Bramsche. Vor drei Jahren hat sich ein Straßenstrich an der B 68 in Sögeln und Alfhausen-Thiene etabliert. Das Geschäft mit dem Sex scheint in diesem Bereich einträglich zu sein. Davon zeugen auch die zahlreichen Hinterlassenschaften in der Umgebung. Die Sögelner fühlen sich nicht nur mit dem Müll allein gelassen.
Es ist nachmittags, gegen 15 Uhr: Am Abzweig von der Bundesstraße 68 in Richtung der Dreihorstbrücke in Sögeln liegt ein Plastik-Gartenstuhl umgekippt im Gebüsch. „Dann hat sie wohl gerade Kundschaft“, sagen die Sögelner, die unsere Redaktion eingeladen haben. Namentlich genannt werden wollen sie nicht: „Wir wissen nicht, mit wem wir uns da womöglich anlegen würden“.
Denn „sie“, die gerade nicht da ist, ist eine Prostituierte, die hier sonst auf Freier wartet – sitzend auf ihrem Gartenstuhl. Sie ist für alle, die von Bramsche aus die B 68 in Richtung Norden befahren, die erste, die hier deutlich sichtbar auf Kunden wartet für das „älteste Gewerbe der Welt“, wie die Prostitution häufig verharmlosend genannt wird. B is zum Parkplatz am Thiener Feld zieht sich dieser Straßenstrich hin, auf beiden Seiten der Fahrbahn.
Sex mitten auf der Straße
Mit deren Zuhältern wollen die Sögelner sich also nicht anlegen. Aber doch auf einige Schwierigkeiten aufmerksam machen, die das Gewerbe mit sich bringt. „Uns tun diese Frauen einfach nur leid. „Man kann sich ja vorstellen, unter welchen schlechten Bedingungen sie hier ihrer Tätigkeit nachgehen, besonders in hygienischer Hinsicht“, sagt einer. „Leider gibt es immer Männer, die diese Dienste in Anspruch nehmen“, meint ein anderer.
Die Sögelner wollen wenigstens erreichen, dass das nicht immer wieder mal mitten auf der Straße geschieht: „Hier führen ausgeschilderte Radwege entlang. Da sind doch auch Familien mit Kindern dabei. Und viele wollen hier mit ihren Hunden spazieren gehen“, erklärt ein Einwohner und weist darauf hin, dass dieses Thema nach seiner Kenntnis auch oft schon im Ortsrat angesprochen wurde. „In den Sitzungen ist doch immer ein Vertreter der Stadtverwaltung anwesend“, wird moniert.
Müll in der Umgebung
Genauso verhält es sich mit der zunehmenden Vermüllung der Umgebung, die den Sögelnern ein besonderes Dorn im Auge ist. „Das ließe sich doch wirklich besser regeln, wenn hier der Betriebshof sich öfter kümmern würde“, meinen sie. Aber selbst nachdem Bürgermeister Heiner Pahlmann mal die entsprechenden Stellen gezeigt wurden, an denen es besonders schlimm ist, sei nichts passiert. „Da lässt man uns alleine“.
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Was die Sögelner meinen, zeigt sich schon im Umfeld des bereits erwähnten Gartenstuhls. „Die Frau muss ja was trinken und essen, wenn sie hier auf ihre Kunden wartet“, haben die Männer, die uns durch die Umgebung führen, fast noch Verständnis. Der Dame seien auch schon mal Müllsäcke gegeben worden. „Das hat aber nur ein, zwei Tage geklappt“, heißt es. Unappetitlicher wird es ohnehin dann wenige Meter weiter: Gleich neben der kleinen Straße in Richtung Dreihorstbrücke, hinter einer Baumreihe. „Das ist für die Freier, die es besonders eilig haben“, wissen die Sögelner.
Zahlreiche gebrauchte Kondome und Papiertücher zeugen davon, sie wurden nach den „Liebesdiensten“ einfach aus den Autos geworfen. Ähnliche Stellen mit den entsprechenden Hinterlassenschaften gibt es mehrere in der Umgebung. Die Sögelner können sie alle zeigen. Während der Rundfahrt zu den Örtlichkeiten ist auf einem Waldweg ein Fahrzeug zu sehen. „Da ist dann wohl gerade die Frau mit einem Freier tätig“.
Hilft neues Gesetz?
Auch wenn nur der äußerste Rand ihres Ortes betroffen ist: Die Sögelner fordern, dass man sich endlich um ihre Belange kümmert. Zugleich wünschen sie sich aber auch Verbesserungen für die Frauen, die hier und in Alfhausen-Thiene auf dem Straßenstrich arbeiten. „Dass das so erlaubt ist, das ist schon traurig“, meint einer.
Ob das neue Prostituiertenschutzgesetz hilft, das zum 1. Juli 2017 eingeführt wurde? Danach müssen Prostituierte sich künftig persönlich beim Amt anmelden und vom Gesundheitsdienst beraten lassen, Bordellbetreiber wiederum werden verpflichtet, eine behördliche Erlaubnis einzuholen und ein Betriebskonzept vorzulegen, das die Einhaltung verschiedene Sicherheits- und Hygienestandards garantiert. Außerdem gilt fortan eine Kondompflicht.
Doch noch sind diese neuen Regelungen ein stumpfes Schwert: Es ist nicht einmal geklärt, welche Behörde sich um diese Aufgaben zu kümmern hat: „Leider hat das Land Niedersachsen noch keine gültige Zuständigkeitsregelung getroffen.
Gleichwohl geht der Landkreis Osnabrück davon aus, dass er für den Gesetzvollzug zuständig sein wird“, teilt der Presseprecher des Landkreises Osnabrück, Burkhard Riepenhoff, mit, nachdem die Pressestellen der Stadt Bramsche und der Samtgemeinde Bersenbrück auf unsere Anfrage umgehend dorthin verwiesen hatten.