Global Compact for Crime
Vor ziemlich genau sieben Monaten, am 23. April, sagte die deutsche Kanzlerin am Rande eines Treffens mit dem UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi: „Unser Ziel ist es, illegale Migration zu verhindern und durch legale Migration zu ersetzen.“ Die Freunde der Kanzlerin nickten zustimmend, ihre Kritiker zogen die Augenbrauen zusammen: Wie kann man etwas, das illegal ist, legal machen, ohne rechtliche Grundsätze zu verletzen?
Heute wissen wir es. Die Bundesregierung war – ohne sich darüber öffentlich zu verbreiten – maßgeblich an der Ausarbeitung des Global Compact for Migration der Vereinten Nationen beteiligt, der in Kürze in Marrakesch verabschiedet werden soll. Das Datum steht schon fest, unklar ist nur noch, ob es tatsächlich ein „globaler Pakt“ wird, nachdem etliche Länder, darunter die USA, Kanada, Australien, Estland, Polen und Österreich, angekündigt haben, sie würden das Abkommen nicht unterzeichnen und andere, darunter die Schweiz, Japan und Italien, sich noch nicht entschieden haben.
Eine Grenze, die es nicht gibt, kann nicht illegal passiert werden
Sinn und Zweck des Abkommens kann man in einem Satz zusammenfassen: Damit Grenzen nicht illegal überschritten werden, werden Grenzen und Grenzkontrollen abgeschafft. Eine Grenze, die es nicht gibt, kann auch nicht illegal passiert werden. Man muss sie nicht bewachen und notfalls nicht verteidigen. Das leuchtet ein, sogar jenen, die im Staatskundeunterricht Schiffchenversenken gespielt haben.
Diese Art, ein Problem zu entmaterialisieren, ist nicht ganz neu. In Holland wurde der Konsum von weichen Drogen wie Marihuana weitgehend legalisiert, wovon auch der Handel mit harten Drogen profitierte. In Deutschland wurde die Prostitution zu einem sozialversicherungspflichtigen Gewerbe erklärt. Was dem Schutz der Prostituierten vor Ausbeutung dienen sollte, führte zum Gegenteil. Zuhälterei und Frauenhandel können kaum noch verfolgt werden. Nach Drogenhandel und Prostitution wird nun illegale Migration neu gelabelt und legalisiert.
Was kommt als nächstes? Werden Einbruch und Diebstahl als „Vermögensausgleichsinitiativen“ anerkannt? Ließe sich der sexuelle Missbrauch von Kindern durch eine Aufhebung der Altersuntergrenze aus der Welt schaffen? Als erstes bräuchten wir einen „Global Compact for Crime“, der Rest wird sich ergeben.
Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche