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Magazin Wien: Trübe Aussichten für Frauen von der Straße

Tron

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Am Donnerstag beschließt der Wiener Landtag ein neues Prostitutionsgesetz. Demnach wird der Straßenstrich in Wohngebieten verboten. Unklar ist, wo genau die Prostituierten künftig stehen dürfen. Eine Reportage.

Die Felberstraße im 15.Wiener Gemeindebezirk: Auf der einen Seite schmucklose Wohnhäuser, auf der anderen Seite dunkle Schienenstränge, die zur Großbaustelle Westbahnhof führen. „Mein Schwiegervater hat in der Felberstraße gewohnt. Er hat den Mädchen aus dem Fenster heraus Tee gegeben. So lange stehen hier schon Mädchen auf der Straße.“ Karin K. führt seit drei Jahren „Bunny's Bar“, ein Café mit angeschlossenem Stundenhotel. Viele sagen „Zehn-Euro-Hotel“. So viel kostet das Zimmer, wenn man mit einer Frau von der Straße kommt und für kurze Zeit ungestört sein will.
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Karin K. blickt unsicheren Zeiten entgegen. Es ist die Wiener Stadtpolitik, konkret das neue Wiener Prostitutionsgesetz, das ihr große Sorgen macht. Dieses wird am Donnerstag mit den Stimmen der rot-grünen Koalition beschlossen. Und ab 1.November gelten. „Die Ausübung von Straßenprostitution ist innerhalb von Wohngebieten unzulässig“, heißt es in dem Gesetz. So viel steht fest: Die Felberstraße ist ein Wohngebiet. Ebenso die Linzer Straße und die Äußere Mariahilfer Straße – also jene Adressen, an denen nachts Prostituierte am Straßenrand auf Kundschaft warten.

Berichte zu Wien: Trübe Aussichten für Frauen von der Straße im Freierforum Weg von der Straße! Daniela, 27 Jahre, Mutter eines Kindes, ist eine von diesen Frauen. Sie arbeitet auf der Felberstraße. So selbstbewusst Daniela auftritt, so verärgert zeigt sich die dunkelhaarige Frau im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ ob der politischen Weichenstellung. Denn die Intention, den Straßenstrich aus Wohngebieten zu verbannen und dabei eine Verlagerung in meldepflichtige „Prostitutionslokale“ zu erwirken, stellt Danielas Job infrage. Ans Aufhören denkt sie aber nicht. „Ich liebe mein Kind, mich und mein Geld.“ 50Euro bekommt sie im Durchschnitt von einem Kunden. Ihr Einkommen muss sie versteuern, obgleich ihr Gewerbe als sittenwidrig gilt. „Früher habe ich als Kassierin im Supermarkt 700Euro im Monat verdient. Das mache ich hier in zwei Tagen.“

Daniela will auf der Straße bleiben. Zum Leidwesen einiger Anrainer, die versuchen, die Prostituierten mit Fackelzügen aus den derzeit noch geltenden „Schutzzonen“ (150 Meter Radius um Schulen oder Kirchen) zu vertreiben. „In einer Bar bin ich gebunden. Hier bin ich frei. Ich kann kommen und gehen, wann ich will. Außerdem muss ich in einer Bar vorher mit dem Kunden was trinken. Und 50Prozent an den Barbetreiber abliefern.“
Um die Frauen dorthin zu lotsen, wo sie nicht öffentlich auffallen, bieten sich auch sogenannte Laufhäuser an: Dort sind Daniela und ihre Kolleginnen nicht gezwungen, zu trinken. Auch die vorgelagerte, für Ausländerinnen oft schwierige „Konversation“ mit den Männern fällt weg. Dafür müssen Laufhaus-Frauen etwa 70 Euro am Tag fix hinblättern. So viel kostet ein auf Wochen oder Monate von der Frau zu buchendes Zimmer, das freilich auch zu zahlen ist, wenn keine Kunden kommen.

„In einem Laufhaus habe ich nicht die Garantie, dass ich mein Geld wieder hereinbekomme“, sagt Lisa, eine schüchtern wirkende 26-jährige Wienerin. Lisa stand bis vor Kurzem noch in der Linzer Straße. Mittlerweile ist sie Escort-Girl. Um mit der „Presse“ sprechen zu können, macht sie einen Abstecher in die Felberstraße. Hier herrscht in dieser Nacht reger Verkehr: Autofahrer kreisen, bleiben stehen, um mit den Mädchen zu verhandeln. Fußgänger verschwinden nach kurzem Wortwechsel mit den Mädchen in eines dieser „Zehn-Euro-Hotels“. Lisa ergänzt zum Thema Laufhäuser, „1500 bis 2000 Euro im Monat“ seien für das Einmieten zu veranschlagen. Und, ja, diese Art der Unterkunft habe gewiss auch Vorteile: Sie biete ein höheres Maß an Sicherheit als eine dunkle Ecke, irgendwo im öffentlichen Raum.

Gefahr für die Frauen. Womit das Stichwort für Fiorina gefallen ist: Sicherheit. Fiorina ist regelmäßig auf der Felberstraße anzutreffen. Die „Dienstkleidung“ der 20-jährigen Rumänin würde als Bikini durchgehen. Wie also ist es um die Sicherheit bestellt, wenn Frauen künftig nicht mehr in besiedelten Gebieten stehen – sondern etwa in einem Industrieviertel? Oder sonst wo. Zunächst ein paar Zahlen: Zirka 2200Frauen sind in Wien als Prostituierte angemeldet. Zusätzlich arbeiten schätzungsweise doppelt so viele illegal. Diese Schätzung ist vage. Denn es gibt Frauen, die sehr unregelmäßig, manchmal nur für ein paar Stunden pro Woche, Sex anbieten; darunter sind solche, die zu dem Zweck aus der Slowakei oder aus Tschechien kommen und nach einem halben Tag wieder heimfahren. Das meiste spielt sich in Lokalen oder Wohnungen ab. Auf der Straße stehen in ganz Wien nur etwa 150 Frauen.

Stichwort Sicherheit. Wiens SP-Frauenstadträtin Sandra Frauenberger hat versprochen, den unbestimmten Gesetzesbegriff „Wohngebiet“ zu präzisieren. Dabei soll der Flächenwidmungsplan zuhilfe genommen werden. Bisher wird offiziell am häufigsten der Prater als künftiges Aufmarschgebiet für Sexarbeiterinnen genannt. Sollten einige Frauen wirklich dorthin abwandern, müssten sie praktisch unter freiem Himmel oder in Autos ihre „Jobs“ erledigen. Und das ist in der Tat ein Sicherheitsproblem. Fiorina – auch sie ist Mutter eines Kleinkindes: „Ich geh nicht ins Auto arbeiten. Das ist mir zu gefährlich.“ Und auch von mangelnder Hygiene reden Daniela und Fiorina, wenn sie an Sex im Auto oder in Freiluft denken. Auch dass das neue Prostitutionsgesetz keine zeitlichen Beschränkungen mehr vorsieht, stößt nicht auf ungeteilte Freude. Derzeit dürfen Frauen ab 20Uhr (Winter) bzw. ab 21Uhr (Sommer) bis vier Uhr in der Früh „draußen“ stehen. Doch auch künftig wollen sich Daniela und Fiorina nicht tagsüber zusehen lassen. Und schon gar keine Polizeistrafe wegen anstößigen Benehmens riskieren.

Also doch goldene Zeiten für Betreiber von Rotlichtlokalen? Karin K. von „Bunny's Bar“ bleibt skeptisch. Denn auch Neuheiten, die der Gesetzgeber (im Sinne der Frauen) gut gemeint hat, könnten rechtlich heikel werden. So etwa die per Verordnung vorgeschriebene Einrichtung von Spinden für Frauen, die künftig in „Prostitutionslokalen“ arbeiten. Karin K.: „Wenn ich Spinde einrichte oder einen Aufenthaltsraum, kommt die Krankenkasse und sagt, ich muss die Mädchen anmelden. Das geht aber gar nicht, die meisten hier sind Rumäninnen oder Bulgarinnen. Einmal wurde mir eine Bulgarin zwangsangemeldet, die hatte gar keine Arbeitsbewilligung. Und ich musste 6800 Euro Strafe zahlen.“ K. will überdies nicht, dass sich die Mädchen bei ihr im Hotel ansiedeln. „Ich will meine Zimmer vermieten. Ich will die Mädchen nicht hier sitzen haben und dafür von ihnen Geld verlangen.“

Ortswechsel. Die Linzer Straße: Die 31-jährige Alex findet es „ganz schlecht“, dass sie bald aus dem Wohngebiet weg muss. Alex stammt aus der Slowakei, hat laut eigenen Angaben ein Kind und hätte sich gewünscht, dass sich die Politik auch einmal zu ihr auf die Straße wagt: „Uns fragt nie wer was.“

Schwellenangst. Im Gegensatz zu mehreren Frauen auf der Felberstraße kündigt sie aber nicht an, künftig illegal im Wohngebiet auf der Straße zu bleiben. „Dann müssen wir uns reinsetzen.“ Alex meint damit ein kleines Studio. Seit acht Jahren steht sie regelmäßig vor diesem Studio. Wenn sie nur drinnen säße, würde sie aufgrund der Schwellenangst vieler Männer weniger verdienen. Ganz aufhören? „Warum sollte ich was anderes machen? Das kann ich am besten.“

Straßenprostitution sei „eine Form selbstbestimmter Sexarbeit“, erklärt Szenekenner Christian Knappik, Sprecher der Internet-Plattform . Werde Sexarbeit kriminalisiert, steige die Gefahr der „Ausbeutung durch kriminelle Zuhälter“. Wie sich das neue Gesetz tatsächlich auswirkt, wird die Praxis zeigen. Die Stadt will eine „Steuerungsgruppe“ einrichten. Diese soll die Wiener Rotlichtszene ganz genau – „beobachten“.

Kampf um die Straße. Nach Anrainerbeschwerden hat sich Rot-Grün in Wien entschlossen, den Straßenstrich aus den Wohngebieten zu verbannen. Unklar ist, wo genau die Prostituierten künftig stehen dürfen. Immer wieder wird der Prater genannt. Aber auch in Wohngebieten können „Erlaubniszonen“ entstehen. Möglicherweise wird der Gürtel (schon bisher als Rotlichtmeile bekannt) eine solche Zone.

Strafen auch für Freier. Neu im Wiener Prostitutionsgesetz, das am kommenden Donnerstag im Landtag beschlossen wird, ist die Strafbarkeit für Freier. So heißt es im § 16 des Gesetzesentwurfs: „Außerhalb der (...) erlaubten Bereiche für Straßenprostitution (...) dürfen Freierinnen und Freier mit Personen, die Prostitution anbahnen oder ausüben, zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleitungen keinen Kontakt aufnehmen.“ Freier, die dagegen verstoßen, müssen bis zu 500Euro Strafe zahlen.

Die Presse, 26.06.2011

 
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