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Bodob
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Meist sind Polaroidfotos das Einzige, was die Kinder von ihren Vätern haben, Schnappschüsse aus einschlägigen Bars. Denn die Männer waren als Sextouristen im Land. Wie in Asien eine unerwünschte Generation heranwächst.
In Asien wächst eine Art globaler Betriebsunfall heran, zehntausende Kinder, gezeugt in der kürzestmöglichen Begegnung von Mann und Frau. Der Sextourismus, beflügelt von immer billiger werdenden Flugreisen, hinterlässt in Thailand, Kambodscha, auf den Philippinen eine Spur aus Kindern, die fremdartig wie Marsmenschen sind in den asiatischen Gesellschaften. Hellerhäutig, großäugig, langnasig wie Europäer. Schwarz wie Afroamerikaner. Irisch rothaarig und schwedisch blond. Ihr Äußeres verrät den Broterwerb der Mütter, die außerhalb der Bordelle ein Leben in Ächtung führen.
Noriel und sein kleinerer Bruder wissen nur, dass ihre Mutter hart arbeitet. Was sie genau macht, ahnen sie nur. Noriel verbietet dem Jüngeren zu klagen. Die Hurensöhne haben eine harte Zeit in dem Dorf, in dem sie bei Pflegeeltern untergebracht sind. „Haut ab!“, rufen ihnen die Kinder in der Schule zu. „Ihr seid Weiße, ihr gehört nicht zu uns!“
Früher hat sich die Großmutter gekümmert, als die starb, zog die Mutter in den Schlafsaal des Bordells, die Kinder gab sie fort. Jeden Monat schickt sie Geld an die Pflegeeltern, die immer mehr fordern. „Ich habe keine Wahl“, sagt Nida Quintana. „Ich kann sie nicht bei mir behalten.“ Sie arbeitet im „Walhalla“, der Bordellbar eines Dänen in Angeles City, der philippinischen Huren-Hochburg. In manchen Etablissements verdingen sich 1500 Frauen in drei Schichten.
Die Hurenkinder sind im Betrieb des Sextourismus die lästige Nachgeburt. In Angeles werden sie meistens auch so entsorgt. Weil Abtreibungen auf den Philippinen verboten sind, floriert das Gewerbe der Engelmacherinnen, die Operationen auf dem Wohnzimmertisch vornehmen. Es gibt im städtischen Hygienebüro, wo sich die Huren alle drei Monate untersuchen lassen müssen, eine Wand mit den aktuellen Todesanzeigen. Diesmal sind in einer Woche vier dazugekommen. So groß ist das Problem, dass in der Stadt eine Klinik eine Notfall-Abteilung für misslungene Abtreibungen aufmachte. Denn Angeles boomt, keine Spur von Finanzkrise. Die politischen Unruhen in Thailand, heißt es, treiben dem Ort die Kunden zu. Die offiziell niedrigen Aidsraten, die jedoch wenig glaubhaft sind, locken außerdem. Laut Studien benutzt nur einer von drei Freiern ein Kondom, und die Pille wollen sich die Frauen nicht leisten.
Viele Huren verwandeln ihre ungewollten Babys in bare Münze. Kinderhändler ziehen von Bar zu Bar, holen Erkundigungen über mögliche Geburten ein. Mamasans, die Vorsteherinnen der Bordelle, vermitteln die Deals. Auch bei Allego sprach ein Interessent vor. Geld versprach er ihr, die Begleichung der Krankenhauskosten, wenn sie nur die Adoptionspapiere unterschreibe. „Willst du, dass das Baby so wird wie du, eine Hure?“ bedrängte er sie. Eine Familie in Korea warte schon auf das Kind, lockte der Mann. Der Mann, der sich in den Bordellen als „Missionar“ ausgibt, ist ein Niederländer mit beruflichen Verbindungen auf die Philippinen. In den vergangenen Jahren, bestätigen Hilfsorganisationen in der Stadt, habe sich der Durchschnittspreis für ein Kind bei etwa 130 Euro eingependelt. Das entspricht etwa zehn Monatslöhnen in den Bordellen von Angeles City.
Die meisten Hurenkinder bleiben Außenseiter in ihren Ländern, auch als Erwachsene. Sie leiden stärker als andere unter Depressionen. Die Suizidrate ist höher. Das zeigen Studien US-amerikanischer Stiftungen, die sich um die Kinder von GIs kümmern. In den Gefängnissen gehen viele ein und aus. Besonders schwer haben es die Nachkommen von Afroamerikanern. Nur eine einzige kleine Hilfsorganisation nimmt sich ihrer an. Die Renew-Stiftung an der Universität Oxford berät die Frauen in Rechtsfragen und unterstützt sie bei der Suche nach zahlungsunwilligen Vätern.
TAGESSPIEGEL, 16.10.2010 (stark gekürzt)
POTSDAMER NEUESTE NACHRICHTEN, 16.10.2010 (stark gekürzt)
In Asien wächst eine Art globaler Betriebsunfall heran, zehntausende Kinder, gezeugt in der kürzestmöglichen Begegnung von Mann und Frau. Der Sextourismus, beflügelt von immer billiger werdenden Flugreisen, hinterlässt in Thailand, Kambodscha, auf den Philippinen eine Spur aus Kindern, die fremdartig wie Marsmenschen sind in den asiatischen Gesellschaften. Hellerhäutig, großäugig, langnasig wie Europäer. Schwarz wie Afroamerikaner. Irisch rothaarig und schwedisch blond. Ihr Äußeres verrät den Broterwerb der Mütter, die außerhalb der Bordelle ein Leben in Ächtung führen.
Noriel und sein kleinerer Bruder wissen nur, dass ihre Mutter hart arbeitet. Was sie genau macht, ahnen sie nur. Noriel verbietet dem Jüngeren zu klagen. Die Hurensöhne haben eine harte Zeit in dem Dorf, in dem sie bei Pflegeeltern untergebracht sind. „Haut ab!“, rufen ihnen die Kinder in der Schule zu. „Ihr seid Weiße, ihr gehört nicht zu uns!“
Früher hat sich die Großmutter gekümmert, als die starb, zog die Mutter in den Schlafsaal des Bordells, die Kinder gab sie fort. Jeden Monat schickt sie Geld an die Pflegeeltern, die immer mehr fordern. „Ich habe keine Wahl“, sagt Nida Quintana. „Ich kann sie nicht bei mir behalten.“ Sie arbeitet im „Walhalla“, der Bordellbar eines Dänen in Angeles City, der philippinischen Huren-Hochburg. In manchen Etablissements verdingen sich 1500 Frauen in drei Schichten.
Die Hurenkinder sind im Betrieb des Sextourismus die lästige Nachgeburt. In Angeles werden sie meistens auch so entsorgt. Weil Abtreibungen auf den Philippinen verboten sind, floriert das Gewerbe der Engelmacherinnen, die Operationen auf dem Wohnzimmertisch vornehmen. Es gibt im städtischen Hygienebüro, wo sich die Huren alle drei Monate untersuchen lassen müssen, eine Wand mit den aktuellen Todesanzeigen. Diesmal sind in einer Woche vier dazugekommen. So groß ist das Problem, dass in der Stadt eine Klinik eine Notfall-Abteilung für misslungene Abtreibungen aufmachte. Denn Angeles boomt, keine Spur von Finanzkrise. Die politischen Unruhen in Thailand, heißt es, treiben dem Ort die Kunden zu. Die offiziell niedrigen Aidsraten, die jedoch wenig glaubhaft sind, locken außerdem. Laut Studien benutzt nur einer von drei Freiern ein Kondom, und die Pille wollen sich die Frauen nicht leisten.
Viele Huren verwandeln ihre ungewollten Babys in bare Münze. Kinderhändler ziehen von Bar zu Bar, holen Erkundigungen über mögliche Geburten ein. Mamasans, die Vorsteherinnen der Bordelle, vermitteln die Deals. Auch bei Allego sprach ein Interessent vor. Geld versprach er ihr, die Begleichung der Krankenhauskosten, wenn sie nur die Adoptionspapiere unterschreibe. „Willst du, dass das Baby so wird wie du, eine Hure?“ bedrängte er sie. Eine Familie in Korea warte schon auf das Kind, lockte der Mann. Der Mann, der sich in den Bordellen als „Missionar“ ausgibt, ist ein Niederländer mit beruflichen Verbindungen auf die Philippinen. In den vergangenen Jahren, bestätigen Hilfsorganisationen in der Stadt, habe sich der Durchschnittspreis für ein Kind bei etwa 130 Euro eingependelt. Das entspricht etwa zehn Monatslöhnen in den Bordellen von Angeles City.
Die meisten Hurenkinder bleiben Außenseiter in ihren Ländern, auch als Erwachsene. Sie leiden stärker als andere unter Depressionen. Die Suizidrate ist höher. Das zeigen Studien US-amerikanischer Stiftungen, die sich um die Kinder von GIs kümmern. In den Gefängnissen gehen viele ein und aus. Besonders schwer haben es die Nachkommen von Afroamerikanern. Nur eine einzige kleine Hilfsorganisation nimmt sich ihrer an. Die Renew-Stiftung an der Universität Oxford berät die Frauen in Rechtsfragen und unterstützt sie bei der Suche nach zahlungsunwilligen Vätern.
TAGESSPIEGEL, 16.10.2010 (stark gekürzt)
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