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Johanna Sirkiä
Präsidentin von SALLI – United Sex Professionals of Finland
Prostitution in Finnland und Schweden
"Sexarbeit in Europa zwischen Diskriminierung und Legalisierung"[/SIZE]
8. Fortbildungsseminar des Vereins LEFÖ, 3-5 Juli 2003

Aufgrund des Gesetzes, welches den Kauf und nicht den Verkauf von sexuellen Dienstleistungen bestraft, wurde die schwedische Situation europaweit bekannt. Während des letzten Jahres gab es auch in Finnland heftige Debatten darüber, ob man den Schwedischen Modell folgen sollte oder nicht.

Finnland und Schweden sind Nachbarstaaten und Teil der nordischen Länder. Diese haben aufgrund ihrer langen gemeinsamen Geschichte eine ähnlich ausgerichtete Gesellschaft und Kultur. So zum Beispiel ist die Evangelische Lutherianische Kirche in all diesen Ländern die Staatskirche und ihr gehört auch die Mehrheit der Bevölkerung an. Aufgrund der gemeinsamen Geschichte und der laufenden Zusammenarbeit zwischen diesen Staaten ähnlich sich auch sehr stark ihre legalen Systeme.

Die Nordischen Länder verfolgten auch in Bezug auf Prostitution immer eine ähnliche Politik. Ich will mich jetzt aber auf Finnland und Schweden konzentrieren, und beginne zuerst mit der finnischen Situation.



Finnland

Bezugnehmend auf das Strafgesetz von 1889 wurde Prostitution und Zuhälterei in Finnland unter Strafe gestellt. In der Praxis aber, waren in einigen Städten lizenzierte Bordelle und registrierte Prostitution erlaubt; und es gab auch verpflichtende Gesundheitskontrollen für Prostituierte. Diese so genannte regulierte Form der Prostitution gab es in der Praxis von 1840 bis 1908.

1936 wurde das Strafgesetz verändert: Prostitution wurde nicht mehr unter Strafe gestellt, aber nach wie vor Zuhälterei. Und es wurde auch ein neues Gesetz erlassen, dass die Prostitution und andere antisozialen Verhaltensweisen kontrollieren sollte: genannt wurde dieses Gesetz der „vagrancy act" – Zweck war die Bekämpfung des Landstreichertums. Er war von 1936 bis 1986 in Kraft. Bezugnehmend auf dieses Gesetz konnten Personen, die Geld durch unmoralische Handlungen verdienten in staatliche soziale Fürsorgeanstalten gezwungen werden. Das Gesetz über die Bekämpfung des Landstreichertums wurde 1986 zurückgenommen, da es nicht mehr in das Sozialversicherungssystem passte und festgestellt wurde, das er gegen die Menschenrechte verstößt.

Danach begründete sich die gerichtliche Kontrolle der Prostitution in Finnland nur noch auf die Bestrafung der Zuhälterei. Im Gesetz gegen Zuhälterei wird Zuhälterei folgendermaßen definiert: wirtschaftlicher Gewinn aufgrund der Prostitution einer anderen Person. Das Gesetz wird in der Regel als eine Möglichkeit, die Prostituierten vor Ausbeutung zu schützen, erklärt. Das Gesetz gegen Zuhälterei schreibt fest, das jede Form der organisierten Prostitution strafbar ist. Ein Bordell oder ein Escort Service zu führen ist illegal. Genauso kann das gemeinsame arbeiten von zwei Prostituierten als illegale Zuhälterei angesehen werden. Es verstößt auch der Kauf und der Verkauf von sexuellen Dienstleistungen nicht direkt gegen das Gesetz, so wie auch die Prostitution nicht als ein zu billigendes/appropriates und anständiges Geschäft gesehen wird.

Das Gesetz gegen Zuhälterei macht die Arbeit von Prostituierten schwieriger, da nicht legal eine Wohnung für die Sexarbeit angemietet werden kann und frau sich die Arbeit nicht gemeinsam organisieren kann. Und auf der anderen Seite sind keine Gesetze vorhanden, die direkt die Arbeit als Prostituierte unter Strafe stellen. Das heißt, dass Prostitution nicht gegen das Gesetz verstößt, solange alleine zu hause oder auf der Strasse gearbeitet wird oder ein Klient bei sich zu hause besucht wird und sonst niemand bei der Organisation involviert ist.

Wenn auch die Prostitution in Finnland nicht als Arbeit anerkannt ist, müssen Prostituierte Steuern zahlen. Es muss aber dazu gesagt werden, dass viele Prostituierte in Finnland geheim arbeiten; sie wollen ihre Arbeit meist vor der Steuerbehörde, ihrer Familie und ihren Freunden geheim halten.
In Finnland hat es gelegentlich Fälle gegeben wo eine Prostituierte gezwungen wurde Steuern zu bezahlen, die von der Steuerbehörde geschätzt wurde. Dies passierte aber nur in jenen Fällen, wenn Prostituierte sich gar nicht bei der Steuerbehörde deklariert hatten und jemand offen legte, dass sie als Prostituierte arbeiteten. Es gibt in Finnland sehr wohl einige Prostituierte die legal arbeiten und Steuern zahlen. Da Prostitution aber nicht als Arbeit anerkannt ist, müssen wir einen anderen Beruf bei der Steuererklärung angeben; z.B. bin ich eine Beraterin oder meine Kolleginnen sind Masseurinnen, Entertainerinnen oder Escorts. So weit ich informiert bin, haben finnische Prostituierte bis jetzt nie Schwierigkeiten mit der Steuerbehörde bekommen, solange sie eine Steuererklärung gemacht haben.

Eine Prostituierte kann also als private Unternehmerin arbeiten, wenn sie oder er ein/e EU-StaatsbürgerIn ist. Aber nur sehr wenige haben diesen legalen Weg gewählt; dies sind vor allem diejenigen, die Vollzeit-Prostituierte sind und die ihre Arbeit unabhängig/selbständig organisieren können und die sich auch nicht davor fürchten, dass andere über ihren Beruf Bescheid wissen.

Zum derzeitigen Zeitpunkt kommen die Mehrheit der Frauen, die in Finnland in der Prostitution/Sexarbeit arbeiten, aus Staaten außerhalb der EU. Mehrheitlich kommen die Frauen aus Russland, Estland und anderen Nicht EU-Staaten. Der Großteil der Frauen, die in Finnland in der Sexarbeit arbeiten, können dies aufgrund der Fremdengesetze nicht legal tun.

Bis Mitte der 90iger Jahre war die Prostitution in Finnland so gut wie unsichtbar. Ich denke, dass das mehrere Gründe hatte. Einerseits aufgrund des Gesetz über die Bekämpfung des Landstreichertums, das bis 1986 in Kraft war und die finnischen Prostituierten gezwungen hat unsichtbar zu arbeiten, und auch aufgrund des Gesetz gegen die Zuhälterei, das sehr effektiv umgesetzt wurde. Auf der anderen Seite haben sich nicht viele Finninen, aufgrund des Wohlstands und des sehr umfassenden Sozialversicherungssystems, für die Arbeit als Prostituierte entschieden. Vor 1990 haben noch nicht sehr viele Migrantinnen in Finnland gearbeitet.

Bis hin zu Mitte 1990 war es langläufige Meinung in Finnland, das es keine Prostitution gibt. Prostitution gehörte auch nicht zur finnischen Wohlfahrtsgesellschaft. Aber natürlich gab es Prostitution! Es hat immer Frauen und Männer gegeben, die es bevorzugt haben der Sexarbeit nachzugehen. Und es hat auch immer welche gegeben, die keine andere Möglichkeit hatten auf einem anderen Weg ihr eigenes Einkommen zu sichern.

In den 80iger und bis Mitte der 90iger Jahre gab es in Finnland so gut wie keine Straßenprostitution. Die Kontakte zwischen Prostituierten und Klienten wurden üblicherweise mit Kontaktanzeigen in Sexmagazinen und Tageszeitungen/Zeitungen hergestellt. Die Anzeigen in den Zeitungen waren sehr diskret und vorsichtig. Einige fanden ihre Klienten in Restaurants oder durch seine Kontakte. Bis in die 90iger Jahre arbeitete die Mehrheit der finnischen Prostituierten unabhängig und ohne Zuhälter; es gab nur vereinzelnd Zuhälter oder kleine Zuhälterringe.

Im Laufe der 90iger Jahre begannen sich die Dinge zu verändern. Der wirtschaftliche Druck in den 90igern verursachte wirtschaftliche Probleme und daher wechselten einige in die Prostitution. Aber der größte Wechsel wurde von Osteuropa beeinflusst. Der Zusammenbruch der Soviet Union und die veränderte Grenzpolitik von Russland machten es Menschen der ehemaligen Soviet Union möglich ihr Land zu verlassen und in andere Länder zu reisen. Aufgrund der immensen Kluft zwischen den Lebensbedingungen der Länder der Ex-Soviet-Union und den westeuropäischen Staaten, kamen vermehrt Frauen aus diesen Staaten nach Finnland um sich hier mit Prostitution ihr Geld zu verdienen.

Im Laufe der 90iger Jahre kam es auch in unserer Kultur und Gesellschaft zu veränderten Anschauungen bezüglich Prostitution und was als passend/geeignet erschien. So starteten z.B. Sexshops offener zu operieren und Striptease und andere Formen der erotischen Performance wurden sichtbarer und üblicher in unserer Gesellschaft.

Diese Veränderungen haben Prostitution in unserer Gesellschaft in einer Art sichtbarer gemacht, die für uns sehr neu war. Frauen aus Russland, Estland und anderen Ländern der ehemaligen Soviet Union kamen nach Finnland um hier in der Prostitution zu arbeiten. Sie arbeiten in Restaurants, Motels, Lodging houses und in Wohnungen, die Zuhältern gehörten. Zuhälterei ist natürlich nach wie vor strafbar, aber die Polizei hat nicht mehr genug Ressourcen um dies effektiv vollstrecken zu können. Aufgrund dieser neuen Gegebenheiten haben nun sogar auch die finnischen Prostituierten begonnen in Zeitungen zu inserieren und sichtbarer und offener zu operieren/arbeiten. Es gibt nun auch Straßenprostitution, die vorher nicht existiert hat. Es sind Finninen und Ausländerinnen die auf der Straße arbeiten.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erklären, warum ich nicht von Migrantinnen sondern von ausländischen Sexarbeiterinnen spreche. Natürlich haben wir auch einige Migrantinnen in Finnland, aber sie sind eine Minderheit unter den ausländischen Prostituierten. Die Mehrheit der ausländischen Frauen in Finnland migrieren nicht, sondern sie besuchen Finnland als illegale Wanderarbeiterinnen. Offiziell besuchen sie Finnland als Touristin, mit einem TouristInnenvisum. Sie kommen meist nur für eine Woche oder einige Wochen und fahren dann wieder zurück nach Hause. Finnland grenzt ja direkt an Russland an.

Aufgrund des großen Zuwachses von Ausländerinen in den späten 90iger Jahren wurde das Fremdengesetz 1999 verändert. Es wurde ein Paragraph hinzugefügt, der festschreibt, dass ausländische Frauen, die verdächtigt werden sexuelle Dienstleistungen zu verkaufen, aus dem Land verwiesen werden können. Dies hat dazu geführt, dass sich die Situation von ausländischen Prostituierten stark verändert hat. Vor 1999 arbeiteten ein Teil der Ausländerinen unabhängig – ohne Zuhälter - in der Prostitution in Finnland. Wurden sie erpresst, dann konnten sie bei der Polizei eine Anzeige erstatten.

Nach Inkrafttreten des neuen Fremdengesetzes 1999 kam es zu einem Anstieg von Fällen wo ausländische Sexarbeiterinnen Gewalt erfahren haben. Russische und estische Zuhälterorganisationen wollten die Kontrolle über die gesamte ausländische Prostitution bekommen. Und natürlich ist es ihnen auch gelungen. Zur Zeit sind alle Ausländerinnen gezwungen für die russischen oder estnischen Zuhälterringe zu arbeiten; sie haben keine andere Wahl und sie können auch keine Anzeigen mehr erstatten, da sie riskieren würden des Landes verwiesen zu werden.

Die Polizei weist auf die alarmierende Situation von Prostituierten hin. Ausländische Zuhälterringe machen ein großes Geschäft und die Polizei hat nicht genug Ressourcen um gegen die kriminellen Organisationen vorzugehen. In der öffentlichen Debatte gibt es Forderungen das Gesetz gegen Zuhälterei zu straffen. Auch die Polizei tritt für ein strengeres Gesetz gegen Zuhälterei und für eine größere Vollmacht für die Polizei ein, um so effektiver gegen die Verbrechen von Zuhältern vorgehen zu können.

Einige Feministinnen und PolitikerInnen traten für eine Bestrafung vom Kauf sexueller Dienstleistungen ein. Seit das Gesetz in Schweden in Kraft ist, wurde auch in Finnland diese Möglichkeit immer wieder thematisiert. Diese Forderungen wurden auch durch die Frauen-/Menschenhandelsdebatte verstärkt. Seit alle Ausländerinnen in der Sexarbeit gezwungen sind, unter der Kontrolle von Zuhältern zu arbeiten, ist die Öffentlichkeit nun sehr von dem „schrecklichen" Frauen-/Menschenhandel aufgeschreckt. Und das ist eine gute Waffe in der Argumentation den Kauf von sexuellen Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Die Argumentationslinie ist ganz einfach: wenn Männer aufhören sexuelle Dienstleistungen zu kaufen können Prostitution und Menschen-/Frauenhandel abgeschafft werden.

Zu Beginn dieses Jahres hat ein neues Gesetz zur „Öffentlichen Ordnung" (common order) das Parlament passiert. Gemäß des Vorschlages der Regierung sah das Gesetz vor, störenden Kauf und Verkauf von sexuellen Dienstleistungen an öffentlichen Plätzen zu verbitten. Unser Parlament entschied aber, das Wort „störend" wegzulassen. Die Motivation hierfür war, das Prostitution in der Öffentlichkeit immer störend ist. Das neue Gesetz definiert das Konzept des „öffentlichen Raums" auch sehr weit. Öffentlicher Raum heißt natürlich Strassen, Parks, Bahnhöfe und so weiter. Aber in diesem Gesetz werden auch Restaurants und Geschäftsräume zum öffentlichen Raum gezählt; das sind alles Plätze wo die Öffentlichkeit Zugriff hat. Dieses Gesetz der Öffentlichen Ordnung ist bis jetzt aber noch nicht in Kraft getreten. Ich glaube, dass das Gesetz nichts verändern wird, da es voll von idealistischen Wünschen ist.

Letzten Dezember hat der Justizminister eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen Vorschlag für ein neues Prostitutionsgesetz ausarbeiten sollte. Die Arbeitsgruppe hat die Bedürfnisse und die Möglichkeiten einer Kriminalisierung des Kaufes von sexuellen Dienstleistung oder auch den Verkauf untersucht. Ihre Aufgabe ist es auch, einen Vorschlag für ein Frauenhandels-Gesetz auszuarbeiten. Die Arbeitsgruppe hat sich mit verschiedenen ExpertInnen getroffen. Ich glaube, dass es ein gutes Zeichen war, dass auch unsere Organisation – SALLI – von der Arbeitsgruppe eingeladen wurde, um unsere Meinungen/Erfahrungen anzuhören.

Das Statement, dass ich im März bei der Arbeitsgruppe präsentierte, wurde von unserem Komitee erarbeitet. Es war eindeutig, dass SALLI gegen eine Bestrafung vom Kauf und Verkauf sexueller Dienstleistungen ist. Aber bei der Definition von Zuhälterei war es schwieriger. Auf der einen Seite schaut es so aus, wie wenn wir den Gesetz gegen Zuhälterei nicht brauchen würden, da er unser Geschäft zerstört. Aber auf der anderen Seite glauben wir nicht, das ein völlig liberales Sexgeschäft automatisch alle Probleme von Prostituierten lösen würde. So kamen wir zum Schluss, dass Zuhälterei neu definiert werden sollte, so dass Zuhälterei als eine Aktivität angesehen werden sollte wo die Rechte der Selbstbestimmung von Prostituierten nicht respektiert werden. Auch unsere Position bezüglich Ausländerinnen/Migrantinnen und Trafficking war ein schwieriges Thema in unserer Diskussion und Entscheidung. Es gibt einige finnische Kolleginnen, die gerne die Migrantinnen aus Finnland „vertreiben" würden. Aber wir kamen zum Schluss, dass wir Migrantinnen nicht ausschließen können. Wenn wir davon ausgehen, dass unser Recht zu arbeiten und unser Anrecht auf sichere Arbeit grundsätzliche Menschenrechte sind, die allen zustehen, dann müssen wir auch akzeptieren, dass Menscherechte genauso auch den Auländerinnen/Migrantinnen zustehen. So entschieden wird, dass wir fordern, dass Ausländerinnen/Migrantinnen einen legalen Status bekommen sollten, um hier legal arbeiten zu können.

Die ministerielle Arbeitsgruppe des Justizministeriums wird am 3. Juli 2003 ihren Bericht abgeben. Wenn ich nach dem Seminar wieder zurück in Finnland bin, glaube ich, dass ich Statements dazu an die Medien abgeben werden muss. Die schwierige Debatte um das Prostitutionsgesetz wird in Finnland weiter fortgesetzt werden.


Schweden

Nun möchte ich zur Situation in Schweden kommen. Bis 1999 hatte Schweden ein ähnliches Gesetz wie Finnland. Zuhälterei war ein strafrechtliches Delikt, aber nicht die Aktivität von Prostituierten oder Klienten.

Prostituierte müssen auch in Schweden Steuern bezahlen; aber einige schwedische Prostituierte hatten hiermit sehr schlechte Erfahrungen. Diese Frauen, die sich bei der Steuerbehörde gemeldet haben, wurden Opfer falscher Einschätzungen durch die Steuerbehörde. Die Steuerbehörde hat den Steuererklärungen der Prostituierten keinen Glauben geschenkt. Sie nahm an, dass die Prostituierten viel mehr verdienen müssten und sie hat sie gezwungen Steuern zu bezahlen, die zu viel höheren Einkommen passten. So wie ich das verstanden habe, ist das ein Grund warum in Schweden praktisch keine Prostituierte, die legal arbeitet, auch Steuern bezahlt; auch nicht vor dem neuen Gesetz von 1999.

In Schweden war die Prostitution ein bisschen sichtbarer als hier in Finnland; aber nichts desto trotz war die Prostitution in Schweden eher gering, im Vergleich mit anderen Ländern. Bezugnehmend auf eine Untersuchung, die die schwedische Regierung Mitte der 90iger Jahre durchgeführt hat, gab es ca. 2.500 Prostituierte. Davon waren 650 Straßenprostituierte und die
Hälfte davon waren drogenabhängig. (Die Gesamtbevölkerung von Schweden beträgt ca. 9 Millionen)

Das Sozialversicherungssystem in Schweden ist sehr gut organisiert. In den größeren Städten gab es auch spezialisierte SozialarbeiterInnen, die Prostituierte unterstützten. Es gab sogar Programme für sexabhängige Klienten, die erfolgreich waren.

1998 hat das schwedische Parlament den Gesetzesentwurf der Regierung „Gewalt gegen Frauen" zugestimmt. Es handelt sich hierbei um ein umfassendes Programm von Maßnahmen, die zum Ziel haben, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Ein Teil dieses Gesetzesentwurfes ist das Gesetz, dass den Kauf von sexuellen Dienstleistungen bestraft. Es trat mit Jänner 1999 in Kraft. Im Zuge dessen wurden der schwedischen Polizei zusätzliche Mittel zur Vollstreckung dieses Gesetzes zur Verfügung gestellt. Zur selben Zeit wurden aber die Sozialprojekte, die mit Prostituierten arbeiteten, finanziell gekürzt.

Dieses Gesetz hat die Situation von Prostituierten in Schweden um vieles verschlechtert, da sie nun verstärkt Gewalt und Risiken ausgesetzt sind. Prostituierte können auch keine Anzeigen mehr, über ihnen zugefügte Gewalt, bei der Polizei machen, da sie nicht wollen, das die Polizei ihnen „auflauert"/auf sie aufmerksam wird und ihre Kunden vertreibt. Prostituierte fühlen sich auch nicht mehr sicher, um Sozialeinrichtungen zu kontaktieren.

Das Gesetz hat auch dazu geführt, dass die Straßenprostitution abnahm; die Gesamtanzahl der Prostituierten hat sich aber nicht verringert. Gewalt gegenüber Prostituierten und auch andere spezifische Probleme haben zugenommen, wenn auch das Ziel des gesamten Gesetzes war, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Wie sollten wir dies nun verstehen?

Es braucht hierfür eine Erklärung des ideologischen Klimas in Schweden. Es gibt hierfür zwei Haupterklärungen: radikaler Feminismus und die paternalistische Wohlfahrtsgesellschaft.

Die schwedische feministische Bewegung hat bestimmte „puritanische" Merkmale, den „freien Sex" und speziell die kommerzielle Sexindustrie abzulehnen. Noch immer wird es im „liberalen Schweden" härter und es hat alle politischen Parteien, wie auch die öffentliche Debatte, sehr stark beeinflusst. Ihrer Meinung nach sind alle Frauen den Männern untergeordnet, und in diesem Kontext kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Frauen einen freien Willen haben. Frauen sind Opfer des Patriarchats und müssen daher vom Staat beschützt werden, um nicht „falsche Dinge" zu tun.

Prostitution wird nicht als ein soziales Problem gesehen, sondern eher als ein Symptom der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Prostitution ist der stärkste Ausdruck der männlichen Unterdrückung und Missbrauchs von Frauen. Es ist Gewalt gegen Frauen. Bezugnehmend auf diese Sichtweise, kann keine Frau freiwillig den Verkauf sexueller Dienstleistungen wählen. Einwilligung/Zustimmung zählt nicht. Sie ist immer ein Opfer. Deshalb werden die Klienten zu Kriminellen gemacht, aber nicht die Prostituierte. Das Gesetz ist formell genderneutral, aber in den Verhandlungen/Debatte wurden die Prostituierten immer „die Frauen" genannt and die Klienten „die Männer". Indem man das Verbot zu einer feministischen Fragestellung macht, werden juristische und soziale Bedenken und Einsprüche unwichtig. Das wichtige war die Männer zu bestrafen.

Eine andere Erklärung ist die schwedische Wohlfahrtsgesellschaft, die Tradition einer angewandten Sozialwissenschaft und des Staatspaternalismuses. Wenn die Prostitution in Schweden auch kein großes Problem darstellte, so war es doch ein Phänomen, das nicht zu den utopischen Ideen des schwedischen Wohlfahrtstaates passte. Eines der Hauptargumente für das Gesetz war, das es notwendig war hervorzuheben, dass „wir" in „unserer" Gesellschaft keine Prostitution akzeptieren. Wenn auch einige erkennen werden, dass das Gesetz nicht dazu führen wird, die Prostitution zu beenden, wollen sie immer noch ihr symbolisches Gesetz für ihre eigene Genugtuung. Das Gesetz wurde hierfür gebraucht, um mitzuteilen, dass Prostitution nicht zum schwedischen Wohlfahrtsstaat passt.

Als der Vorschlag, Kunden zu bestrafen, gemacht wurde, waren viele wichtige Personen und Organisationen dagegen. Unter anderem waren dies der höchste juristische Regierungsexperte, der Justizminister, viele SozialarbeiterInnen und die Prostituierten selbst. Alle wurden einfach von den VerbotsbefürworterInnen überrannt. Sie berücksichtigten nicht die auf Fakten basierenden Einwände und sie berücksichtigten auch nicht, die auf internationaler Ebene gemachten Erfahrungen. Alles was zählte war ihre Ideologie – und nicht die Realität.

Nach vielen Jahren von Lobbyarbeit von bestimmten radikalen feministischen Gruppen entschied 1998 die Sozialdemokratische Partei, dass der Kauf von sexuellen Dienstleistungen verboten werden sollte. Es gab zwar noch immer keine Mehrheit bei den Parlamentsabgeordneten, aber das Gesetz wurde aufgrund des sogenannten „Party-whip" (jedeR musste nach der Parteilinie abstimmen) durchgebracht. Nun ist es seit 1.Jänner 99 in Schweden illegal sexuelle Dienstleistungen zu kaufen oder dies zu versuchen. Aber das Anbieten und der Verkauf ist legal!
Die BefürworterInnen des Gesetzes weisen darauf hin, dass das Gesetz erfolgreich war und das es für den Rest der Welt ein Vorbild ist. Auch die Kampagnen ihrerseits waren erfolgreich.

Noch vor Inkrafttreten waren die Mehrheit der SchwedInnen gegen das Gesetz, aber nun ist die große Mehrheit – laut einer Umfrage – für das Gesetz. Aber es gibt auch kritische Stimmen.
Das staatliche Kriminalamt von Schweden warnt in einem Bericht an die Regierung, dass das Sexgewerbe gewalttätiger geworden ist. Das Verbot hat es schwieriger gemacht Prostitution offen zu betreiben. Aufgrund des Gesetzes sind Klienten auch nicht mehr gewillt in Fällen von Zuhälterei als Zeugen auszusagen. Besonders besorgniserregend ist der Handel mit Migrantinnen, welche häufig ganz in die Hände von Zuhälter gelangen. Die Behörden fordern eine Evaluation darüber, wie das neue Gesetz sich auf die Geheimprostitution auswirkt. Mit der Einführung des neuen Gesetzes nahm die Straßenprostitution ab, aber stattdessen hat die Prostitution in Hotels, Restaurants und über Internet zugenommen.

Die Polizei berichtet auch, dass die Bekämpfung der Zwangsprostitution und des internationalen Frauenhandels schwieriger geworden ist. Die Zuhälter bedrohen die Prostituierten, indem sie sagen, dass Prostitution illegal ist. Auf der anderen Seite sind die Klienten nicht bereit auszusagen, da sie sich dann ja für schuldig erklären würden ein Verbrechen begangen zu haben. Migrantinnen werden meist noch vor den Verhandlungen außer Land geschickt, und auch wenn sie noch im Land sind, sind sie verängstigt, da die Zuhälter ihnen androhen zu schweigen. Ohne ZeugInnen hat die Polizei und die Staatsanwaltschaft große Probleme Beweise vorzulegen.

Die Kritik, wie die Regierung mit dem Thema Prostitution umgeht, wächst. Angebote von SozialarbeiterInnen werden vermisst, da das meiste Geld nun zur Polizei geht. Außerdem ist nun die Prostitution noch verdeckter und im Untergrund als zu vor und es ist noch schwieriger geworden die Sexarbeiterinnen zu erreichen.

Seit in Krafttreten des Gesetzes sind nur wenige Klienten verurteilt worden. Das „Verbrechen" ist auch schwierig zu beweisen, auch dann wenn der Klient sich für schuldig bekennt oder die Prostituierte gegen ihn aussagt – was aber sehr selten vorkommt. Die Polizei, Ankläger und der Generalstaatsanwalt disqualifizieren daher das Gesetz.

Die Prostituierte ist fast nie bereit gegen einen Klienten auszusagen, da sie oder er sich selbst nicht als Verbrechensopfer sieht – und sie/er ist auch nicht zur Zeugenschaft verpflichtet, da dies laut Gesetz niemand tun muss, wenn berücksichtigt wird, dass es Schande über jemanden bringen kann. Wie es überhaupt ein Verbrechen ohne Opfer geben kann, ist eine andere Frage. Es hat sich gezeigt, dass es unmöglich ist jemanden gegen seinen Willen für schuldig zu erklären.

Prostitution findet auch in Schweden neue Wege; sie ist in den Untergrund gegangen. Die Straßenprostitution hat sich halbiert, aber laut Aussagen der Polizei gibt es Prostitution nach wie vor im selben Ausmaß – außerhalb der Sicht der Gesellschaft, der Kontrolle und der Unterstützungsmöglichkeiten.
Es ist bekannt, dass die Anbahnung der Sexgeschäfte nun über Mobiltelefone, informelle Kontakte, in Hotels und Nachtklubs und via Internet getätigt werden. Die Anzahl der Wohnungsbordelle ist gestiegen und auch die Macht und die Möglichkeiten der Zuhälter!

Aber auch die Kritik gegen die Regierungslinie, wie sie mit dem Thema Prostitution umgeht, steigt. Die Allianz der Kommunen weisen darauf hin, dass die Ressourcen der SozialarbeiterInnen zu gering sind und dass das ganze Geld zur Polizei geht.
Die Prostitution in Schweden findet neue Wege. Aber diese Prostituierten, die es gewohnt waren auf der Straße zu arbeiten, und hier vor allem die Drogenabhängigen, sind heute verzweifelt.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht aus Schweden. Eine Organisation für Sexarbeiterinnen wurde vor einigen Monaten gegründet!

Ich möchte zum Abschluss und in diesem Kontext noch einmal kurz etwas zu Finnland sagen.
In Finnland haben besonders die Feministinnen ähnliche Argumente wie in Schweden benutzt. Aber zur Zeit ist das Hauptargument innerhalb der Debatte der Frauenhandel. In Finnland sind die radikalen Feministinnen auch nicht so dominant wie in Schweden. Aber die Angst und der Hass gegen RussInnen ist viel stärker. Der Hass gegen Russen und Russinnen gründet sich auf unsere dramatische Geschichte mit Russland.

Ich habe versucht zu verstehen was hinter dieser schrecklichen Prostitutionspolitik steckt. Wie ist es möglich, dass destruktive Gesetze als beschützend ausgegeben werden können? Warum sind einige PolitikerInnen und Feministinnen unfähig den Standpunkt von Prostituierten zu verstehen? Ich habe keine andere Antwort als folgende gefunden: Fremdenangst, Angst vor AusländerInnen, Angst vor Menschen, die nicht in das System passen und Angst vor weltweiten Problemen, die nicht außerhalb unserer westlichen Gesellschaft gehalten werden können. Aber dieses „Angstproblem" finde ich auch unter den SexarbeiterInnen. Es existiert Misstrauen zwischen verschiedenen Gruppen von SexarbeiterInnen. Pornomodelle denken, dass sie „was besseres" sind als Stripteasetänzerinnen. Und Stripteasetänzerinnen glauben, dass sie „was besseres" sind als Prostituierte. Und finnische Prostituierte glauben, dass sie besser sind als die russischen Prostituierten.

Wie können wir bessere Gesetze bekommen? Ich glaube, dass Lobbyarbeit für legale/gesetzliche Reformen nicht ausreicht. Das wichtigste ist, für das Verständnis und den Respekt zwischen verschiedenen Menschen einzutreten/zu arbeiten!
 
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Ladylover

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Prostitution in Finnland

Zur Situation in Finnland kann ich ja mal, da ich öfters dort bin, meine Erfahrungen schildern: offiziell ist es natürlich schwierig mit diesem Thema. Wenn man(n) aber etwas sucht, findet sich auch die eine oder andere Möglichkeit.

Zum Beispiel in den Großstädten die Gelben Seiten durchblättern und bei den Bars nach Namen suchen, die entsprechende Assoziationen wecken. Ich nenne natürlich keine Namen (eventuell per PN), um den Betreibern und den Mädels keinen Streß zu machen. Aber in Helsinki, Lahti, Mikkeli war es kein Problem, einen offiziell erlaubten Privatstrip in einem Extraraum mit kleiner Bühne und Waschbecken zu buchen. Man ist dann mit dem Mädel allein. Das Mädel tanzt, entblättert sich und reckelt sich auf der Bühne. Kommt bei nettem Locken auch herunter. Mann sitzt in einem Sessel. Und je nach Sympathie und Verhalten des Girls einfach fragen. Verbal bzw. mit entsprechenden Blicken und Streicheln. Ging immer. Wobei die Tür dann abgeschlossen wurde und die Info kam, wenn es klopft, ganz schnell wieder anziehen, wegen Polizei und so. Ist aber nie passiert und die Girls waren immer äußerst nett. Und natürlich hübsch, halt finnische Mädels, blond und schlank. Nie Ausländerinnen getroffen in diesen Clubs. Situationsbedingt war es natürlich immer nur ein Quickie, aber bis auf 1 Mal wegen heißem Sommer, lag an mir, immer sehr geil. Preise waren immer so 15-20 Euro für den Strip und 50 Euro für den Quickie. Immer auch sehr sauber in den Räumen und jederzeit zu wiederholen.

Bei den Clubs gibt es 2 Varianten: Eintritt zahlen oder auch nicht, hängt vom Club und den Getränkepreisen ab, hinsetzen und die verschieden Mädels tanzen an der Stange bzw. am Tisch. Ist eher was, wenn, man mit Kollegen unterwegs ist. Alles Weitere liegt dann beim Gast, wobei sie sehr stark am "Baggern" sind. Ist ja auch ihr Job. Ich bevorzuge die andere Variante, wo man von vornherein ein Einzelmädel aussucht.

Nur einmal in Mikkeli waren in dem einen entsprechenden Club im Eingangsbereich relativ viele breitschultrige, südländisch aussehende Männer, die auch noch einen scannenden Blick drauf hatten. Da war ich denn doch vorsichtig, habe dann nur meine Cola getrunken und bin wieder gegangen.

Andere Möglichkeit sind entsprechende Massage-Schilder. Auch im Telefonbuch bzw. an den Einfallssstraßen zu sehen. Das sind oft Thaimassagestudios, in denen man erst mal in die Sauna geht. Erstens zur Reinigung, zweitens zur Lockerung. Danach gibt es die entsprechende Massage. Dabei bleibt es auch, es sei denn Mann fragt nach, ob die Dame auch "mehr" mache. Ging auch immer. Dann habe ich meistens 80-100 Euro für eine tolle Stunde Massage mit FO und GV bzw. FT bezahlt. Diese Etablissements waren immer nicht so die optischen Highlights aber sauber. Die Damen aus Thailand waren auch schon älter und die Figur war nicht mehr ganz so knackig. Ist meine aber auch nicht ;-) Der Service war jedenfalls dank ihrer Erfahrungen immer gut.

Mein Fazit: man braucht etwas mehr Recherchezeit als in Deutschland. Wer jung, nett, sehr schön und Quickie will, sollte in die Bars/Danceclubs gehen. Wer etwas mehr Zeit hat und relaxen möchte mit abschließender Entspannung, ist sicher bei den Massagen besser aufgehoben.
 
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