• Anforderungen zur Nutzung des Freiermagazins

    Dieses Forum wurde lange Zeit nur wenig moderiert, es hat sich wie die meisten Foren zu einer Müllhalde entwickelt. Private Gespräche, notgeile Fragen und Unmengen an Einzeilern wurden eingestellt. Das hört jetzt auf. Wir erwarten informative Beiträge in einer lesbaren Sprache. Für private Unterhaltungen nutzt man das Nachrichtensystem. Wer das leisten kann und will, ist herzlich willkommen. Alles und jeder, der nicht zu diesen Anforderungen passt, wird kommentarlos aussortiert.
  • Neues Pattayaforum online

    Für Insider und Kenner gibt es ein neues Pattayaforum ohne öffentlichen Zugang.

    Diese Information kann wie die meisten Einblendungen dieser Art mit dem X rechts oben gelöscht werden.

Magazin Hamburg: SexarbeiterInnen begehren auf

Tron

User
Beiträge
2.067
C
0 0 0 0
PROSTITUTION Am Samstag protestiert das Bündnis "Recht auf Straße" gegen Kriminalisierung und Verdrängung der Sexarbeit im aufgewerteten St. Georg

Sonja Obermüller ist besorgt. Die Sozialarbeiterin beobachtet eine zunehmende Stigmatisierung und Kriminalisierung der SexarbeiterInnen in St. Georg, mit denen sie auch selbst arbeitet. Oftmals genüge der Polizei schon eine bestimmte Bekleidung, um jemanden als "besonders auffällige Person" zu identifizieren. "Und so bekommen sogar Frauen, die im Viertel wohnen, Platzverweise", sagt Obermüller.

Für die AktivistInnen des Bündnisses "Recht auf Straße" ist das Sperrgebiet ein Instrument der Vertreibung und Kriminalisierung. Darüber hinaus ermögliche die Ausweisung des Quartiers als Gefahrengebiet polizeiliche Kontrollen ohne konkreten Anlass. St. Georg, sagt Sozialarbeiterin Obermüller, sei "immer schon heterogen" gewesen. Bemerkenswert findet sie, "dass die Heterogenität jetzt problematisiert wird, während es früher klar war, dass man sich arrangieren muss".

Aus Sicht von Tina Habermann vom Bündnis ist die Entwicklung ein Kristallisationspunkt der derzeitigen Stadtentwicklungs- und Aufwertungpolitik, bei dem aber auch Fragen von Kriminalisierung und Repression oder auch Arbeitsmigration zentral sind. Für die SexarbeiterInnen erhöhe sich der Druck: Durch Krise und Kriminalisierung kämen immer weniger Freier und die Konkurrenz unter den SexarbeiterInnen steige. Freier und Prostituierte müssen mit einem erhöhten Bußgeld rechnen.

"Die Polizei wird auch dann tätig, wenn sich Anwohner beschweren", sagt Polizeisprecher Holger Vehren. SexarbeiterInnen und DrogenkonsumentInnen würden anhand ihrer Kleidung und ihres Kontaktverhaltens ausfindig gemacht. Auffällig seien aber auch Menschen, die sich regelmäßig im Viertel aufhalten.

Die Aufwertung hinter dem Hauptbahnhof schreitet seit Jahren voran. Ende Juni wurde der neue Hansaplatz eröffnet. Gentrifizierungskritiker befürchten, dass der Strich bald ganz aus St. Georg verschwinden soll. Der Bezirksamtschef von Mitte, Markus Schreiber (SPD), will den Straßenstrich nach Rothenburgsort verlegt sehen. Dadurch würden die SexarbeiterInnen, erklärt nicht nur das Bündnis, aus ihrem Schutz bietenden Umfeld vertrieben in ein Industriegebiet. LKA

Aktionstag "Recht auf Straße": morgen, 16 bis 20 Uhr, Hansaplatz


taz, 08.07.2011

http://www.taz.de/1/nord/hamburg/artikel/?dig=2011%2F07%2F08%2Fa0247&cHash=7a06a81f26
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Tron

User
Beiträge
2.067
C
0 0 0 0
Demo auf dem Hansaplatz

Zwei Welten beäugen sich

Hunderte fordern auf dem Hansaplatz, dass die Sexarbeiterinnen bleiben dürfen. Dagegen grillt gleich nebenan eine Anwohnerinitiative an.

"Toll! ", freut sich Emilija Mitrovic, Anwohnerin und Verantwortliche des Projektes "Arbeitsplatz Prostitution" bei der Gewerkschaft Ver.di: "Die erste Demo auf dem neu gentrifizierten Hansaplatz - und dann zu diesem Thema." Und dann zeigt sich am Himmel, wenig später, auch noch ein Regenbogen. Dem freilich ein kräftiger Platzregen vorausgegangen war. Ein Transvestit auf High-Heels nutzt die Gunst der Stunde und zieht gezielt mediale Aufmerksamkeit auf sich - Synonym des Protestes gegen die Stigmatisierung der Sexarbeit in St. Georg.

Berichte zu Hamburg: SexarbeiterInnen begehren auf im Freierforum

Samstagnachmittag auf dem Hansaplatz in St. Georg: Mehrere hundert Menschen - darunter rund 30 Sexarbeiterinnen - fordern ein "Recht auf Straße". "Gegen Repression und Kriminalisierung" wenden sich Transparente, was nicht nach klassischem Huren-Protest klingt. Mehrere Feministinnen aus dem Netzwerk "Recht auf Stadt" posieren als Sexarbeiterinnen im kurzen Rock, runtergerutschten Netzstrümpfen und hochhackigen Pumps. "Was du dir alles beim Sex angeln kannst", steht etwas entfernt an einem Infostand der Stadtteil-Sozialarbeit. Dann wieder können sich die Anwesenden bei einer Performance mittels rosa Papp-Händen outen - auf Aussagen hin wie "Ich bin eine Prostituierte."

Anlass des Protestes sind die Pläne von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD), den sogenannten Straßenstrich aus St. Georg zu vertreiben nach Rothenburgsort, wo die Sexarbeiterinnen schutzlos ihren Freien ausgeliefert wären. Dazu haben die Stadtväter zwei Instrumente geschaffen: Einerseits erlaubt die Sperrgebietsverordnung der Polizei, trotz grundsätzlich legaler Prostitution Sexarbeiterinnen mit Bußgeldern zu belegen. Andererseits die Errichtung von polizeilichen Gefahrengebieten unter Berufung auf den örtlichen Drogenhandel. Ins Visier gerate, wer "szenetypisch" gekleidet sei, sagt eine Sprecherin. "Ob Stöckelschuhe, Rock oder Jeans und Pulli, ist egal."

In einer Ecke des Platzes hat die Hansaplatz-Initiative zeitgleich zum Protest eine Versammlung angemeldet: Sie unterstützt die Pläne des Bezirksamts, möchte aber nicht von einer "Gegenveranstaltung" sprechen, lieber von einem "Anwohnertreff zum Grillen", sagt ein Sprecher: "Wir müssen mit dem leben, was hier ist." Die "Recht auf Straße"-Leute nennt er "wildgewordene Kleinbürger aus Niedersachsen", die sich um die Rote-Flora-Szene scharten.

Die "Geldwäschegeschäfte" im Stadtteil müssten weg, um "humanistische Räume" zu schaffen, in denen sich wieder Familien als "Stabilisierungsfaktor" ansiedeln könnten. Und während ein Gastwirt für jeden Meter Außengastronomie Steuern zahlen müsse, nähmen die Sexarbeiterinnen kostenlos Räume in Anspruch und führten höchstens etwas an "ihren rumänischen oder bulgarischen Zuhälter" ab.

Skeptisch beäugt eine andere Anwohnerin das Geschehen auf dem Platz. "Die wissen gar nicht, wie laut es hier immer ist", sagt sie. Sie hielte einen Kompromiss für denkbar: Das Sperrgebiet könnte, wie auf St. Pauli, ab 20 Uhr bis in die frühen Morgenstunden ausgesetzt werden.

Dem Vorschlag widerspricht, zurück auf dem Platz, Michael Joho von der Einwohnerinitiative St. Georg: Seit Jahrzehnten gebe es Prostitution im Stadtteil. Auch wenn er 1961 zum Sperrgebiet erklärt worden sei, habe das lange keine Auswirkung gehabt. Bis vor zwei Jahren habe Konsens geherrscht, sage Joho: "Was drogensüchtigen Prostituierten nützt, nützt auch dem Stadtteil."


taz, 10.07.2011

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Oben