich einen sympathischen US-Marine kennen.
Der blonde Hüne hatte einiges über Südostasien zu erzählen und ich, für den alles neu und abenteuerlich war, hing geradezu an seinen Lippen. Er war im Alter von 18 Jahren der Army beigetreten und wurde sogleich in Angeles City auf den Philippinen stationiert. Nun war er Anfang 30, etwas älter als ich, und verfügte er über einen Erfahrungsschatz und einem Repertoire an Abenteuern, dass ich förmlich den Boden anbetete auf dem er schritt, um seine Geschichten zu hören. Er war einer der wenigen Expats, denen man gern zu hörte. Nicht einer derer, die schon mittags blau waren und die Touristen mit ihren widerlichen Erfahrungen voll brabbelten, sondern jemand, der wirklich etwas zu erzählen hatte und das Leben mit asiatischen Girls großzügig genoss.
"Soi6", sagte er grinsend und schlug mir brüderlich auf die Schulter, "das ist wie Angeles City. Da fühle ich mich wie zu Hause."
Er hatte mich schnell ins Herz geschlossen, nannte mich gar schon einen Freund. Etwas schnell für meine Auffassung, aber sicher geprägt von der Notwendigkeit in der Armee schnell Vertrauen in neue Männerbekanntschaften zu setzen und auf Solidarität zu bauen.
Für meinen Geschmack sind die Bars der Soi 6 im Vergleich zum übrigen Pattaya noch am ehesten als Puffs westlichen Standards zu bezeichnen. Unzählige kleine Bars, die jeweils eine handvoll Frauen beschäftigen, die ohne Umschweife ihren Service für wenig Geld anbieten.
Die Bars sind dabei für einen Service bekannt, den man oft im übrigen Pattaya vergebens sucht. Daher nennt man sie auch Blowjob-Bars oder Short-Time-Bars, bekannt dafür die erwartete Dienstleistung schnell und preiswert zu liefern. Man braucht eine der Ladies nicht fragen, ob sie dieses oder jenes macht. Sie macht es, dafür arbeitet sie hier.
Der Umgebung entsprechend sind die Frauen nicht gerade das, was dem Schönheitsideal einer Thai entspricht. Eher würde ich sie den abgehalfterten Prostituierten zuordnen, die nach einem langem Leben in Bars dem Ende ihrer Karriere entgegensehen und in anderen Etablissements keine Anstellung mehr bekommen, weil sie die Kundschaft abschrecken.
"Keine hübschen Girls hier", sagte ich als wir in der ersten Bar saßen.
"Langsam, langsam", beschwichtigte mich mein neuer Freund, der bereits zwei der anhänglichen Damen zu jeder Seite hatte, die man optisch noch gerade so durchgehen lassen konnte. "Barhopping macht man hier. Einen Drink hier und da, im Zickzack durch die Bars und irgendwann bleibt man da, wo es einem gefällt – oder ein Girl. Warte nur ab."
Routiniert spielte der Soldat mit den Frauen, die in ihrer Aufdringlichkeit schamloser waren, als ich es überhaupt in Thailand für möglich gehalten habe. Langsam lernte ich auch seine Tricks mit den Frauen umzugehen, vor allem die Tricks um diejenigen loszuwerden, die ich nicht mochte. Mit steigendem Alkoholpegel wurde das Spielchen sogar noch lustig. Wir zogen fröhlich durch alle Bars und schäkerten mit den Girls, checkten ihre Körper in dunklen Ecken, tranken und servierten sie wieder ab.
Eins muss ich ja sagen, wie die Frauen sich benahmen und gaben, was sie einem ins Ohr flüsterten, versprach wirklich alles, was sich ein Sexmaniac nur vorstellen kann. Aber keine war auch nur annähernd anziehend genug, um mich auf ihr Zimmer locken zu können.
"Hier läuft wirklich nichts brauchbares herum", stellte ich zu vorgerückter Stunde fest. Wir hatten nun bereits fast jede Bar abgeklappert.
"Ja, leider." Gab auch der Marine zu. "Komm, noch einen Drink und dann sehen wir uns morgen wieder. Heute hatten wir Pech."
Wir betraten zum letzten Mal eine Bar und standen enttäuscht in einem leeren Raum. Niemand zu sehen. Enttäuscht sahen wir uns an.
"Also, nach Hause?"
"Yo."
Wir drehten uns zur Tür und öffneten sie. Da spürte ich zwei Arme, die sich von hinten um meinen Körper schlangen. Gleichzeitig griff auch ein Girl bei dem Marine zu. Der übliche Schrott, mit dem wir uns schon den ganzen Abend die Zeit vertrieben hatten.
"Oh nein", stöhnte ich, "ich habe wirklich keine Lust mehr", und löste sanft ihren Griff.
"Gibst du sie mir?" grinste der Soldat und griff bereits ihren Arm.
"Klar." Sagte ich und schob sie zu ihm rüber. Meine Augen öffneten sich weit als sie mich erschrocken anstarrte. Oh Gott, was hatte ich getan? Sie war ein junges und außerordentlich hübsches Mädchen. Scheu stand sie nun in den Armen des Marines, schaute zu Boden als mochte sie ihn nicht. Der hielt seine Beute aber energisch fest.
"Mann, schau her!" Der Marine zog sie an seinen Körper und sie drehte mir ihr ängstliches Gesicht zu. "Ist sie nicht wunderschön? Mann, sie ist großartig!"
"Ja, das ist sie." Flüsterte ich und wich ihrem Blick aus, bemühte mich meinen Kamerad anzulächeln.
"Los, rein. Wir trinken noch einen." Und schon zog er die Kleine in die Bar. Das andere Girl, dass der Ami achtlos weggeschoben hatte, fasste beleidigt meinen Arm und wir gingen gemeinsam hinein. Wir setzten uns paarweise auf gegenüberliegenden Sofas und bestellten Drinks. Die Frau an meiner Seite mochte ich nicht. Ihre jahrelange Erfahrung im Gewerbe hatte sie abgestumpft und hartherzig gemacht. Ihre Stimme war vulgär und voller Hass. Auch gegenüber ihrer hübschen Kollegin, die nun leider in den Armen meines Kameraden war.
Um so überraschter war ich zu erfahren, dass die beiden leibliche Schwestern waren. Die Jüngere war gerade 18 Jahre alt geworden und erst wenige Tage in der Bar, um von ihrer älteren Schwester angelernt zu werden. Es schien mir als ob sie dabei keine Gnade zu erwarten hatte. So harsch waren die Worte der älteren Schwester an sie und dunkle Schatten unter den Augen der Kleinen verrieten, dass sie schon mehr gelitten hatte als sie ertragen konnte.
Andauernd starrte die Kleine mich an. Es war ein Blick zum Steine erweichen, als warf sie mir vor sie ausgeliefert zu haben. Der Soldat hielt sie fest, als könne sie jede Gelegenheit zur Flucht nutzen, strich ihr Haar aus den Nacken und küsste grinsend ihren Hals, was sie sichtlich verabscheute. Am liebsten hätte ich sie von ihm fortgerissen. Die Situation war bizarr. Die gegenseitigen Blicke sprachen Bände aber die Worte fielen beschwichtigend, spielten eine lockere Atmosphäre vor.
"Weißt du was?" Der Marine drückte seine Beute grinsend an sich. "Ich mache jetzt noch eine Short-Time mit ihr. Was ist mit dir?"
"Ich gehe. Sehen wir uns morgen, okay?"
"Okay." Der Hüne erhob sich und leerte sein Glas. "Komm Baby, auf geht's", grinste er dem Girl zu. Nach Art seiner Einheit verabschiedeten wir uns, indem wir die Fäuste aufeinander schlugen und trennten uns. Erst dann gab die Kleine ihren flehenden Blick an mich auf und folgte dem Mann mit gesenktem Blick die Treppen hinauf. Die Frau neben mir sah mich herablassend an. Alles was ich in ihrem Blick lesen konnte war Neid und Eifersucht auf ihre junge und begehrenswerte Schwester. Noch nie ist mir ein so gefühlskalter Mensch begegnet wie sie.
Wird fortgesetzt.