Tron
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Koblenz/Straßenhaus - Ein Polizist pflegt enge Kontakte ins Rotlichtmilieu. Er hat einen skrupellosen Zuhälter als Duzfreund. Und: Er versorgt ihn mit geheimen Informationen. So etwas gibt es nur im Film? Falsch. Jetzt steht ein früherer Polizeioberkommissar der Polizeiinspektion Straßenhaus (Kreis Neuwied) wegen solcher Vorwürfe vor dem Landgericht Koblenz.
Der 58-Jährige soll von Mai 2008 bis August 2009 in geheimen Polizeidatenbanken recherchiert haben - und die gewonnenen Erkenntnisse an einen Zuhälter (63) aus Kleinmaischeid (Kreis Neuwied) verraten haben. Der Zuhälter gab sich als rechtschaffener Staatsbürger.
Tatsächlich soll er Prostituierte ausgebeutet, erpresst und mit Kameras überwacht haben. Er leitete im Tatzeitraum drei Bordelle: das "Schneckenhaus" in Dierdorf, die "Mädchen-WG Waldlust" in Kleinmaischeid und das "Sunflower" in Mülheim-Kärlich.
Mittwoch, 9.30 Uhr: Der Polizist - schütteres Haar, grauer Wollpulli - sitzt betreten im Gerichtssaal 128. Er hört die Anklage des Staatsanwaltes. Er hört die Vorwürfe, die seinen Ruf als Polizist mit einem Schlag ruiniert haben - nach 40 Berufsjahren. Dann sagt er: "Ich schäme mich." Und: "Ich werde mit der Sache hier nicht fertig. Es fällt mir sehr schwer, darüber zu sprechen."
20 mal das Dienstgeheimnis verraten
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten vor, in 20 Fällen das Dienstgeheimnis verletzt zu haben. Gleich zu Prozessbeginn legte er ein Geständnis ab. So kam es laut seiner Aussage zum Geheimnisverrat: Der Polizist und der Zuhälter kennen sich seit 1976.
Seither duzte man sich. Damals arbeitete der Zuhälter noch als Abschleppunternehmer. Später, als er zum Bordellchef wurde, wandte er sich an den Polizisten. Seine Bitte: Er könne ja mal überprüfen, ob eine seiner Prostituierten vorbestraft ist. Und der Polizist? Er tat es. Er teilte dem Zuhälter mit: "Alles okay. Kein Eintrag." Es folgten weitere Anfragen des Mannes zu Vorstrafen von Geschäftspartnern, Haltern von Prostituierten-Wohnmobilen oder der Festnahme eines Dealers. Der Polizist recherchierte in den Systemen Polis, Zevis und Ewois.
"Aber wie kamen Sie denn dazu?!", ging der Vorsitzende Richter Thomas Metzger den Mann an. "Das ist ja in jeder Hinsicht dümmer als die Polizei erlaubt!" Die Erklärung des Polizisten: Er habe zu dem Zuhälter eine Vertrauensbasis schaffen wollen, um ihn als Informanten im Milieu aufzubauen. Aber warum gab er ihm derart viele Informationen? Und warum sprach er sich nicht mit Vorgesetzten ab?
Seit 2011 suspendiert
Sein Anwalt Stefan Schmidt: "Er war naiv, konnte nicht Nein sagen. Der Zuhälter nutzte das aus." Dem Polizisten wird nicht vorgeworfen, für seine Auskünfte Vergünstigungen erhalten zu haben. Er ist seit 2011 suspendiert und wegen Depressionen und Suizidversuchen vorzeitig im Ruhestand. Das Disziplinarverfahren gegen ihn läuft noch.
Der Zuhälter versprach dem Polizisten, die Informationen für sich zu behalten. Tatsächlich gab er sie unter anderem an den Hells-Angels-Rocker weiter, der im März 2010 in Anhausen einen Elitepolizisten erschossen hat. Das fand das Landeskriminalamt durch das Abhören von Telefonaten heraus.
Auch der Zuhälter war im Prozess angeklagt. Aber er kam nicht. Er ist laut seinem Arzt derzeit nicht verhandlungsfähig. Der Prozess geht am 8. Februar weiter.
Rhein Zeitung, 01.02.2012
Der 58-Jährige soll von Mai 2008 bis August 2009 in geheimen Polizeidatenbanken recherchiert haben - und die gewonnenen Erkenntnisse an einen Zuhälter (63) aus Kleinmaischeid (Kreis Neuwied) verraten haben. Der Zuhälter gab sich als rechtschaffener Staatsbürger.
Tatsächlich soll er Prostituierte ausgebeutet, erpresst und mit Kameras überwacht haben. Er leitete im Tatzeitraum drei Bordelle: das "Schneckenhaus" in Dierdorf, die "Mädchen-WG Waldlust" in Kleinmaischeid und das "Sunflower" in Mülheim-Kärlich.
Mittwoch, 9.30 Uhr: Der Polizist - schütteres Haar, grauer Wollpulli - sitzt betreten im Gerichtssaal 128. Er hört die Anklage des Staatsanwaltes. Er hört die Vorwürfe, die seinen Ruf als Polizist mit einem Schlag ruiniert haben - nach 40 Berufsjahren. Dann sagt er: "Ich schäme mich." Und: "Ich werde mit der Sache hier nicht fertig. Es fällt mir sehr schwer, darüber zu sprechen."
20 mal das Dienstgeheimnis verraten
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten vor, in 20 Fällen das Dienstgeheimnis verletzt zu haben. Gleich zu Prozessbeginn legte er ein Geständnis ab. So kam es laut seiner Aussage zum Geheimnisverrat: Der Polizist und der Zuhälter kennen sich seit 1976.
Seither duzte man sich. Damals arbeitete der Zuhälter noch als Abschleppunternehmer. Später, als er zum Bordellchef wurde, wandte er sich an den Polizisten. Seine Bitte: Er könne ja mal überprüfen, ob eine seiner Prostituierten vorbestraft ist. Und der Polizist? Er tat es. Er teilte dem Zuhälter mit: "Alles okay. Kein Eintrag." Es folgten weitere Anfragen des Mannes zu Vorstrafen von Geschäftspartnern, Haltern von Prostituierten-Wohnmobilen oder der Festnahme eines Dealers. Der Polizist recherchierte in den Systemen Polis, Zevis und Ewois.
"Aber wie kamen Sie denn dazu?!", ging der Vorsitzende Richter Thomas Metzger den Mann an. "Das ist ja in jeder Hinsicht dümmer als die Polizei erlaubt!" Die Erklärung des Polizisten: Er habe zu dem Zuhälter eine Vertrauensbasis schaffen wollen, um ihn als Informanten im Milieu aufzubauen. Aber warum gab er ihm derart viele Informationen? Und warum sprach er sich nicht mit Vorgesetzten ab?
Seit 2011 suspendiert
Sein Anwalt Stefan Schmidt: "Er war naiv, konnte nicht Nein sagen. Der Zuhälter nutzte das aus." Dem Polizisten wird nicht vorgeworfen, für seine Auskünfte Vergünstigungen erhalten zu haben. Er ist seit 2011 suspendiert und wegen Depressionen und Suizidversuchen vorzeitig im Ruhestand. Das Disziplinarverfahren gegen ihn läuft noch.
Der Zuhälter versprach dem Polizisten, die Informationen für sich zu behalten. Tatsächlich gab er sie unter anderem an den Hells-Angels-Rocker weiter, der im März 2010 in Anhausen einen Elitepolizisten erschossen hat. Das fand das Landeskriminalamt durch das Abhören von Telefonaten heraus.
Auch der Zuhälter war im Prozess angeklagt. Aber er kam nicht. Er ist laut seinem Arzt derzeit nicht verhandlungsfähig. Der Prozess geht am 8. Februar weiter.
Rhein Zeitung, 01.02.2012
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