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Magazin Verfassungswidrig: Europa und die Scheinwelt der Angela Merkel

S

Scorpio

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Kaum hatte Angela Merkel den Vorsitz des EU-Rates übernommen, begab sie sich nach Straßburg und hielt dort am 17. Januar eine Rede mit dem Titel "Europas Seele ist die Toleranz".

Toleranz kommt vom lateinischen tolerare, und das heißt auf deutsch: „ertragen, erdulden".

Wie passend: mit bemerkenswertem Gleichmut ertragen die Europäer ihre Regierungen,
die Brüsseler Bürokratie, die Steuerknechtschaft, den Mangel an Selbstbestimmung und Freiheit, die Islamisierung, usw. usw.

Die Meisterin der Sprechblasen rückte in Straßburg freilich auch mit einer Drohung heraus.
Sie will die EU-Verfassung retten - ganz so, als hätten sie die Franzosen und die Niederländer nicht per Volksabstimmung abgelehnt.
Kein Wort davon, dass die EU unter Zentralisierung und Demokratieabbau leidet, dass sie bei den Bürgern auf Gleichgültigkeit und Widerwillen stößt, dass niemand mehr weiß, wohin sie eigentlich steuert.

Da passte es hervorragend, dass nur wenige Tage vor dem Merkel-Auftritt Roman Herzog in einer sensationellen Studie den Schleier zerriss, die europäischen Realitäten messerscharf analysierte und überzeugende Reformvorschläge machte.
Herzog war bekanntlich von 1987 bis 1994 Präsident des Bundesverfassungsgerichtes und von 1994 bis 1999 deutscher Bundespräsident. Er weiß genau, wovon er redet.

Seine Studie hätte einen Aufruhr verursachen müssen.

Stattdessen: Abgesehen von dem Abdruck in der Welt am Sonntag... Schweigen im Walde.
Wieder einmal wurde ignoriert und verdrängt.

Zunächst beschreibt Herzog sehr schön, wie dem europäischen Projekt zwei Konzeptionen zugrunde liegen, die miteinander unvereinbar sind.
Die einen möchten ein Europa der Vaterländer, die anderen einen Bundesstaat.

Vernichtendes Urteil: "Der Verfassungsvertrag schreibt letztlich die widersprüchlichen und intransparenten Strukturen der EU fort, die maßgeblich für die Probleme verantwortlich sind vor denen wir heute stehen."

Erster Befund Herzogs: Die EU hat die nationalen Parlamente und eben auch den Deutschen Bundestag entmachtet, sie legt die Axt an Demokratie und Gewaltenteilung.

84 % der im Zeitraum von 1998 bis 2004 in Berlin verabschiedeten Gesetze, so moniert Herzog, stammen aus Brüssel und nur 16 % originär aus Deutschland.

Das bedeutet, dass die Volksvertreter meist nur Parlament spielen.
Sie nicken ab, was ihnen von oben oktroyiert wird.

Dahinter steht eine bewusste, EU-typische Verwischung der Gewaltenteilung.
Die Kommission ist eine Art Regierung und die Legislative besteht aus zwei Organen: dem Rat und dem Europäischen Parlament, wobei Herzog keinen Zweifel daran lässt, dass der Rat den größeren Einfluss ausübt.

Mit anderen Worten: die Gesetze werden von Regierungsvertretern (nämlich dem Rat bzw. den Ministerräten) gemacht und nicht von frei gewählten Abgeordneten.

Daher kommt es, dass die EU immer wieder "Dinge reguliert, die beileibe nicht EU-weit vereinheitlicht werden müssen oder für die die EU eigentlich gar keine Kompetenz besitzt".

Ein Trend hin zur Diktatur, der nur möglich ist weil der Europäische Gerichtshof nicht wirklich unabhängig agiert, sondern regelmäßig zugunsten von Zentralisierung und Kompetenzausweitung entscheidet.

Roman Herzog nennt dafür haarsträubende Beispiele. Z.B. hat sich der EUGH im Januar 2006 hinter Sozialversicherungsbetrüger gestellt, die sich unter Angabe falscher Tatsachen im Ausland sogenannte E-101-Bescheinigungen erschleichen, um im Inland keine Sozialabgaben bezahlen zu müssen.

Herzog: "Der EuGH hat nunmehr den nationalen Gerichten kategorisch jede gerichtlich verwertbare Prüfung untersagt, ob E-101-Bescheinigungen erschlichen worden sein könnten.“
Dieses Prüfungsverbot habe bereits dazu geführt, dass überführte deutsche Sozialversicherungsbetrüger in Deutschland freigesprochen werden mussten.

Geradezu heimtückisch ist die sogenannte Passerelle-Klausel im Verfassungsvertrag, für den sich Frau Merkel so erwärmen kann.
Sie wissen nicht was das ist?

Verständlich, denn mit solchen Nebensächlichkeiten befassen sich unsere Volksvertreter nicht.
Diese Klausel räumt den EU-Regierungschefs das Recht ein, die völkerrechtlichen Verträge, auf denen die Existenz und der tägliche Betrieb der EU beruhen, eigenmächtig abzuändern und zwar "ohne dass das nationale Parlament zustimmen muss".

Fazit: "Die institutionellen Strukturen der EU leiden in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung."

Noch deutlicher kann es jemand wie Roman Herzog nicht sagen.

Und die geplante (wo bleibt da der Schutz des geistigen Eigentums?) Europäische Verfassung enthält wohl gemerkt keinen abschließenden Katalog, der festlegt, wofür die EU eigentlich zuständig ist.

Das alles hat Methode.

Roman Herzog macht dann konkrete Vorschläge, was geändert werden muss und fordert z.B. einen neuen, eigenständigen "Gerichtshof für Kompetenzfragen", der auch die Urteile des EuGH überprüfen kann.
Und er verrät, dass deutsche Politiker "im nicht-öffentlichen Gespräch" sich immer wieder kritisch und besorgt über die Entwicklung zeigen, die die EU genommen hat".

"Aber kaum einer bringt seine Sorgen und Bedenken öffentlich zum Ausdruck."

Die Studie ist erschütternd, aber vermutlich werden sich die Machthaber davon nicht beeindrucken lassen.
Als schlechte Europäer, die sie sind, machen sie weiter wie gehabt.
Wenn die EU nicht umkehrt und sich neu erfindet, droht ihr das Schicksal der an der Realität gescheiterten Sowjetunion.

Scorpio
 
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