Tron
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Eltern kämpfen gegen "Loverboys"
Düsseldorf (RP) Männer suchen junge Mädchen vor Schulen, in Jugendtreffs und im Internet. Sie verführen sie und zwingen sie zur Prostitution. Ein Vater bricht nun sein Schweigen: Als seine Tochter Opfer von so genannten "Loverboys" wird, gründet Dirk R. die erste deutsche Elterninitiative. Tag für Tag melden sich dort Opfer und Angehörige.
Aufklären und andere Eltern warnen, das ist für Dirk R. ein großes Anliegen. Ihnen soll nicht passieren, was er erlebt hat. Seine einzige Tochter wurde Opfer von so genannten "Loverboys": "Mit der Masche Liebe machen die jungen Männer sich an die minderjährigen Mädchen heran. Es ist eine Form der Gehirnwäsche, bis die Mädchen kein Selbstwertgefühl mehr haben und alles tun", sagt er. "Loverboys" übernehmen die völlige Kontrolle, zwingen die Mädchen zur Prostitution, regeln ihren Alltag.
Mit Flyern und einer Internetseite hat der betroffene Vater die Elterninitiative für Loverboy Opfer Deutschland (
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) gestartet: "Ich habe selbst keine Hilfe gefunden, deshalb wollte ich an die Öffentlichkeit gehen, Erfahrungen mit Betroffenen austauschen und darüber informieren", sagt Dirk R.Oft sind die Opfer sehr jung, zwischen elf und sechzehn Jahren alt. Die jungen Männer suchen sie gezielt vor Schulen, in Jugendtreffs oder via Internet, aus. Die neuen Freunde treiben schnell einen Keil zwischen die Mädchen und ihre Familien, beschreibt Bärbel Kannemann das Vorgehen der "Loverboys". Die pensionierte Hauptkommissarin kümmert sich seit zwei Jahren um deutsche Opfer und weiß, es ist für die Betroffenen schwer, sich aus den Fängen der "Loverboys" zu lösen. "sie können nicht einfach gehen, die Gewaltandrohungen sind enorm. Die Opfer schweigen aus Angst."
Was oft als erste Liebe beginnt, wird schnell zum Horrortrip: Vergewaltigungen, Schläge und Drogen gehören dazu. Lügen halten den Alltag aufrecht, denn oft gehen die jungen Mädchen weiter normal zu Schule, Angehörige merken die Veränderungen spät. So ging es auch Dirk R. Dass seine Tochter die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abbricht, fällt zunächst nicht auf. Sie verlässt das Haus täglich ganz normal. Bis durch einen Anruf des Arbeitgebers das Fehlen auffällt.
Scham und Verzweiflung, die Frage nach dem "Warum": Für Dirk R. drehte sich zunächst alles im Kreis, als er erfährt, dass seine Tochter als Prostituierte arbeitet. Damit begann auch die Hilflosigkeit. "sie war sogar drei Monate verschwunden, ging nicht mehr an ihr Handy, hatte ihre Sachen mitgenommen. Da sie volljährig war, konnten wir nichts tun", sagt er.
Seine Suche bleibt zunächst erfolglos. "Irgendwann stand sie dann wieder in der Tür, wollte ein paar Sachen holen. Doch sie wurde kontrolliert, ihr Handy ging ständig", sagt der Vater. Auch das sei typisch: Die Entfremdung war schleichend: teure Parfüms, Kleidung, Handys, das Verhalten der jungen Frau veränderte sich. Er vermutet, dass sich der Kontakt zum "Loverboy" im Internet anbahnte.
Viele suchen in den sozialen Netzwerken nach ihren späteren Opfern. Die Fälle ähneln sich, weiß Dirk R. seit sich Opfer und Angehörige auf der Internetseite der Initiative melden. "Für mich ist das eine Bestätigung, dass ich nicht alleine bin", sagt er. Mittlerweile hat er mit wieder Kontakt mit seiner Tochter: "Wir sind auf einem guten Weg, aber der ist noch lang. Wir können nicht einfach über alles reden", sagt er. Die Initiative des Vaters findet die Tochter gut. Sie hoffe, dass so etwas anderen nicht passiere, sagt er.
RP online, 24.05.2011