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Thailand Kommunist Buddha

I

Infatuated

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Dies ist eine kleine unwichtige Begebenheit in Pattaya kurz nach der innerdeutschen "Wende". Eine völlig unbekannte Sorte von Touristen bereicherte das bunte Leben. Sie sprachen Deutsch mit sächsischem oder brandenburgischem Dialekt.

Auch in Pattaya bahnte sich eine Wende an. Bisher einflussreiche farangs im Entertainment Business wurden mit fadenscheinigen Begründungen des Landes verwiesen, oder aus versehen umgenietet. Ein chinesischer Mafiaboss, der halb Pattaya kontrollierte hatte sich totgesoffen, die Saudibesitzer des arabischen Viertels in Pattaya durften wegen besonderer Vorkommnisse nicht mehr nach Thailand fliegen. Die Karten wurden neu zugunsten der Thais gemischt.

Alles war im Umbruch.

Es war eine verrückte Zeit...
 
Kommunist Buddha Teil I

Es war einer der Sommer nach der Wende, der innerdeutschen Wende. Die Welt war nicht mehr die gleiche. Der kalte Krieg schien eine längst vergangene und legendenhafte Mythologie zu sein. Die Mauer mit ihren Wachtürmen eine erhaltungswürdige Ruine, gleich dem Limes, der Verteidigungslinie zwischen den germanischen Barbaren und den zivilisierten Römern. Selbst junge Menschen fühlten sich auf einmal alt. Ertappten sie sich doch bei der Bemerkung: damals als es noch die Mauer gab...einer Redewendung, schwanger mit historischem Gewicht.

Pattaya nahm, oberflächlich betrachtet, bis auf die ansässigen Expatriates keine besondere Notiz davon. Die Barmädels erweiterten allerdings auf ihre wie immer ganz besondere Art und Weise das Anbagger-Ritual um eine wesentliche Frage. Um welche, werden wir noch erfahren.

Familienurlauber bevölkerten die Strassen, erweckten den Anschein von mehr Umsatz. Einer Illusion, wie mir unzählige Barbesitzer erzählten. Die neuentstandenen Shopping Center strapazierten allerdings das Portmonee des Ernährers, dem es dazu noch bei Strafe verboten war, sich alleine an einer der vielen Bierbars niederzulassen. Familien gab es viele Anfang der 90ziger Jahre. Trotz immer noch versauter Bay, trotz ständiger Baustelle auf der Beach Road, vieler Neueröffnungen von Bierbars, besonders auf der 2nd Road und in den vielen Sois zwischen Beach Road und derselben, hatte es die thailändische Promotion-Maschine verstanden, Farang-Pärchen und Familien an diesen Ort zu locken. Nicht zuletzt durch Package-Tours, die standardmäßig ein paar Tage und Nächte Pattaya beinhalteten.

Einige offen denkende Pärchen verbrachten so manches Schäferstündchen zusammen mit einer Thaiholden, zum Spaß und Vergnügen von Männlein und Weiblein. Ich kann nicht behaupten, dass solche Pärchen zu Primitivlingen oder Fieslingen gehörten. Im Gegenteil. Auch die auserkorene Thaifee zeigte sich in bester Laune in Gegenwart ihrer neuen Farang-Freundin und deren Göttergatten. Man konnte ihr oft förmlich ansehen, dass sie sich wohlfühlte und offensichtlich, nicht zuletzt wegen der führenden weiblichen Farang-Hand, gut behandelt wurde.

Aber das war nicht die einzige Veränderung, die Pattaya Anfang der 90ziger durchmachte.

Das bunte Araberviertel war in Auflösung begriffen, wechselte die Besitzer. Es war eine einzigartige Chance für die lokalen Thais. Die chinesische Mafia hatte sowieso gehörig bei den Arabern mitverdient, aber auch sie verloren an Macht, da einer ihrer Geldhähne abgedreht war. Eine lokale chinesische Größe hatte sich endgültig todgesoffen. Die Karten wurden neu gemischt.

Die Saudiregierung verbot ihren Staatsbürgern bei Strafe, Thailand zu besuchen, verwies 10tausende der Thai-Gastarbeiter des Landes. Zeitweilig fürchteten wir sogar um unsere Thaifrauen. Aber manch einflussreicher Saudi-Arbeitgeber sprach bei King Fahad vor und sagte ihm, er könne den Laden gleich zumachen, da er seine besten Leute verlieren würde, falls ihre Thaiehefrauen auch des Landes verwiesen würden. Ja, es stimmt. Es gab eine riesige Farang-Thai-Community in Saudi Arabien. Farangs aus aller Herren Länder und mit einem repräsentativen gehobenen Berufsquerschnitt. Doktoren und Engineure, Architekten und Finanziers, Computerspezialisten für die gigantischen und hochmodernen Rechenzentren und Wartungsspezialisten für die neu erworbenen englischen Tornados. Alle der asiatischen Weiblichkeit verfallen und trotz finanzieller Unabhängigkeit und eines gewissen Wohlstandes nicht gefeit vor den schmerzhaften Höhen und Tiefen der unergründlichen weiblichen Thaiseele.

Der Gesichtsverlust auf Seiten beider Nationalitäten saß tief. Die von Thais geklauten Juwelen einer Saudiprinzessin, die die Diebe einfach mit der Post nach Thailand schickten, sorgten für weltweites Gelächter, das Auffinden der Juwelen und deren Zurücksendung nach Saudi Arabien für noch mehr. Denn über die Hälfte der Originalstücke war durch "Fakes" ersetzt, wie man sie überall in Thailand für wenig Geld auf dem Bürgersteig und straffrei erwerben kann. Als wenn es nicht genug damit wäre, gab es Fotos in der nationalen und internationalen Presse, auf denen die Göttergattin des thailändischen Chief Investigators mit dem Originalschmuck auf diplomatischen Empfängen zu erkennen war. Polizeipräsidenten wurden abgelöst oder umgelegt, Angeklagte starben rätselhaften Todes, Zeugen erlagen "Unfällen", bevor sie aussagen konnten. Aber das war eine reine Thaiaffäre. Alles im Archiv der "Bangkok Post" und der "Nation" nachzulesen. Es war ein Krimi in den Tageszeitungen, der täglich neue Nahrung fand.

Fast gleichzeitig gab es einen Arbeitsvisum-Skandal. Wieder zwischen Thais und Saudis. Dazu muss man wissen, dass ein einfacher Thai dafür etwa 30,000 Baht hinblättern musste. Für diesen astronomischen Preis sind so einige Töchter des Isaans oder der Reisschüssel nördlich von Bangkok mangels Cash mit dem Einverständnis der Familie in Freudenhäusern verschwunden, oder haben sich bestenfalls dafür in Pattaya oder Pukhet in einer Bierbar abgestrampelt, damit der Sohnemann steuerfreie Knete in Saudi machen kann.

"Where you come from?"

"From Saudi."

Nach zwei Sekunden, in denen sie für sich entscheidet, dass ich kein Araber bin, die nächste Frage:

"You work?"

"Yes"

"Oh, my brother work there too. He work for driver, Lady, very rich."

war eine nicht selten gehörte Antwort, wobei der "driver" mit Mechaniker, Elektriker, Bauarbeiter, Wartungsarbeiter ("fix air condition") ersetzt werden konnte. In vertrauensvollen Minuten und weil ich eine journalistisch neugierige aber warme Seele habe, verriet mir die ein oder andere, warum sie wirklich Geld nach Hause schickte. Dabei war sie nie sauer auf ihren Bruder. Im Gegenteil. Sie liebte ihn besonders. Falls er allerdings der "husband" war, sah die Sache schon ganz anders aus. Der schickte meistens nur die ersten paar Monate lang Geld, dann immer weniger, bis der Segen schließlich ganz versiegte. Sie würde es ihrem neuen Farang-Ehemann nie erzählen. Zu sehr hätte sie Angst davor, dass er ausklinkt, wenn sie ihm das mitteilen würde.

Ja, es ist wahr. Auch wenn wir es meistens nicht wahrhaben wollen. Diese Mädels haben oft eine sehr individuelle Geschichte, ihre spezielle Vergangenheit. Sie kommen nicht aus dem Nichts und haben nur auf den sie heirateten Götterprinzen in abgeschotteter lebensfremder Einsiedelei gewartet. Gehen völlig unbeschwert und unbefangen ihre Farang-Partnerschaft fürs "Leben" ein. Nein. Sie alle tragen eine Last, haben Lebenserfahrungen gesammelt, die sie meist zuallerletzt ihrer Errungenschaft mitteilen. Sie wollen einfach ihre neues "Farang-Glück" damit nicht belasten. Wie viele von uns haben schon einer westlichen Bardame Dinge erzählt, die unsere Holde und manchmal unser bester Freund nicht wissen durfte? Die westlichen Bardamen sind nicht stolz darauf. Genauso wenig wie ich, wenn mir mal ein Patty Girl was erzählt hat, was ihr Prinz nicht wissen durfte.

"Mai put Farang" (erzähl's nicht dem Farang)

sagt sie dann mit einem Blick auf den in sie unsterblich verliebten Urlauber, der gerade vom Pinkeln zurückkommt und auf dem Pissoir, mit Blick auf seinen besten Freund in der Hand, den Entschluss gefasst hat, für den Pass, das Visum und das Ticket seiner Angebetenen zu sorgen.

Der offizielle, amtliche Preis für ein Arbeitsvisum in der Saudi Botschaft lag unter 5,000 Baht. Die wenigen Thaibroker, die sich das Geschäft teilten, steckten mit den Saudis unter einer Decke. Die Saudi Attaches kassierten den Löwenanteil von den 30,000. Der Thai Broker konnte sich glücklich schätzen, falls er ein paar tausend Baht von dem Batzen erhielt. Falls jetzt jemand meint, so what? Was sind schon 30,000 Baht? erkennt vielleicht das Ausmaß nicht. Arbeitsvisa wurden immer zu Hunderten geordert, Vorauszahlung, versteht sich. 30,000 Baht mal hundert? Richtig! Wir bewegen uns im Millionenbereich. Ein paar besonders klevere Saudi Attaches fanden trotz pünktlicher Zahlung Gründe, nicht zu liefern. Sie lagen eines morgens bei Arbeitsbeginn tot und schweinisch blutend vor der Saudi Botschaft in Bangkok, umgelegt mit einem Schnellfeuergewehr von einem auf dem Rücksitz hockenden Killer eines artistisch fahrenden Mopedfahrers. Die wurden nie identifiziert. Als Expatriate in Saudi Arabien, zu der Zeit, durfte ich in der lokalen Saudi Gazette lesen, dass diese Leute im Dienste des Vaterlandes gestorben seien. Da ich ein gutes Verhältnis zu meinen Saudi Kunden hatte, ja sogar mit einigen befreundet war, wagte ich zu fragen, was sie über diese ganze Angelegenheit denken würden. Ihre Antwort war ohne Ausnahme offen und eindeutig.

"Wusstest du etwa nicht, dass sich unsere Diplomaten um Jobs in Thailand, den Philippinen, Sri Lanka, Pakistan und Indien reißen? Die kommen alle als Dollar Millionäre zurück. Nämlich genau aus diesem Grunde. Die holen sich dort innerhalb von drei Jahren mit den Arbeits-Visa eine goldene Nase. Die Jungs in Thailand hatten halt Pech."

Ja, glaubt es mir. Mit der jungen gebildeten Saudi Generation kann man arbeiten. Die blicken durch. Es fehlt nur der Funke Selbstbewusstsein, und der Fundamentalismus hätte in diesem Lande keine Chance mehr. Es wäre eigentlich nicht erwähnenswert, aber gerade in der aktuellen Situation (11.9.2001) scheint ein Verweis auf Bildung angemessen zu sein. Schon damals erzählten mir viele Saudis, dass sie unter der Verblendetheit ihrer Wüstentrampel, die wir romantisch verklären, leiden, die ungebildet und fanatisch den Hass sähen. Wasser auf meine Mühlen. Ich habe mich nie gescheut, meinen Anteil Cash rüberzurücken, falls es um die Weiterbildung einer Person im thailändischen Familien- oder Bekanntenkreis ging und habe es nie bereut.

Als ob das Problem Thailands mit Saudi Arabien ein Fass öffnete, blieben auch andere nicht verschont. Eine lokale Farang-Größe wurde zum Star in der "Bangkok Post". Ihm wurde alles Mögliche angehängt. Er war als Farang zu erfolgreich in Pattaya, und die leichte Übernahme der Saudivergnügungsstätten machte Geschmack auf mehr. Er wehrte sich lange genug, vermeintlich zu seinen Gunsten, aber er verlor, wurde des Landes verwiesen. Seine herausragenden Go Go Bars und einiges andere konnten sich durch die aufmerksame Anteilnahme eines neuen "Paten" zwar noch ein Weilchen halten, erreichten aber später unter verändertem und undurchsichtigem Management nie mehr wieder ihre alte Klasse.

Ein anderer Hotel- Restaurant- und Barbesitzer, mit einem professionellen Faible für High Speed auf Rennstrecken und dem besten Tartar und Kapern in Süd-Ost-Asiens auf der Speisekarte, hatte nicht mehr lange zu leben. Er stand schon auf der Abschussliste. Sein Ego mag einiges dazu beigetragen haben.

Ein neuer "Pate" fügte sich fast nahtlos in das entstandene Vakuum ein. Aber die "Bangkok Post" schrieb auch schon damals über ihn, und es sah aus, als wenn auch er den Weg des Managers der besten Go Go Bars aller Zeiten gehen würde. Wie es scheint, war sein Einsatz riesig. Hunderte von Millionen ist nichts für die einfache Thaiszene, da trauen die sich wegen Unvorstellbarkeit nicht ran. Aber auch er machte einen klassischen Fehler. Den klassischen Fehler überhaupt. Er hat sich als Farang zu tief in das thailändische Zwielicht verstrickt. Hat sich, wie Eingeweihte munkeln, an dunklen Machenschaften einiger weniger Mächtiger beteiligt und hat nicht gemerkt, dass er damit sein Haupt als Opferschaf darbietet. Er hat die goldene Regel nie verstanden. Ehe ein Thai über die Klinge springt, ehe er sein vermeintlich immer noch bestehendes Gesicht verliert, geht der Farang-Partner über den Jordan.

Das Nationalgefühl in Thailand wird leicht unterschätzt, hat allerdings eine angenehme Seite. Wir Farangs werden einfach als blöd, ungehobelt und als willkommene, möglichst geheime Finanziers betrachtet, befinden uns nicht in organisierter Lebensgefahr wie bei dem österreichischen Schnauzbart, der die Welt in Flammen setzte und eine ganze Volksgruppe kaltblütig und amtsmässig vernichtete. Ja, des "Patens" Weste mag vermutlich nicht zu den strahlend weißen gehören, aber er hat in allen Schichten Thailands Verbündete gefunden, eine Spielwiese, die sich einfach anbot, nicht nur auf Pattaya beschränkt. Er ist keine Ausgeburt Pattayas oder etwa typisch für diesen Ort. Nein. Er ist ein Abenteurer dieser gesamten Geografie, die ganz Süd-Ost-Asien umfasst. Seinen Stammsitz Pattaya hatte er nur wegen der sinnlichen Action dort gewählt. Seine Geschäfte, bei denen es vermutlich um unvorstellbare Summen ging, haben wahrscheinlich wenig mit Pattaya zu tun. Seine beiden Schlemmertempel, mit zünftig bayrischer Speisekarte, waren womöglich nur bescheidene Fassade, der ich allerdings einige schöne Stunden verdanke. Thais in Lederhosen, jodelnd und Blasmusik trällernd sind einfach ein Erlebnis. Und Thaischönheiten im bayrischen Dirndl trieben mir immer wieder Sehnsuchtstränen in die Augen, was meiner Holden oft den Spruch: "dtaa wahn" entlockte, wenn sie meinen entrückten Gesichtsausdruck bei dieser Gelegenheit betrachtete. Das heißt wörtlich übersetzt: "süßes Auge". Ich liebe die Thaisprache.

Ist Pattaya deswegen schlechter als das oft romantisch verklärte Land? Es darf ja mal eine einfache Frage an die mit unschuldigen Dorfschönheiten Verheirateten gestellt werden, die möglicherweise glauben, dem nur von den bösen Farangs versauten Paradies entgangen zu sein. Wie sieht eigentlich das Bürgermeisterhaus im Dorf aus? Es geht hier nicht um das Rathaus. Es geht um seine Privatvilla. Ja stimmt! Es ist der herausragende und komfortable Wohnsitz im Ort. Die Strassen bleiben ungeteert, andere Einrichtungen werden einfach nicht gebaut. Jeder im Dorf weiß, warum. Zeitungen schreiben darüber in Landessprache.

Aber in dieser kleinen Geschichte geht es nicht um Saudis, Manager von Go Go Bars, rennfahrerisch begabten Hotelbesitzern und Paten, oder um hochherrschaftliche Landsitze von Bürgermeistern. Hier geht es um Nit und Noi, um Gung und Pat, um Nok und Pum. Hier geht es um den Fall der Mauer und wie auch er an diesen anschaffenden Landschönheiten nicht spurlos vorrübergegangen ist, während ein Farang, vielleicht zum letzten mal, ein Vakuum in Pattaya und über seine Grenzen hinaus ausfüllte, das von den Saudis, einem verstorbenen chinesischen Paten und einem ausgewiesenen Farang hinterlassen wurde.

Pattaya ist eine künstliche Stadt. Ja! Aber Thailand zeigt sich hier in all seinen Möglichkeiten. Pattaya ist wie die fokussierte Kraft eines durch ein Brennglas gebündelten Lichtstrahls. Hollywood Boulevard, Rotlichtmeile, Kneipen, Restaurants, moderne Shopping Centers, traditionelle Thaikunst, Mac Donalds, köstliche Thai Food, Absteigen und Fünf-Sterne Hotels mit angenehmem asiatischen Service, einheimische Landbevölkerung gemischt mit Grosstadtkindern, Diebesbanden und hart arbeitende Straßenverkäufer, Schneiderinnen und Bauarbeiterinnen, eine Orphanage, Kirchen und Moscheen, Golfclubs und Rotary Club, rege besuchte Schulen, Ämter, und Tempelanlagen, die zum Verweilen einladen. Mit vielen, vielen ganz normalen einheimischen Familien, die sich bemühen, ihren Kindern eine Ausbildung zu finanzieren und ihnen die traditionellen Thaiwerte vermitteln. Mit Expatriates, die versuchen, mit dem Thaistrom mitzuschwimmen, ihr ehrliches Geld verdienen oder ausgeben und ihrem Gastland den Respekt erweisen, der sie überleben lässt. Mit Elefanten und Krokodilen, Tigern und Schlangen.

Pattaya entbehrt nicht einer gewissen Faszination. Daran können auch die oft erwähnten schlechten Begebenheiten nichts ändern. Es steht beispielhaft für die Sehnsüchte der Menschen aller Couleur. Es liegt Verzweiflung in der Luft. Eine Verzweiflung, der wir alle entrinnen möchten. Noch einmal richtig leben, noch einmal wie Kinder sein, immer wieder die leider viel zu kurze Illusion der Zuwendung erleben, auch wenn sie erkauft werden muss. Auf der anderen Seite die hoffnungsvollen Nutznießer unserer Verzweiflung. Die Thaimädels und die vielen anderen, die um ein Stück des Kuchens kämpfen. Es ist ein Paradebeispiel für das Leid, aus dem der Buddhismus sich begründet. Das Leid, immer wieder hervorgerufen durch erneutes Verlangen nach mehr, nach Befriedigung der Sinneslust, zu der auch Gemütlichkeit und Anerkennung bei der einheimischen Bevölkerung, nach Frieden und einem Leben im vermeintlichen Paradies gehört. Party ohne Ende.

Pattaya !

wird fortgesetzt...
 
Infatuated schrieb:
Eine völlig unbekannte Sorte von Touristen bereicherte das bunte Leben. Sie sprachen Deutsch mit sächsischem oder brandenburgischem Dialekt.

Nein, wie GEIL. Ne Story über Ossis in Thailand - ja, da gibts ne Menge zu lachen...:p
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Kommunist Buddha Teil II

Pattaya !

Dieses Wort hat sich schlagartig in den neuen Bundesländern herumgesprochen. Auch unsere Brüder und Schwestern aus der "ähemalschen De De äR" wollen leben. Mal abgesehen von den jüngeren Leuten sind sie in diesem Jahr leicht zu erkennen. Die Verklemmtheit und das Misstrauen steht der ostdeutschen Rentnerband in dieser völlig ungewohnten Umgebung ins Gesicht geschrieben. Ein Barhocker wird zum Logensitz, wenn sich unsere dazu gewonnenen Pensionisten in eine Bierbar begeben. Dann heißt es still sein, zuhören und zuschauen.

"Where you come from ?"

"Was? Was willst du überhaupt?"

nach Übersetzungshilfe des Nachbarn

"Deutschland"

"Häh?"

nach Übersetzungshilfe einer Thaikollegin (Jährmanie)

"East or West?"

"Ost"

nicht gefolgt vom standardmäßigen: "I like" sondern von einer Weitergabe dieser Information an die Kolleginnen hinter der Bar. Die wissen nun, dass es kein Trinkgeld gibt, der Humor abgesagt ist, eine Frage nach dem nächsten Drink als unhöflich empfunden oder gar nicht erst verstanden wird. Farang German East spricht nämlich kein Englisch, schätzt noch die neu errungene D-Mark, ist knapp bei Kasse und sieht sich an diesem Ort von Dieben und Betrügern umstellt, was aber ihrer Geilheit keinen Abbruch bereitet.

Es ist erstaunlich zu welch feiner Differenzierung die Mädels fähig sind, wenn es um die Einschätzung der monetären Potenz und des Geisteszustands eines Gastes geht. Keine Farang Verallgemeinerung mehr, sondern eine sehr genaue Unterscheidung der Leute aus einem sehr weit entfernten Land.

So hat der Fall der Mauer das Kennenlernen-Ritual der Thaimädels um eine wesentliche Frage erweitert.

Der noch recht naive Herr Professor neben mir, zum ersten mal in Thailand, ist voll des Lobes für die unerwartete politische und geografische Bildung dieser einfachen Mädels vom Lande, die ja bekanntlich alle erst seit drei Wochen und nur in den Sommerferien hier arbeiten. Dabei nimmt er wohlwollend in Kauf, dass einige der Mädels offensichtlich zu den Langzeitstudentinnen gehören, oder gar nach der langjährigen Bürde von zu erziehenden Kindern das Studium der Sozialpädagogik wieder aufgenommen haben. Ihr überaus professioneller und zur Lebensbejahung ermutigende Umgang mit so manch völlig verkorkstem Farang lässt einfach keinen anderen Schluss zu.

"Nee, den kriegste wirklich nimmer hin" singen die BAP im Angesicht dieser genialen Begabung völlig vergeblich. "Du kanns zaubere" im selben Lied, haut das Vorhergesagte total vom Sockel. Abschlussnote: Summa cum laude. Das Land der Gelobten.

"Ist das Schulsystem wirklich so gut in Thailand?"

fragt mich der begeisterte Professor als vermeintlichen Thailandkenner.

"Eines der besten überhaupt. Erdkunde beispielhaft."

ist meine Antwort, und er sieht ab jetzt Thailand mit anderen Augen. Fühlt sich trotz schlechten Gewissens bestätigt, am richtigen Ort zu sein. Mit gebildeten Mädels rumvögeln ist ja schließlich standesgemäß. Die Intelligenznummern seien ihm gegönnt. Auch er wird sich, ohne meine Gegenwart, das ein oder andere fachfremde Wissen angeeignet haben. Dafür werden schon die von Natur aus begabten angehenden Lehrerinnen gesorgt haben.

Dao, meine erste wirkliche Thailiebe, die ich aber wegen mir mittlerweile fast unverständlichen Bedenken nicht annehmen konnte, grinst uns beide mit leichtem Kopfschütteln von ihrem Platz hinter der Bar an. Sie hat unseren Wortwechsel verstanden, da sie inzwischen neben hervorragendem Englisch auch ein bisschen Deutsch gelernt hat. Auch das nicht zu wenig. Ja, ich bin ein Arschloch! Als ich zwinkernd zurück grinse, erhalte ich einen kalten, spröden Blick mit einer virtuellen Sprechblase, die sagt:

"Hab ja schon immer gewusst, dass du ein Lügner bist."

Der Professor schaut grübelnd zwischen uns beiden hin und her, aber Daos Blick ist schon wieder neutral. Meine Holde holt gerade Chicken Legs. Ich bin außer Gefahr. Thais haben für wortlose Blicke ein besonderes Gespür und die nächste eheliche Kampfszene wäre schon vorprogrammiert, falls meine Göttergattin das mitbekommen hätte, denn sie weiß von Dao und mir.

Auch in unserem Standarthotel, dem Palm Garden, bahnen sich Veränderungen an. Der armlange Haifisch im runden Glasbehälter in der Lobby zieht zwar wie immer seine vergeblichen und notorisch verzweifelten Kreise, aber, obwohl einiges gewohnt, sollten sich für bislang unmöglich gehaltene Dinge ereignen. Davon bald mehr.

Dort verweilten wir regelmäßig, wenn unser Haus mal wieder Langzeit vermietet war. Die Chefin gehört zu unserem engsten Bekanntenkreis und unser Übernachtungspreis wird als Staatsgeheimnis gehütet. Die Gäste sind bunt gemischt. Zwar kommen fast alle aus Deutschland, aber vom halbseidenen Zuhälter aus Frankfurt, über gestandene und weniger gestandene Leute jeglichen Alters, bis zur Rentnerband, ist dort alles vertreten. In diesem Sommer gehörten wir zu dem üblichen Kreis. Ein Bundesliga Schiedsrichter aus Bochum, ein Frührentner aus Bayern, ein kölsche Jung und ein Westberliner. Wir alle kannten uns schon, denn sie sind Stammgäste und kommen immer wieder. Ich bin der einzig Verheiratete, die anderen alle mit ihren Langzeit-Susis, damit die Morgennummer gesichert ist.

Das Gastgelände ist weitläufig, der Swimming Pool hat offizielle Schwimmsportausmaße, eine kleine Bar, Pool Billard, weite runde Strohdächer spenden Schatten, bunt blühende Sträucher und Palmen erfreuen das Auge in dieser tropisch, farbenfrohen Gartenlandschaft. Einer der Kellner ist schwul mit einem recht mädchenhaften Gehabe. Die Mädels sagen: Lady Man, was aber bei ihm nicht bedeutet, sich hormonunterstützte Titten wachsen oder seine Vorhaut nach innen umstülpen zu lassen. Er ist ein angenehmer Geselle, immer freundlich, meist humorvoll und spaßig. Die Mädels lieben ihn, reden mit ihm, wie zu einer Freundin, und wir Männer respektieren ihn. Er hat eine ganz besondere Gabe, die Stimmung aufzulockern und wird von uns deshalb geschätzt. In seiner Gegenwart fühlt man sich unausgesprochen als Gast. Er spielt seine Kellnerrolle mit viel Selbstironie und bühnenreif. Über mangelndes Trinkgeld, auch manchmal heimlich zugesteckt, damit er es nicht mit der Belegschaft zu teilen braucht, kann er sich nicht beschweren.

Die Langzeiterrungenschaften des Clubs sind nicht neu. Die Männer kennen Thailand seit über 10 Jahren, kommen jährlich zwei bis drei mal hierher und haben irgendwann mal aufgehört, permanent auf die Rolle zu gehen. Ihre Mädels haben nicht mehr das Problem, sich an einen fremden Farang gewöhnen zu müssen. Es sind fast schon ehemässige Verhältnisse. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass der gelegentliche außerparlamentarische Seitensprung nicht verachtet wird. Die Clubmitglieder sorgen dann fürs Alibi. Wir verstehen uns alle gut, die Mädels sitzen friedlich im Schatten, schnattern und häkeln, da gut versorgt. Die fehlenden Sorgen um den nächsten Tag und wie man die paar Baht für eine Nudelsuppe zusammenbekommt, geben ihnen die Muße dazu.

Eine flüchtige Bierbarbekanntschaft hat mir mal erzählt, er hätte eine ganz Besondere gefunden. Die hätte hinter der Bar gehäkelt. Die müsse ja echt speziell sein. Ich habe mir verkniffen zu erwähnen, dass gerade diese Fee wohlmöglich einige Checks pro Monat erhält, die ihr die mentale Ruhe für solch kreative Tätigkeiten im hektischen Pattaya gäbe. Wahrscheinlich hat diese unbekannte Lady in ihm einen weiteren Geldgeber gefunden. Es sei ihr gegönnt. Häkeln hinter der Bar hat sich als unerwartete Geldquelle in Pattaya rumgesprochen, gestand mir mal eine Bardame während einer meiner unvermeintlichen, von Sucht nach Kommunikation getriebenen Interviewphasen, vertrauensvoll. Gewiss nicht wegen des Erlöses aus den Ergebnissen ihrer Fingerfertigkeit mit Nadel und Faden.

Wenn wir zu den Skatkarten greifen, fliegen Nadeln und Wollknäuelchen ins Körbchen und die Dominosteine klickern. Aus erfrischenden Thaigesichtern werden versteinerte Poker-Visagen. Aller Frohsinn zusammen mit ihrer herzerweichenden natürlichen Schönheit erloschen. Das sind die Momente, wo sich der ein oder andere Farang in unserer Runde fragt, warum er um Himmels willen mit so einem hässlichen Dorftrampel den Urlaub verbringt. Zwischen dem Reizen beim Skat werden dann vorsichtig Ränkeschmiede auf Deutsch durchgespielt, wie man seine Schnecke heute Abend wegen eines geplanten Short Time Abenteuers überlisten kann. Strafe muss sein!

Plötzlich herrscht Unruhe. Jemand schnauzt ganz in der Nähe unseren Lieblingskellner an. Das geht entschieden zu weit! Wir beenden unser Spiel und der nächste Geber wartet mit dem Austeilen. Es stimmt tatsächlich. Ein in den Fünfzigern, bierbäuchiger Herr mit Metzgerstatur beschwert sich preußisch über die "lausige" Bedienung. Er hätte dies oder jenes nicht bestellt. Alles auf Deutsch.

"Was ist dir denn über die Leber gelaufen?"

ruf ich rüber.

"Der ist zu doof, meine Bestellung zu verstehen. Hier müsste mal der Mielke aufräumen, in diesem Scheißladen."

kommt die empörte Antwort mit einem Augenzwinkern, wie unter Kumpels, zurück.

Die Luft knistert, als hätten die Schallwellen seiner Worte sie elektrisch aufgeladen. In einer Zehntelsekunde laufen hundert-tausende Computerinstruktionen in unseren Hirnen ab. Unsere vernetzten Rechner kommen in Rekordzeit zum gleichen Ergebnis. Der ist reif, aber ihm noch nichts verraten. Der muss ahnungslos voll ins Messer laufen. Müssen nur noch die richtige Gelegenheit abwarten.

"Na, beruhig dich mal. Wo kommste überhaupt her?"

frage ich, während die anderen schon gedanklich an allen möglichen Schweinereien arbeiten, die wir diesem Mielke Fan antun wollen. An Skatspielen ist nicht mehr zu denken. Die Mädels konzentrieren sich wieder auf ihr Dominospiel, nachdem sie festgestellt haben, dass hier keiner ausrastet.

"Aus Karl Marx Stadt. Hab dort ein Restaurant mit angeschlossener Metzgerei gehabt."

sagt der und holt schon Luft zum weiterreden.

"Haste überhaupt wat zum Schlachten jehabt, mein Juutster?

fragt unser kölsche Jung, dessen rheinländische Verarschungsstrategie langsam Gestallt annimmt.

"Mehr als genug. Bei mir sind die Stasi-Bonzen ein und ausgegangen. Mir hat es nie an etwas gefehlt. Die haben immer für den nötigen Nachschub gesorgt."

anwortet der mit schwellender Metzgerbrust. Oh Mann, wie kann man nur so blöd sein! In Gedanken haken wir die Schweinereien als zu gnädig ab. Der ein oder andere konzentriert sich schon auf mögliche Foltermethoden. Er interpretiert unsere Sprachlosigkeit als Interesse und fährt gleich fort:

"Ich war einer der wenigen, die bis zum Schluss der DDR Eigentum besaßen. Ich hab alles verkauft und es sind 300,000 in D-Mark dabei rausgesprungen."

Ein Mädel mit geringen Deutschkenntnissen und Dominozahlsymbolen in ihren Augen hebt versteinert wie bekifft ihren Kopf und fragt:

"tau lai?" (wie viel?)

"sam roi pan (dreihunderttausend), der ist dem Mielke in den Arsch gekrochen und hat Gold gefunden."

sagt unser Bayer in völliger Frustration, und als ob sie die Mielke-Information verstehen würde.

"Cannot believe"

sagt sie und spielt in Gedanken versunken weiter Domino, nicht ohne gelegentlich auf unseren Mielke Fan zu schielen.

Neben dem sitzt ein freundlicher älterer Herr, dem die Situation offensichtlich peinlich ist. Er sagt schüchtern:

"Prahl doch nicht so rum. Die müssen ja denken, wir wären alle Stasi-Generäle gewesen."

Dann erzählt er mit brandenburgischem Dialekt, der dem Berlinerischen nahe kommt, dass er mit diesem ihm vorher unbekanntem Herrn in einem Zimmer schläft. Die Reisegesellschaft hätte davon vorher nichts erwähnt. Sie wären wohl reingelegt worden. Er hätte sein Leben lang auf dem Bau gearbeitet, seine Frau sei kürzlich leider verstorben und er lebe nun von seiner bescheidenen Rente, erfülle sich einen Traum mit dieser Reise. Und übrigens, nicht alle wären bei der Stasi gewesen.

Wir bitten ihn unter unser Strohdach, bestellen ein Bier für ihn, lassen ihn sein nicht einfaches Leben erzählen, geben ihm das Gefühl, dass er wohlwollende Zuhörer hat. Ab jetzt gehört er fast zu unserem Club. Später wurde er einer von uns.

Der Mielke Fan wirkt leicht beleidigt, da er nicht versteht, warum ein "Weichling" so leicht bei seinen vermutlich bewunderten imperialistischen Faschisten Anschluss findet.

"Such dir doch ein anderes Zimmer."

ruft er rüber und macht Anstallten sich in die Sonne zu legen, fragt mich aber vorher, ob die hier gefährlich wäre.

"Mach dir mal keine Sorgen. Es ist zwar heiß, aber das trügt. Völlig harmlos, nicht schlimmer, als an der Ostsee."

An unserem Tisch sind plötzlich alle gänzlich unmotiviert mit irgendwas beschäftigt. Einer versteckt sich hinter der gestrigen Bildzeitung. Ein anderer sucht seine Geldbörse unter dem Tisch. Unser Berliner springt mit hinter einem Jodeln versteckten Lachen ins Wasser. Unser kölsche Jung verschluckt sich an seinem Bier und fängt an, fürchterlich zu husten, was aber niemanden davon abhält, darüber nachzudenken, wie man mich strategiemässig noch übertreffen könne.

Nach schon zwanzig Minuten ist der Bauch des Mielke Fans knallrot, selbst im strahlenden Sonnenlicht, das die Farben verblassen lässt, gut zu erkennen. Der "Cannot-Believe-300,000-D-Mark-Dame" fällt es als erste auf.

Sie springt auf, gefolgt von den anderen Spielerinnen. Ihre Blicke und Zeigefinger auf den roten Bauch der Stasi gerichtet:

"Communist Buddha, communist Buddha, communist Buddha"[/I]

ruft sie. Die anderen wiederholen den Spruch im Chor, lachen und klatschen dabei in ihre Hände. Ich bin mal wieder überwältigt. Die klaren, treffenden und oft mehrsinnigen Worterfindungen der Thaimädels sind gigantisch. Ein Professor der Sprachwissenschaften hätte seine volle Freude gehabt und wahrscheinlich einige akademische Gedanken daran verschwendet, wie er solch eine geniale Sprachschülerin ins Bett kriegen könnte. Dazu muss man verstehen, dass die fetten, dickbäuchigen, bunten, meist chinesischen Buddhafiguren, ein Synonym für Reichtum sind. Meine Holde lacht Tränen, und ich verliebe mich aufs neue in sie.

Wird fortgesetzt....
 
Klar schreibt er noch lange. Why not? Ich bin überzeugt, er hat noch ne Menge zu erzählen - und wir ne Menge zu lernen.
 
Kommunist Buddha Teil 3

(die folgenden Statements bitte im Zusammenhang mit der Zeit sehen. AIDS konnten wir zwar schon buchstabieren, aber ernst genommen haben wir es nicht. Blank vögeln war noch ziemlich weit verbreitet. Es herrschte vielmehr Schiss vor einem Bakteriencocktail, den besonders die Freischaffenden in der Zeit mit sich rumtrugen)

"Keine von der Strasse!" War das Motto in meinem Bekanntenkreis und meines in den 80zigern. Es war eine reine Vorsichtsmassnahme, die einem Alleinreisenden in unbekannter exotischer Fremde und ganz besonders mit Alk im Hirn so manch unangenehme Überraschung ersparen konnte. Wenn diese "Einzelgängerin" dann auch noch ihre ID-Card verlegt, verloren, gerade beantragt hat, erhöhte sich das Risiko erheblich. Das Risiko, dass sie aus dem Nichts kam und wieder ins Nichts ging, aber nicht ohne manchmal gähnende Leere in der Brieftasche ihres Gönners zu hinterlassen, und die Chance, dass sie ihrem einzigartigen körpereigenen Bakteriencocktail einen neuen Wirt zwecks Weiterverbreitung schenkte, erhöhte sich logarithmisch. Dann ist mal wieder die medizinische Wissenschaft herausgefordert, darf versuchen, der regen Evolution dieser Winzlinge mit neuen kreativen Mixturen von Antibiotika ein Schnippchen zu schlagen. Zwei Bekannte haben es am eigenen Körper erfahren. Der eine diente der Ärztewelt im besten Mannesalter über ein ganzes Jahr lang als Versuchskaninchen, dem anderen half nach sechs Monaten nur noch der chirurgische Laser.

"Der sah wie ein Schweizer Käse aus, glaubst mir."

war sein Lieblingsspruch, wenn er nach langer Enthaltsamkeit seine "von der Strasse Story" mal wieder zum Besten gab.

So tragen also manche dieser "Einzelgängerinnen" zur Weiterentwicklung der weltweiten Pharma-Industrie bei und tun so im übergeordneten Sinne ein gutes Werk. Entwicklungshilfe einmal anders rum. Es wird sich positiv auf ihr nächstes Leben auswirken. Wer weiß, vielleicht sind sie Zeitenwanderer aus einer fernen Zukunft, die uns Neandertalern die moderne Heilkunst auf diese Art und Weise nahe bringen wollen.

Auch unserem Mielke Fan sollte geholfen werden. Wir werden noch sehen, wie. Der hatte sich nämlich für zwei Tage auf sein Zimmer verkrochen, auf dem Rücken im Bett liegend, eine ein Zentimeter dicke Schicht Niveakreme auf seinem Bauch. Nur manchmal ließ er sich wohlverhangen unter den Strohdächern am Pool blicken.

"Mensch, wat häst du ne empfindliche Haut. Hast dich wohl früher nur im Dunklen rumjetrieben, wat?"

sagt unser Kölsche Jung zynisch Mitleid heuchelnd.

"Scheiß drauf! Hab nur das Sonnenöl zu Hause vergessen. An das Zeug, was die hier verkaufen, trau ich mich nicht ran. Hier funktioniert ja sowieso nichts."

antwortet der Stasi Macho. Aber sein Bauch scheint seine Sinne nicht mehr zu sehr zu reizen, denn er fährt fort:

"Wird Zeit, dass ich hier mal was erlebe. Die laufen einem sowieso schon auf der Strasse nach. Kenn mich da aus. Ich nehm mir einfach eine mit, und lass mal richtig die Puppen tanzen. Die wird sich wundern, wozu ich fähig bin. Muss mich nur noch mit dem alten Schnarchsack einigen, damit er mir mal das Zimmer überlässt."

Der holt gerade Luft, aber wir halten den netten älteren Herrn, der nun zu unserem Kreis gehört, davon ab, etwas zu erwidern. Nennen wir ihn Hans. Unsere Gehirne laufen mal wieder auf Hochtouren. Aha, die Stasi kennt sich aus, schon nach drei Tagen in Pattaya, davon zwei fast nur im Bett. Seine Selbsteinschätzung ist schon mal eine gute Basis. Die Mädels von der Strasse haben es ihm angetan. Damit lässt sich arbeiten.

"Hast recht! Die von der Strasse sind wirklich gut drauf. Nicht so wie die von den Bier und Go Go Bars. Das sind alles Professionelle. Reine Abzockerei."

kommt uns allen der Bochumer Bundesligaschiedsrichter zuvor. Ein häkelndes Mädel schaut auf und ich zwinkere ihr heimlich zu, denn sie versteht ein gerütteltes Maß Deutsch. Sie hält sich zurück. Wir anderen arbeiten am Guinness Rekord für Gesichts-Mimik-Kontrolle. Hans schaut noch ein wenig unschlüssig aus der Wäsche.

"Brauchst du mir gar nicht zu sagen. Hab ich schon bemerkt. Ist doch klar."

sagt unser Stasi Heini, fast empört über diese vermeintliche Belehrung.

"Ist schon in Ordnung, war nur gut gemeint. Aber nimm nicht einfach jede beliebige von der Strasse.."

werfe ich die Angelschnur aus. Der schnuppert leicht am Köder, hängt aber noch nicht am Haken.

"Wie meinst du das?"

fragt der zurück, denn auch mein Ratschlag macht ja einen viel zu offensichtlich Sinn und ist einer Erwähnung überhaupt nicht wert, besonders, wenn sie an einen erfahrenen Mann, der sich auskennt, gerichtet ist.

"Es gibt da eine Stelle in Süd-Pattaya, wo du die Besten findest. Die sehen sexy aus, angeln sich nur die gutaussehenden gestandenen Typen. Wenn dich eine von denen anspricht, kannste sicher sein, dass sie echt scharf auf dich ist und mal wieder einen echten Mann braucht. Du machst ja was her, so wie du aussiehst."

antworte ich im Thaistil (Bauchpinseln) und sehe, wie der Haken zuckt. Unser bayrischer Frührentner schielt schon auf den Köcher, geht in Bereitschaftsstellung, seine Augen aufs Wasser gerichtet, dort wo die Schnur in den unergründlichen Tiefen der menschlichen Schwächen versinkt.

"Hört sich gut an. Genau das Richtige für mich. Wo ist das genau?"

fragt die Stasi mit dem Angelhaken fest durch die Oberlippe und einem Teil der Nase gezogen, ohne es überhaupt bemerkt zu haben. Es funktioniert. Einfach sagen, was er hören will. Eine neue Geschäftsidee nimmt Formen an. Eine Schule für die vielen osteuropäischen Service Damen, die neuerdings zum Straßenbild in Pattaya gehören. Die beherrschen die Kunst des Lobhudelns nämlich noch nicht. Da sind ihnen ihre einheimischen Kolleginnen weit voraus.

"Kennst die Marine Bar, wo abends Thai Boxing ist?

fragt unser Bayer und übernimmt unseren Stasi Fisch in seinem Köcher endgültig aufs lebensfeindliche Trockene, nachdem ich schnell die Schnur aufgerollt habe.

"Glaub schon. Bin dort mal am ersten Abend vorbei gegangen. Hab ja einen hervorragenden Ortssinn."

sagt er stolz, aber noch nicht nach Luft schnappend. Der hat Sauerstoff getankt.

Hans kann sich aus all diesem noch keinen Reim machen, beobachtet alles mit unsicherem, zweifelnden Blick. Wir haben ihn während der zwei vorangegangenen Nächte unter unsere Fittiche genommen. Haben mit ihm an einigen Bier Bars so manches Bier gehoben und ihm dabei erzählt, wie das hier abläuft, worauf er besser achten soll. Da er einer von der lieben, zurückhaltenden Sorte ist, erhielt er so manch freundliches Lächeln, sogar Streicheleinheiten. Er wurde zunehmend lockerer, legte einen Teil seiner Schüchternheit und Unsicherheit ab. Wir mögen daran nicht ganz unschuldig gewesen sein. Zum einen gaben wir ihm Sicherheit, denn wir hätten nicht erlaubt, dass ihm irgendein Ungemach geschieht. Zum anderen dolmetschte eine unserer deutschsprechenden Thaidamen mit sichtlicher Freude für ihn. Eine Bier-Bar-Fee durfte sich neben ihn setzen, ihre "Lady Drinks" heimlich von uns bezahlt. Sie war eingeweiht und himmelte Hans mit vornehmer mädchenhafter Zurückhaltung an, nicht ohne ab und zu ihre Hand auf seinen Unterarm oder Oberschenkel zu legen. Uns kamen fast die Tränen. Hans gewann sein Lächeln wieder zurück, erzählte immer weniger von seiner verstorbenen Frau und begann sichtlich seinen Urlaub zu genießen.

Und das, obwohl sein Zimmergenosse ein Freund der Mächtigen der ehemaligen DDR ist. Der ist noch dazu wegen seines angeglühten Bauches kurz vor der Selbstentzündung schlecht gelaunt. Hans ist seelisch noch nicht bereit, sich eine ganze Nacht und einen Teil des nächsten Tages von einer dieser herrlich sanften Feen betütteln zu lassen. Short Time käme für ihn sowieso nicht in Frage. Das wäre ihm zu nuttig und entspräche nicht seinem Bild einer "Beziehung". Außerdem teilt er ja das Bett mit der Stasi. Einen solch tiefen Einblick in sein Privatleben will er ihr nun doch nicht gewähren. Er ist froh, deren Akten kürzlich entronnen zu sein.

Mir kommt plötzlich eine Idee. Vielleicht können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. In der absoluten Unberechenbarkeit des Lebens wurden es mehr als zwei, von den unerwarteten später mehr. Also frage ich unseren Stasimetzger einfach mal ins Blaue:

"Wie ich dich kenne, willste bestimmt nicht die ganze Nacht mit einer Susi verbringen, stimmts?"

"Wo kämen wir denn da hin! Ein, zwei Stunden, falls der Schnarchsack einverstanden ist."

antwortet der Stasi Fan ganz in meinem Sinne. Hans weiß noch nicht, wie er darauf reagieren soll.

"Na komm Hans. Das muss ja mal drin sein. Gehst halt in der Zeit mit uns ein Bier in angenehmer Gesellschaft trinken"

stürzen sich die anderen in froher Erwartung auf ihn. Der lässt sich überreden, nicht ganz ohne ein fernes Leuchten in seinen Augen, wegen der Erinnerungen an die letzten zwei Abende. Wir wissen nun, dass wir nur noch an den Feinheiten unseres gemeinen Planes arbeiten müssen.

Zwischendurch übersetze ich alles für meine Holde ins Englische. Sie spricht nämlich kein Wort Deutsch. Sie lebt schon seit über zwei Jahren mit mir in Saudi Arabien. Unsere Nachbarn und Freunde dort kommen aus aller Herren Länder. Da bietet sich automatisch eine einzige Sprache zur Verständigung an. Englisch. Meine Muttersprache wäre dort reine Verschwendung für sie. Dafür hat sich ihr typisch sprachlich unvollkommenes Thai-Schulenglisch, das hauptsächlich aus Schreib- und Stumm-Leseübungen besteht, in Rekordzeit so verbessert, dass sie schon nach einem halben Jahr nicht mehr in thailändisch vordenken musste, sondern spontan in Englisch heraussprudelt. Well, Gentlemen, das hört sich vielversprechend an, aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das meiner Gesundheit auf die Dauer gut tut. Durch ihren permanenten Umgang mit nachbarschaftlichen Ehefrauen, darunter manche aus USA oder UK, während Koch- Häkel- Stick- Schneider- Kosmetik und Tennisübungen beeindruckte sie schließlich nach zwei Jahren einige Urlaubsbekanntschaften, denen Englisch in die Wiege gelegt wird.

Sie kennt mich gut und merkt bald, wo der Hase lang läuft. Sie wird ganz zappelig, denn die Aussicht auf einen wenigsten mittleren Skandal, hautnah erlebt, ist die Krönung des Sanuk für eine Thailänderin mit Sinn für die Stolpersteine des Lebens.

"Hans, we take care of you tonight. Don't worry. You will be in good hands. Remember yesterday?"

sagt sie lachend, ohne das der was versteht. Aber ich weiß jetzt, dass sie Feuer und Flamme ist und ausnahmsweise heute mal auf ihr Skandal-Rainbow-Press-Magazin verzichten wird.

"Darauf kannste dir verlassen."

fügt unser Berliner noch hinzu. Kurz vorher beim gemeinsamen Pinkeln haben wir ein paar Einzelheiten besprochen. Radio freies Berlin setzt nun die Theorie in die Praxis um:

"Tschuldigung, muss dir noch wat sajen. Det kannste eijentlich nich wissen, da ene Thaispezialität."

wendet er sich an unseren Stasi Fan. Nennen wir ihn Wilhelm. Der ist froh, dass wir alle so nett zu ihm sind, die Sache mit dem Zimmer geregelt haben und ist deshalb bereit, auch mal einen Rat anzunehmen. Er nickt wohlwollend.

"Ja stimmt!" mischt sich die Bundesliga ein. "Die baggern dich nicht so an, wie die Barmädels. Die lächeln nur. Dann kannste einfach hingehen, oder sie zu dir rüberwinken. Wenn sie dann noch sagt: handsome man, I like you, haste se schon am Wickel."

Währendessen schreib ich das schon mal in Lautschrift auf einen Bierdeckel: "händzam män, ei leik ju", damit er es sich besser einprägen kann und mach gleich weiter:

"Wenn se dat zu dir sagt, haste ne gute Chance, dass se nur ganz ganz wenig Geld will. Dann steht se auf dich. Sagst einfach was von Hotel, das Wort versteht sie, und bringse hier her. Glänz bloß nich mit deinem Russisch! Das iss liebestötend in diesen Breitengraden. Außerdem müssen wir noch ne ungefähre Zeit ausmachen, damit du ungestört auf dem Zimmer bist."

und ich schreibe zusätzlich auf den Deckel, was er sagen soll, damit auch sie happy ist: "ju ah werri bjutifull lädie"

Wilhelm ist ganz Ohr und übt sogar mit uns. Für eine billige Nummer mit den unzivilisierten Eingeborenen würde der Eroberer aus dem Osten sogar wieder in die Schule gehen. Wir erzählen ihm, dass vor 23 Uhr dort nichts läuft, aber er solle ruhig früher dort hingehen, sich mit der Ecke vertraut machen und sich den strategischen Überblick verschaffen. Wir warnen ihn noch einmal vor den Barmädels, damit nur ja nichts schief geht.

Nach unserer Kalkulation dürfte Wilhelm schon ab 21:00 Uhr zwecks Mutantrinken unterwegs sein und dann frühestens um 23:30 Uhr wieder im Hotel sein. Hans käme spätestens um 2:00 Uhr morgens ins Bettchen. Solange, meistens auch länger, hat unser Coffee Shop auf. Falls Hans seine letzte Zurückhaltung wg. zwischenzeitlich sturmfreier Bude überwindet, darf auch er seine ersten exotischen Erfahrungen machen, bevor Wilhelm beweibt zurückkehrt. Das Schicksal dieser einen Fliege ist im Prinzip schon vorbestimmt. Das der zweiten Fliege ist noch unberechenbar, aber der Dünnschiss für sie ist schon ausgelegt. Er wird bald für sie unentrinnbar an ihren Beinen kleben, falls Wilhelm der Stasi Knecht in unserem Sinne mitspielt.

Wird fortgesetzt...
 
Kommunist Buddha Teil 4

Es ist Wochenende. Heute spielt wieder eine Live Band im Coffee Shop. Personal und Gäste werden eine lange Schicht haben. Wir sind alle ein wenig von den letzten Nächten geschafft. Permanenter Suff und trotz weicher Birne die Holde clever ausserparlamentarisch zu hintergehen, kostet ne Menge Nerven, die der nachträgliche Kater normalerweise nicht hergibt. So beschliessen wir unausgesprochen, es ruhig anzugehen. Wir werden uns hauptsächlich im Hotel aufhalten, dort am Abend was essen, dann nur fünf Minuten zu Fuß zum Bierbarbereich am Sabai Land, 2nd Road pattern, damit der Hans unter die Haube kommt, falls ihn die laue Nacht, das Lächeln und Streicheln endgültig überzeugt. Und vor allen Dingen werden wir uns ab 23:00 Uhr im Coffee Shop treffen und dort der Dinge harren, die sich entwickeln werden.

Der Nachmittag am Pool wird noch ganz gemütlich. Ich werde aufgefordert, meine Erlebnisse während des Golfkrieges in Saudi Arabien zu schildern, denn es gäbe ja sicher viel zu erzählen, da man den Nachrichten sowieso nicht trauen könne, weil sie sowieso manipuliert gewesen wären. Stimmt!

Ich nehme unbewusst die Haltung meines Großvaters ein, der reinen Gewissens vom I. Weltkrieg erzählte, was meinem Vater bei seinen Anekdoten vom II. Weltkrieg nie genauso gelang.

Nachdem in der Nacht zum 2. August 1990 die Irakis in Kuwait einmarschierten, ließen die meisten Expatriates sich von ihren Arbeitgebern und ihrer Botschaft in Riyadh beschwichtigen. Es wäre nicht nötig, Frauen und Kinder nach Hause zu schicken, weil natürlich nicht die geringste Gefahr bestehe. Es wäre aber jedem freigestellt und auch bezahlt, wenn er sich anderweitig entschiede.

Jeder erfahrene Expatriate weiß, dass die Militärattaches der Botschaften eine Spezialausbildung im Beschwichtigen haben und an Selbstüberschätzung leiden. Die Phrase: "Keine Gefahr" gehört zu dieser Kategorie: keine Panik aufkommen lassen, auch wenn es schon brennt. Ich gönne keinem, auf die Hilfe von diesen selbstüberschätzenden, geistig umnachteten Karrieristen im Krisenfall angewiesen zu sein. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund.

Sie sind nicht das, was sie vorgeben. Besonders deutsche Militärattaches in den Botschaften damals befanden sich am allerletzten Ende der Informationskette. Da haben wir beim Saufen in den Marines Compounds der Amerikaner in Saudi mehr gewusst als diese Hansel. Wenn wir aus Versehen nüchtern wurden, hatten wir Angst.

Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass einige wenige Ausnahmen den Service-Gedanken für ihre Landsleute in Not tatsächlich verinnerlicht haben. Aber die waren nicht im militärischen Bereich tätig. Wir kamen zur Überzeugung, dass nur Selbsthilfe angesagt ist, z.B. mit Reserve-Benzinkanistern im Garten. Ich bin gerne unterwegs, genieße mein Leben als unpatriotischer Expatriate mit einem Pass von zehnjähriger Gültigkeit.

Aber es ist alles relativ. Amis im Ausland werden von ihrer eigenen Botschaft förmlich verachtet. Die sind Verräter, alleine auf Grund der Tatsache, dass sie nicht zu Hause patriotisch ihren Rasen mähen. Die deutschen Botschaften tun wenigstens so, als ob der Aufenthalt im Ausland als Expatriate nicht als Landesverrat zu bewerten ist, und der ein oder andere Botschaftsangestellte ist echt in Ordnung um gerecht zu sein.

Der von der Firma bezahlte Rückzug unserer Frauen in die Etappe, d.h. nach Thailand, lief im Laufe des Septembers reibungslos ab. Der Genuss von verbotenen und selbstgebrauten Feuerwassers für uns an der Front Verbliebenen nahm an den Wochenenden bisher unerreichte Ausmaße an, obwohl Peitschenhiebe als Strafe darauf standen.

Wir, mit Thailadies verheirateten Männer, genossen die Abwesenheit des nicht weniger schmerzhaften innerfamiliären Strafgerichts wg. Saufens. Besonders die Abwesenheit von der Bemerkung: "schon wieder?" Wir vermissten aber bekocht zu werden. Jede unserer Frauen beherrscht eine bestimmte Spezialität ganz besonders und ein gemeinsames Treffen an den Wochenenden wurde immer ein Gaumenschmaus. Asia Geschäfte gibt es in Saudi wegen der vielen Gastarbeiter so viele, wie früher Tante Emma Läden bei uns, was nicht heißt, dass es dort billiger ist.

In nüchternen Momenten versiegelten wir vorsichtshalber unsere Badezimmer. Die Fenster mit Klebestreifen, die Türen mit speziellem Dichtungsmaterial. Die Badewanne war stets mit Wasser gefüllt. Im Garten standen die gefüllten Benzinkanister im Schatten, die uns erlaubten, non-stop nach Westen, den unerwartenden Reichweiten von gefährlichen Flugkörpern zu entrinnen. Nicht etwa über die eventuell chaotisch verstopfte und "ich bin mir der Nächste, du im Gegensatz zu mir nicht lebenswertes Arschloch" Autobahn, sondern quer durch die Wüste mit unseren Four Wheel Drives. Es kam nämlich das Gerücht auf, Saddam hätte mit Giftgas-Raketen gedroht. Auch in diesem Zusammenhang beruhigte uns unser deutscher Militärattache in Riyadh.

"Die kommen nicht bis hierher. Die Reichweite ist viel zu kurz. Falls doch, schießen wir die einfach aus der Luft. Alles im Griff!"

Da wussten wir noch nicht, dass die Scuds mit deutscher Stabilisierungs-Kreisel-Steuer-Technik aufgerüstet waren, Dhahran und sogar Riyadh ganz locker erreichen konnten, und die Wirksamkeit der Patriot-Abwehr-Raketen der US Firma Raytheon, die für relativ langsam fliegende Flugzeuge konzipiert sind, eine einzige Propagandashow war. Nicht eine einzige Scud haben die aus dem Himmel geschossen. Bullshit! Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein, auch wenn es mich eventuell umbringt.

Die Jungs unter dem Strohdach lauschen fasziniert. Oh Mann! Abenteuer! Adrenalin.

"Haste keine Angst gehabt? Oder haste dich erfolgreich geweigert, je nüchtern zu werden?"

werde ich gefragt.

Tja, der Job lief weiter wie zuvor. Seine Herausforderung, die immer absolute Präzision verlangte, ließ nie Promille während der Arbeitszeit zu. Aber genug für "ununterbrochen unter Strom stehen" hätte es schon gegeben. Im an den Wochenenden geschätzten Holzmann Compound gab es zwei Schnapsfabriken. Zwei große Schlafzimmer in zwei verschiedenen Bungalows waren als Brennerei umgerüstet. Dort tropfte 24 Stunden am Tag 96 prozentiger, reiner, von eventuellen Schadstoffen freier Alkohol aus dem dritten Durchlauf. Und das nicht nur aus einem einzigen Kessel. Ein Wunder, dass die nie in die Luft geflogen sind. Während einer der vielen wilden Parties dort hörte ich einmal wie ein Amerikaner in typischer Art antwortete, als er von einer schwedischen Krankenschwester am Swimming Pool gefragt wurde, ob es denn hier auch vielleicht was zu saufen gäbe:

"Lady, there is more Alkohol in this Compound than in some little towns in the western world."

"Lady, es gibt mehr Alkohol in dieser Wohnanlage, wie in manchen Kleinstädten in der westlichen Welt."

Ja stimmt. Auch das ist Saudi Arabien. Alles, was verboten ist, macht auch erwachsenen Männern Spass. Peitschenhiebe hin oder her. Der Holzmann ist nicht nur aufs Bauen spezialisiert. Nach der Pleite gab es sicher auch einige arbeitslose Schnapsbrenner.

Wir bekommen Durst. Unser Lieblingskellner reagiert sofort. Das erste Bier dieses Tages ist fällig. Saudi ist schon wieder weit weg, obwohl der ganze Mist erst vor ein paar Monaten sein vorläufiges Ende gefunden hatte. Wilhelm hat sich aufs Zimmer verzogen um seinen Bauch endgültig auszukurieren. Wir benutzen die Gelegenheit, Hans auf die Schiene zu bringen.

"Heute verlierste deine Jungfräulichkeit, Jung."

sagt unser Kölner. Eines der Mädels hat schon eine Idee gegen wen. Sie sagt, sie kenne eine liebe Kleine, die dem Hans bestimmt nichts Böses antut, aber bei der Behandlung typischer Rentnergebrechen äußerst erfolgreich wäre. Geldgierig sei sie auch nicht. Sie sagt das mit Blick auf unseren bayrischen Frührentner, nennen wir ihn Rudolf.

"Same me" sagt sie laut und bricht in schallendes Gelächter aus um gleich darauf den anderen Begleiterinnen auf Thai zu erzählen, wie kinijau (geizig) Rudolf wäre. Hätte schon seit drei Tagen kein Taschengeld mehr erhalten. Soweit können wir "Oldtimer" das schon verstehen und wir frotzeln Rudolf an. Der stöhnt:

"Hört's bloß auf! Die liegt mir schon seit Wochen wegen eines Hauses in den Ohren. Sie kennt mich jetzt schon sechs Jahre lang und es wäre meine verdammte Pflicht, dass ich an ihre Zukunft denke. Sie wäre ja schließlich immer schön treu gewesen und jünger würde sie auch nicht mehr. Die iss wohl deppert."

Hans sieht seine Felle davonschwimmen. Häuser kann er hier nicht verschenken um sein Leben neben einer tagsüber häkelnden und Domino spielenden Exotin im Urlaub verbringen zu dürfen. Außerdem, wofür braucht man hier schon eine warme Mütze. Zu Hause bei ihm stapeln sich die vielen gehäkelten Deckchen, entstanden in der gemütlichen DDR-Zeit. Davon braucht er auch keine mehr. So oder ähnlich mag es durch seinen Sinn gehen.

"Komm schon Hans. Anschauen tut nicht weh. Heute haste sturmfreie Bude, ehe deine persönliche Stasi-Bewachung wieder zurück ist."

sage ich.

Hans ist noch unentschieden, bestellt sich aber jetzt auch ein Bier, was er kurz vorher abgelehnt hat. OK, so fängt es an. Die Weichen sind nun endgültig gestellt. Wir beschließen ein wenig zu ruhen und uns schon um 19:00 Uhr zum Essen zu treffen.

Am Abendtisch genehmige ich mir eine gefüllte Krebsrückenschale, darin fein gestampftes und gewürztes Krebsfleisch. Eine Spezialität des Hauses. Habe ich bisher nur hier in dieser Qualität gefunden. Das erspart mir die nervenaufreibende Rumpuhlerei und versaut fettigen Hände. Wir sind alle gut drauf. Hans genehmigt sich vorsichtshalber ein saftiges Steak. Es könnte ja was nützen. Wilhelm ist Gott sei Dank nicht dabei. Andernfalls hätten wir uns seine endlosen Tiraden über wirklich gutes Fleisch anhören müssen. Unserm Hans hätte er bestimmt den Appetit verdorben, selbst wenn wir unserem Stasi Metzger mit Kennerblick zugegebenermaßen hätten Recht geben müssen.

So gegen 20:00 Uhr beobachten wir Wilhelm, wie er das Treppenhaus verlässt, das wir von unseren Sitzen teilweise einsehen können. Das ist schon mal wichtig und für heute Abend von ganz entscheidender Bedeutung. Er verabschiedet sich aber ganz brav von uns, denn er stellt noch mal sicher, dass das Zimmer später frei ist. Er trägt ein geschmackvoll gemustertes Hemd, das nicht auf phantasielose einfarbige Altersvorlieben hindeutet, eine lange Hose, richtige Schuhe und macht echt was her. Trotz eingezogenem Bauch schafft er es nicht, ihn in seiner Ausdehnung unter seiner Brust zu platzieren. Das macht aber nichts, denn seine gesamte Erscheinung sagt: hier sind die Dollars, Mädels. Das kann ja noch interessant werden! Die Musikband rödelt auf, wir machen uns auf den Weg und hoffen, dass wir später wieder alle einen Platz im Coffee Shop des Hotels bekommen.

Eines der Mädels, das mit dem Gedanken spielt, eine Immobilie mit bayrischer Staatshilfe zu erwerben, steuert zielstrebig eine der Bier Bars im 2nd Road Komplex neben dem Sabai Land an, wird dort freudig von den Damen begrüßt und wir lassen uns nieder. Ihre Gesichtszüge verdunkeln sich, denn ihre für Hans Auserkorene ist nicht da. Sie interviewed ihre "Kusinen" ausgiebig. Rudolf denkt beim Anblick der zum Teil schnuckeligen Service Damen: Scheiße, wäre ich doch alleine losgezogen! Der ein oder andere von uns versucht diese Art von Gedanken einfach zu verdrängen. Bloss kein Stress heute. Wir bestellen erst einmal. Die meisten ein Bier, meine Holde einen Gin Tonic, ich meinen Black Nam ohne Nam Käng (Eis), welches hier problemlos verstanden und ausgeführt wird.

Auf einmal verstummt unsere der bayrischen Wohlfahrt ausgelieferte Fee und schaut erleichtert in eine andere Richtung. Aus der nähert sich ein etwa dreißigjähriges Mädel. Sie ist nicht dick, nicht dünn, hat ein freundliches, offenes und erfrischendes Gesicht und verändert ihren mit nach außen gestellten Füssen schaukelnden Watschelgang in den einer Dame würdigen Schrittes, als sie merkt, dass wir sie alle anstarren. Sie war auf dem Hong Nam, Toilette, und trägt Jeans, und eine weiße Bluse, deren Inhalt die kindliche geile Sehnsucht nach Muttern aufkommen lässt. Ihre gesamte Erscheinung ist ziemlich dezent, hat nichts disco-haftes oder gewerbliches an sich. Sie trägt nur eine dünne Goldkette mit einem unscheinbaren Medaillon von Rama V und drei unauffällige Blechringe. Nach Short Time sieht sie nicht aus. Sie unterhält sich sanft und freundlich mit ihrer Freundin.

Hans sitzt gleich daneben und nach einiger Zeit darf er die unerwartete Wohltat der unbeabsichtigten Berührungen über sich ergehen lassen. Nein, nicht mit der Hand. Es sind ihre spannungsgeladenen körperlichen Bewegungen, mit der sie Hans, natürlich völlig unbeabsichtigt und unmotiviert, elektrisierend auf die Pelle rückt, jedes mal von einer freundlich warmen Entschuldigung begleitet, einmal sogar von einem Wai. Sie ist, wie die amerikanischen Marines sagen, das "full metal jacket", das voll geladene Magazin. Wer kann dem schon widerstehen? Wer könnte diese vermeintlich einmalige Chance seines Lebens an sich vorüber gehen lassen?

Ich bin mal wieder fasziniert. Nach sechs Jahren Thailandaufenthalten damals, meist vier mal im Jahr, kann ich meine Augen immer noch nicht von dieser sinnlichen Kunst abwenden. Meine Holde hat natürlich sogleich alles geblickt. Hat ihre helle Freude, auch für Hans, denn sie weiß nun, dass seine Jungfräulichkeit ein Zustand der Vergänglichkeit ist. Die Interpretation der Bedeutung dieser einheimischen Mimik, Körpersprache und der unausgesprochenen Worte fällt ihr natürlich leicht. Das hat sie im Blut. Ich beginne zu verstehen, warum manche Farangs gleich im ersten Urlaub total einer Susi verfallen, all ihre Prinzipien über den Haufen werfen. Ab jetzt verachte ich sie etwas weniger. In späteren Jahren ist der Rest immer noch vorhandener Verachtung endgültig wohlwollendem Mitgefühl gewichen. So iss das nun mal, wenn die Feromone sprechen und man der Illusion unterliegt, dass der Moment Potential für die Ewigkeit hat.

Hans wird ganz ruhig und bestellt sich vorsichtshalber noch ein Bier. Er scheint eine innere Entscheidung getroffen zu haben, denn er lächelt zurück, falls sie ihn mal wieder unbeabsichtigt mit ihrer vollen Breitseite ganz sanft berührt.

"Ich find sie nett. Du auch?"


frag ich ihn um die Lage zu erkunden.


"Ich weiß nicht. Die scheint ganz in Ordnung zu sein. Nicht so, wie die anderen."


sagt er ganz klassisch und mit einem Anflug von Unentschlossenheit, was aber wahrscheinlich Unsicherheit bedeutet, denn er schämt sich, ihr die plumpe Schlüsselfrage zu stellen, nämlich: "kommste mit?" Er ist schon gefangen, verstrickt in diese nie erfahrene, weil unwestliche Einheit von Körper und Geist. Ihre körperliche Nähe lässt sich in seinem Hirn nicht rational erfassen. Seine Gedanken rasen im Kreis, aber seine Sinne verlangen schon nach mehr und nach der Ewigkeit des Augenblicks einer flüchtigen Berührung.

Die anderen schmunzeln wohlwollend. Meine Göttergattin erkennt die Situation.

"Why don't you ask her what she likes to drink?"

Nach meiner Übersetzung nimmt er Haltung an, räuspert sich und fragt sie auf Deutsch. Ich gebe mein: "Khun dümm alai khap?" von mir, sie bedankt sich mit einem Wai und einem leichten Knicks bei Hans und wir rücken alle einen Hocker weiter, damit sie sich neben ihn setzen kann.

Mir wird etwas mulmig, denn ich weiß nicht, ob diese zwar wohlgemeinte Therapie für einen Hans, der sein Leben lang hart gearbeitet, und seine, wie er sagt, geliebte Frau kürzlich verloren hat, nicht ein wenig zu weit geht. Aber morgen ist auch noch ein Tag. Den Jung kriegen wir schon wieder hin, falls alle Stricke reißen. Dieser Augenblick sei ihm gegönnt. Alles ist vergänglich. Wenn wir nur auf die rational wohldurchdachte Möglichkeit der nichtexistierenden Ewigkeit bauen würden, verpassten wir viele kurze glückliche Momente in unserem Leben.

Unsere deutschsprechende Bayernliebhaberin übernimmt die Rolle der Dolmetscherin zwischen Hans und dem "full metal jacket". Rudolf hat dadurch etwas Luft und schäkert mit angenehmem bayrischem Charme mit den Mädels hinter der Bar. Meine Holde ist ganz gerührt und begeistert von dem frischen Glück. Es geht gegen 21:00 Uhr und wir machen der Dame klar, dass sie Hans ganz vorsichtig und lieb nach seinem Hotel fragen soll. Versprich ihm am besten eine Massage, dann ist es nicht so offensichtlich.

Es klappt! Hans und, nennen wir sie Ae, verlassen das Gelände. Die 120 Baht Auslöse hat er widerspruchslos und ohne Scham bezahlt. Er hat uns gut zugehört während der letzten beiden Nächte und es war keine Überraschung für ihn. Wir Zurückgebliebenen wissen nicht, wer zuerst die nächste Runde schmeißen soll. Nicht alle auf einmal! Wir müssen noch einigermaßen nüchtern bleiben. Da kommt noch was!

Es wird einer dieser absolut friedlichl und lustig verlaufenden Bierbarbesuche, trotz der Begleitung unserer langjährigen Beziehungen. Die Mädels unterhalten sich angeregt auf Thai, absolut gemischt, egal, ob vor oder hinter der Bar, egal welch geografischer Herkunft, egal welch Hautfarbe, egal welch gesellschaftlichen Status. Es menschelt und es scheint, als wäre alles vordergründige Kastendenken der Thaimädels außer Kraft gesetzt. Selbst meine Holde schwingt jubelnd und froh mit der wohltuenden, vermeintlich nicht standesgemäßen Umgebung mit. Sanuk ist die alles überschreibende Stimmung. Sanuk ist grenzüberschreitend, auch in dieser undurchsichtigen mit Statussymbolen und strikter Hackordnung durchdrungenen Thaigesellschaft. Wir Farang-Männer dürfen mit den Damen hinter der Bar schäkern, da ja total unter kontrollierter Aufsicht. Die Dominosteine bleiben in der Schachtel.

Es wird Zeit. Hans ist hoffentlich noch nicht an einem Herzinfarkt gestorben, seine sinnliche Therapeutin hat hoffentlich noch nicht ihren weichen mütterlichen Charme an einem Zweifler oder total Verfallenem verloren, und Wilhelm hat hoffentlich meinen Bierdeckel mit der Lautschrift konsultiert um die Richtige zu finden und unsere unaufrichtige Warnung vor Bierbarmädels ernst genommen. Wir begeben uns erwartungsvoll aber im lästernden spekulierenden Übermut zurück zum Hotel.

Alle unsere Bedenken entpuppen sich als energieverschwendendes negatives Denken. An der Rezeption hören wir vertraulich, dass Hans mit seiner "registrierten" Flamme noch auf seiner sturmfreien Bude ist, sie das Haus noch nicht verlassen hat, und ein Krankenwagen nicht angefordert wurde. Eine Nachtschichtdame stellt gutmütig lächelnd, als hätte sie nur auf uns gewartet, drei Tische für uns im Coffee Shop zusammen. Wir begrüßen die immer noch nicht warmgespielte Band, die eine einmalige Gabe hat, auch dem langsamsten Song noch ein zusätzliches Viertel des schon geruhsamen Tempos zu nehmen. Der Song: "Angelina", bei dem sich die Damen in der Baby Go Go unmoralisch nackt aber herzerwärmend bewegen, entartet fast zum Stillstand. Bei dem Tempo würde auch die beste Go Go Dancering ohnmächtig in Trance von der Stange fallen. Auch eine Kunst, die Musik so langsam zu spielen! Wir lassen uns nieder und geben unsere Bestellungen auf.

Der Bochumer Bundesligaschiedsrichter macht uns darauf aufmerksam, nennen wir ihn ab jetzt Werner, dass Wilhelm der Eroberer mit Stasivergangenheit, das Treppenhaus mit einer Susi im absoluten Discostil, mit langen schwarzen Haaren bis hinunter zum sexy kleinen Hintern, beschleicht. Wir halten für einen Moment den Atem an. Meine Holde wird trotz drei Gin Tonic hellwach und bestellt einen Kaffee. Ich bekomme nach mehreren, dem Körper flüssigkeitentziehendem Black Nam, Durst auf ein Bier...
 
Kommunist Buddha Teil 5

"Wise men say...only fools rush in...but I can't help...falling in love with you.." spielt und singt die Band. Elvis in absoluter slow motion. Begräbnisgesang.

Wilhelm ist schon mit seiner Disco-Susi außer Sicht. Ob der Hans ihn überhaupt reinlässt? Oder macht die Susi gleich auf dem Absatz kehrt, weil sie Angst davor hat, dass Wilhelms Göttergattin hinter der verschlossenen Zimmertüre lauert? Fragen über Fragen. Wie es nun mal so unter Pattyawiederholungstätern üblich ist. Da kommt nach einiger Zeit Dorfgefühl auf. Tratsch und kleine Gehässigkeiten sind da der Pausenfüller zwischen den Sexgeschichten.

Unsere Mädels lassen ihrer Phantasie freien Lauf. Das große Kichern bricht aus. Rudolf schmeißt vorsichtshalber noch eine bayrische Runde, ehe der Ärger losgeht.

Wir sind alle in froher Erwartung. Gleich kommt das Christkind. Doch wer kommt? Wilhelm! Alleine! Er fragt, ob er sich zu uns gesellen darf, was wir alle mit heftigem Kopfnicken bestätigen.

"Was iss los, mein Guutster?"

fragt die Bundesliga.

"Oh nichts. Die Kleine ist nur mal eben Pinkeln. Weiß der Himmel, wie lange die braucht. Ich trink mir jetzt erst ein Bier mit euch."
sagt Wilhelm, ganz Mann.

"Wie, wo, pinkelt die hier unten oder aufm Zimmer?"


frage ich, weil ich mir keinen Reim aus seiner Antwort machen kann.

"Aufm Zimmer. Der alte Schnarchsack liegt mit seiner noch im Bett. Meine Kleine ist gleich ins Badezimmer. Das hat mir zu lange gedauert. Deswegen bin ich noch mal runtergekommen. Die soll sich bloß nicht einbilden, dass ich auf sie warte. Der zeig ich gleich von Anfang an, wo's bei mir langgeht. Von wegen ich warte, bis die ausgepisst hat."
klärt Wilhelm uns vorläufig auf.

OK, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Mal sehen, wie es weitergeht. Die Zeit rinnt dahin. Unsere Gespräche werden immer schlüpfriger, die Witze immer erwachsener. Der Flur wird im Schichtdienst im Auge behalten, damit wir ja nicht verpassen, falls sich Hans oder eines von den zwei Mädels oben auf dem Zimmer davonschleicht. Nach etwa einer dreiviertel Stunde sagt unser Kölsche Jung in einem ganz fürsorglich klingenden Ton:

"Du Wilhelm. Geh mal hoch und schau nach, was der Hans macht."

Der schaut auf seine Uhr, wundert sich selber, wie viel Zeit schon vergangen ist und springt auf. Bei uns am Tisch hat die Spekulation Hochkonjunktur. Wie geht's jetzt weiter? Warum ist die Susi nicht einfach abgehauen? Warum kommt Hans nicht herunter? Er weiß ja, dass er das Bett freimachen soll, wenn der Wilhelm kommt.

Schon bald darauf rauscht der Disco-Engel durch den Flur. Sie scheint das Hotel nicht zu verlassen, denn aus Richtung Rezeption hören wir eine laute Frauenstimme, die total empört auf jemanden einredet. Meine Holde und die anderen Mädels fordern uns auf, mal ruhig zu sein. Sie lauschen angestrengt, manchmal von einem Prusten hinter vorgehaltener Hand unterbrochen.

"Was ist los? Nu rückt schon raus damit!"

lassen wir uns nicht länger auf die Folter spannen.

"panhaa", Problem

kommt die kichernde Antwort. Wilhelm, Hans und seine "Full Metal Jacket" kommen auch. Die letztere redet kurz mit ihrer Freundin und verschwindet. Sie ist in Eile. Wilhelm sieht echt sauer aus, würdigt Hans keines Blickes und sie nehmen weit voneinander entfernt an unseren drei Tischen platz. Hans ist in seine eigene Welt abgetaucht, sieht aber gar nicht unzufrieden dabei aus. Wilhelm explodiert:

"Ich glaub es nicht! Geh ins Zimmer und da liegt der Hans mit beiden Mädels im Bett. Alle pudelnackt."

Wir stehen fast wie verabredet auf, erheben unsere Gläser und singen:

"Happy birthday...lieber Hans."

Der blickt verschämt auf, so, als ob er sich über sich selber wundert. Seine Augen auf sehnsuchtsvolle Fernsicht gestellt.

Wilhelm poltert laut weiter. Hätte er besser nicht getan, denn sein Rauschengel steht plötzlich am Tisch und knallt ihm die übelsten Issan-Schimpfworte um den Latz. Unsere mittlerweile auch etwas angeheiterten Mädels kichern vor sich hin, nachdem sie den ersten Schock über diese Sprache verloren haben und meine sich entschieden hat, nicht die gehobene Mittelklasse raushängen zu lassen. Die Disco-Susi steigert sich immer mehr in Rage, zieht vorne ihr Top hoch und sagt in gar nicht schlechtem Englisch:

"Glaubst du etwa, dass ich so einem alten stinkenden Sack wie dir erlauben würde, meine wundervollen Titten ohne Bezahle anzufassen?"


Wir klatschen Beifall für den eintrittsfreien Strip Tease. Ein Jodeln und Juchzen geht durch die Zuschauerschaft. Die Mädels rufen freudestrahlend: "Ui". Die Band verspielt sich fürchterlich. Das gesamte Personal bleibt wie angenagelt gerade dort stehen, wo es sich gerade befindet. Gäste werden im Augenblick nicht bedient. Wilhelm brüllt zurück:

"Halt deine dumme Fresse, du blöde Nutte!"

und noch vieles mehr. Schließlich kommt die Managerin des Hotels, begleitet von zwei Security Thaimännern, und Wilhelms Eroberung wird zum Ausgang begleitet. Wir werden mit dem Blick einer strafenden Mutter bedacht. Jetzt hat sie wohl auch mit uns endgültig die Geduld verloren.

Wir glauben, dass damit alles gegessen ist und wollen nun wissen, was denn da oben auf dem Zimmer wirklich vorgefallen ist. Die Band macht eine Pause. Das Personal muss weiterarbeiten.

"Der ist ausgerastet, hat die Klamotten seines Mädels auf den Gang geworfen, hat an ihren Tuddeln gespielt und sie nackisch wie sie war vor die Türe gesetzt."

sagt Hans wie ein Bub, dem jemand das Spielzeug weggenommen hat.

"Warum wohl, du alter Affe? Haste da nich was vergessen? Meinste etwa, ich lass mich von so einer beklauen? Ich nehm' dir echt übel, dass du das fast zugelassen hast."


kommt Wilhelm's Retourkutsche.

"Moment, Moment, von vorne bitte!"

sagt Radio West-Berlin und tut uns allen einen Gefallen damit, denn die Geschichte scheint verworrener zu sein, als wir in unserer Unschuld glauben. So nach und nach können wir uns ein Bild machen.

Also, der Wilhelm ist rauf und platzt in den ersten flotten Dreier seines brandenburgischen Bettgenossen. Beide sagen übereinstimmend: kein Problem. Im Gegenteil, Wilhelm machte Anstallten, mitzumischen und fummelte an seiner Susi rum, die wiederum an den anderen beiden rumfummelt.

Man stelle sich mal diesen Vierer vor. Ein Macho-Stasi-Metzger, dessen verbrannte Haut sich auf seinem Bauch kringelt, ein schüchterner und leidend verwitweter ehemaliger DDR-Untertan, ein "Full Metal Jacket" made in Thailand und ein offensichtlich erfahrenes "streetwise" Girl, der es egal ist, wer gerade an ihr rumfummelt, Hauptsache die Toleranz-Löhnung stimmt, welche Wilhelm jedoch verweigert, denn SIE hätte ihn ja schliesslich aufgegabelt.

Letztere schickt aber den Wilhelm taktisch hinterhältig umgehend unter die Dusche. Der beeilt sich. Als er aus dem Badezimmer kommt, sieht er wie sein Rauschengel im Evakostüm in seiner Jackettinnentasche rummacht. Seine von Hans schon beschriebene Rausschmissaktion folgt auf dem Fuße.

Unsere Reaktion ist zwiespältig. Beklauen gilt nicht. Auch wenn der Beklaute ein Mielke-Fan ist.

"Fehlt dir denn was?"

frage ich vorsichtshalber um den Schaden abschätzen zu können.

"Nein, nichts. Aber die hatte meinen Pass schon in der Hand und hat ihn aufmerksam studiert. Was geht der die an, wer bin ich denn schon?"

antwortet Wilhelm, als fühlte ER sich zur Abwechslung verfolgt und bespitzelt. Wir sind fast zufrieden. Aber nur fast. Wilhelm hat seine Abreibung bekommen. Ein streetwise Girl hat ihn mal gehörig bei den Hörnern gepackt und ihm gezeigt, wo es wirklich lang geht. Hans hat das erste mal in seinem Leben einen Blick in seine völlig verschütteten sexuellen Phantasien werfen können. Erfüllung inbegriffen.

Trotzdem. Hier stimmt was nicht. Nicht, dass wir den beiden unterstellen, sie flunkern. Nein. Es besteht der Verdacht, dass ihre beschränkte Sicht der Dinge nicht den vollen Umfang der Wahrheit erkennt. Die Kleine von der Strasse wäre ja schön blöd, einfach so als Hobby unter den Augen von Leuten in fremden Taschen zu stöbern. Die hatte einen Grund. Irgendwas hat sie missverstanden.

Kein Wunder, denn "Farang-German-East speak no English." Das hat sie wahrscheinlich nicht geschnallt und, mal andersrum geglaubt, dass ihr Freier sie versteht. Normalerweise sind es ja immer die Farangs, die sich so sehr von den Mädels verstanden fühlen, obwohl die keinen einzigen Satz richtig verstehen. Der Begriff Seelenverwandtschaft ist so entstanden. Eine verdrehte Welt.

Dies ist eine Konstante bis heute. Wie viele Farangs sind überzeugt, verstanden zu werden, weil ihre auserkorene in Patty immer freundlich nickt, obwohl sie kein Wort versteht? Der Wilhelm wollte sich wahrscheinlich umgekehrt keine Blöße geben, als sie an der Marine Disco mit ihm sprach. Wahrscheinlich hat er instinktiv gemerkt, dass es nicht gut ist, sich als Ossi zu outen. Hat einfach so getan, als wenn er alles versteht und dabei einige male zu oft genickt. Umgekehrte Rollen. Er kann froh sein, dass sein Anbaggergespräch nicht vor einem Autosalon oder Goldgeschäft stattfand.

Ich ahne Schlimmes. Die hat nicht nach Geld gesucht, sondern nach seinem Namen. Ich frage meine Holde, was sie denn so von dem Gezeter an der Rezeption mitbekommen hätte.

"She says, she will take care that he goes to kuck."

antwortet mein nicht mehr ganz volles "full metal jacket" in unserer eigenen individuellen Mischung von Englisch und Thai. "kuck" bedeutet Knast.

Einige in unserer Runde haben genug und wollen bezahlen. Ich mache den Vorschlag, noch einen Augenblick zu bleiben. Da kommt noch was. Noch heute. Ich sehe sie schon vor mir, wie sie in einer nicht weit entfernten Polizeistation ihre Uniformen zurechtzupfen, die Helme aufsetzen...
 
Kommunist Buddha Teil 6

Ja, die Polizei in Pattaya. Nicht zu verwechseln mit gleichgeschalteten Klonen. Die haben alle ihre individuellen Eigenschaften. Sie sind unterbezahlte Familienväter auf der permanenten Suche nach einem Nebenverdienst, geile Singles mit dem Drang zu einer Bonus-Nummer, manchmal Freund und Helfer, ein anderes mal hinterhältige Lumpen, sogar faszinierte Beobachter und Lipo-Trinker an einer Bierbar, mit denen man philosophieren kann.

Sie lieben die Einsätze, die durch Farangs ausgelöst werden, spielen dann, von westlichen Schauspielern unerreicht, die besonders Coolen, Hollywood reif. Sie können sauer werden oder ansteckend lachen. Während des Sonkrans lassen sie die besonders intensiven Wasser- und Puderangriffe stoisch über sich ergehen.

Ihnen wird in der Thaigesellschaft genauso viel Respekt entgegen gebracht, wie den vielen Buddhas (Mönchen). Nur, man geht ihnen lieber aus dem Wege, kann keine vorteilhaften Verdienste fürs nächste Leben erringen, indem man ihnen Gaben übergibt. Aber für das jetzige Leben schon. Kleine oder große "freiwillige" Aufmerksamkeiten bewirken ein jetziges Leben in Frieden oder, eigentlich unerlaubt, an den Gesetzen vorbei.

Ihre Uniformen sind maßgeschneidert und immer adrett. Die jüngeren und unteren Chargen sind meist gut gebaut, unwiderstehliche Traummänner. So manche Pattaya-Holde zählt einen von ihnen zu ihrem geheimen Freund, unsichtbar für den verliebten Urlaubsromantiker während seiner paar Wochen im Paradies und in alle Ewigkeiten vor dem europäischen Ehemann verborgen, der glaubt, den kranken Schwiegervater mit seinen Dollars zu heilen. Der unsichtbare Draht zur Exekutive gibt ihr nämlich eine gewisse Sicherheit in der unsicheren und unberechenbaren Welt und Gesellschaft der Farangs.

Manch Schultersternträger macht aus seinem Beruf eine Berufung. Anfang der 90ziger verloren einige chinesische Paten zwischen Pattaya und Chonburi ihre Lebensfreude. Weil ein Polizeipräsident seine Aufgabe als Sheriff ernst nahm, mussten sie einsehen, dass nicht jeder Polizeipräsident seinen Preis hat. Den Namen dieses Chonburi Polizei-Präsidenten habe ich leider vergessen. Er wurde irgendwann wegbefördert. So brachten sie sich vorsichtshalber selber gegenseitig um, nämlich frei nach dem Taxin Motto: "Better to die than to live like a loser", (Zitat: Bangkok Post). Pickups mit bewaffneten Profis auf der Ladefläche, spezialisierte Killer, sorgten Anfang der 90ziger auf der Sukhumvit-Landstrasse Bangkok-Chonburi-Pattaya für kurzweilige Wild-West-Unterhaltung.

Über die Jahre wurde das hinterlassene kriminelle Vakuum wieder gefüllt, aber die Macht wurde breiter gestreut und verlor damit an konzentrierter Kraft. Sie verteilte sich auf viele, auch kleine Möchtegerns. Ja, es stimmt. Zu dieser Zeit, in der diese Geschichte spielt, gibt es eine Thai-Bewegung und ehrlich gemeinte Motivation, zumindest in der Eastern Region, für Ordnung zu sorgen, vor der eigenen Türe zu kehren, anstatt das Problem fast ausschließlich nur bei den Farangs zu sehen. Mir wird beim Schreiben ganz warm ums Herze, wenn ich daran denke.

Wer die Versuche des ehemaligen Thailand-Chefs Thaksin verfolgte, wie er die Probleme seines Landes durch eine erzwungene moralische Komponente zu lösen versuchte, der könnte zu dem Schluss kommen, dass der dem Model Singapur nacheifert. Allerdings scheint er etwas wichtiges zu vergessen. In Singapur gibt es eine vorbildliche Infrastruktur, Schulen, Krankenversorgung, einigermaßen korrekte Staatsbeamte und Rechtssicherheit. Die Korruption ist zumindest nicht bei oberflächlicher Betrachtungsweise sichtbar.

Wilhelm hat sich fast wieder beruhigt und macht Anstallten, nach diesem Misserfolg wieder auf die Rolle zu gehen. Ich halte ihn mit einem Freibier davon ab, denn ich bin heute Abend in einer Hellseher-Phase.

Die anderen werden auch unruhig. Dann kommt es, wie es kommen muss. Vier gutgekleidete Herren, mit maßgeschneiderten braunen Uniformen lugen noch zögernd um die Ecke.

Nur vier? Das kenn ich aber anders. Ist schließlich ein Farang-Auftrag. In den Genuss wollen normalerweise mehr als nur vier Polizisten gleichzeitig kommen.

Mir geht der Heinz aus der Sunshine Bar (Namen geändert) durch den Kopf. Er war Nachbar eines schwulen Schweizers mit Dackel in der Garden Villa. Dieses Hündchen war sehr mitteilungsbedürftig und konnte das Maul nicht halten. Heinz hatte seinen freien Tag und genoss sein Bier auf der Veranda. Nach einiger Zeit ist er ausgerastet und schmiss die leere Bierflasche nach dem kläffenden Viech. Unser einziger Schwuler im Dorf "Garden Villa" fühlte sich persönlich angegriffen, denn Polterabend ist in Thailand unüblich, außerdem nur eine Hetero Angelegenheit. Er stürmte heraus und beschimpfte Heinz in seiner von anderen Gelegenheiten her bekannten cholerischen Art. Dabei wich er wie immer vom Thema ab. Mit voller Lautstärke auf Hochdeutsch. Das halbe "Dorf" durfte mithören:

"Wie blöd seid ihr eigentlich? Behängt eure Weiber mit Gold bis zum Geht-Nicht-Mehr und wenn sie euch dann fortlaufen, seid ihr das reine Jammern und lasst eure Verbitterung an einem unschuldigen Tier ab. Ihr seid doch keine Männer."

Das Eheweib vom Heinz, die früher in einer Schweizer Bier Bar gearbeitet hatte, kam nun auch heraus. Sie war vor 14 Tagen wieder einmal ausgezogen, was wir durch die mit ihren Klamotten gefüllten Plastiktüten vor der Türe und einigem begleitenden Zetern am Vorabend schlossen. Sie kam aber genau nach einer Woche mit den gleichen Plastiktüten wieder zurück. Sie wollte gerade was sagen, als ihr Heinz nur halb so laut zuvorkam:

"Stell den Hund ab, dann fliegen auch keine Flaschen."

"Ihr seid nicht nur bescheuert mit euren Weibern, ihr seid auch den ganzen Tag besoffen und wollt meinen lieben Hund umbringen."

brüllte der zurück. Dann ging es lautstark weiter, ab und zu von einer schrillen Frauenstimme unterstützt, damit der Dreiklang aufrecht erhalten blieb. Der 18-jährige Lieblingsjüngling unseres Schweizers suchte vorsichtshalber auf seinem Moped das Weite. Als Thai wusste er, dass die "Braunen" bald zur Stelle sind, wenn das so weiter geht, denn eine alleinstehende Schweizer Nachbarin in den Fuffzigern war berühmt dafür, jegliche Art von Ruhestörung mit einem Anruf an die Exekutive zu ahnden. Plötzlich war Ruhe.

Nach einer halben Stunde ging das Gebrülle weiter. Acht Polizisten standen als schweigende Mehrheit vor den beiden Grundstücken und versuchten, sich einen Reim zu machen. Heinz machte schnell eine Hochrechnung, gab jedem einen Hunderter als Entschuldigung für seinen Beitrag an der Lärmbelästigung, und die Sache war erledigt. Aber nicht ohne heimlich an Rache zu denken.

An dieser Stelle möchte ich ein kleines Intermezzo mit dem Titel: "der Lauf der Zeit", einfügen. Unser Schweizer Schwuler ist an Aids verreckt, sein Hund ist eines natürlichen Todes gestorben. Heinz hat eine Flasche "Black" zu viel getrunken, seine Leber versagte. Seine Holde ist für immer aus Pattaya verschwunden. Was aus den einzelnen Polizisten geworden ist, weiß ich nicht. Die sehen alle so gleich aus. Mein Haus in der Garden Villa ist schon längst günstig verkauft.

Plötzlich kommt die Disco Fee immer noch wutentbrannt herangerast, zeigt mit dem Finger auf Wilhelm und sagt: "das isser", auf Thai.

Einen der Polizisten kenne ich. Er bleibt etwas schmunzelnd im Hintergrund. Durch Zufall saß ich mehrere male im Bar Komplex am Sabai Land neben ihm. Wir kamen ins Gespräch, ich gab ihm eine Lipo aus und er bestand darauf, mir einen Black Nam zu bezahlen. Als er ging, beglich er die Rechnung.

Ein anderer fummelt an seinem mit Statik knackendem Walkie Talkie herum. Der Dritte baut sich furchterregend auf und der Chef von der Truppe spricht Wilhelm auf Englisch an:

"Tell me what happened."

Der will gerade auf russisch antworten, da er die Thaisprache nicht versteht. Auf Englisch wäre er gar nicht gekommen. Man ist ja schließlich im Ausland. Da muss man eine Fremdsprache benutzen. Nach unserer Übersetzung erzählt er seine Version der Story. Sie hätte ihn beklauen wollen, wäre untreu gewesen und übrigens freiwillig mitgekommen. Sie sei nur eine blöde Nutte und er verstehe nicht, warum sich vier Polizisten um solch einen Scheiß kümmern würden. Das letztere haben wir nicht auf Englisch übersetzt, auch unsere Mädels nicht in Thai. Gutes Team.

Das sei alles Quatsch, erfunden von einem alten stinkenden Bock. Er habe ihr 1000 Baht für Short Time versprochen, sie hierher gelockt, wollte dann nicht zahlen, woraufhin sie seinen Duschaufenthalt dazu benutzte, seine Personalien festzustellen. Deswegen der Griff in sein Jackett. Ihr Verdienstausfall, sie hätte ihren Arbeitsplatz an der Bar verlassen, sei jetzt schon unermesslich und außerdem, das sei überhaupt seine größte kriminelle Straftat, hätte er ihren Schlüpfer geklaut. Den solle er jetzt ruhig behalten, sich einen damit runterholen "tschak wau", aber sie wolle ihn ersetzt haben, da er nicht billig war. Mit 1500 Baht wäre sie zufrieden.

Dies alles wird mir von meiner Holden übersetzt. Wir müssen lachen, stellen sie uns in unserer sexuellen Phantasie ohne Höschen vor. Ich habe einen Flash Back. Fühle mich wieder an das ungelöste Rätsel erinnert. Wie an anderer Stelle in meinem Bericht über meinen ersten Thailandaufenthalt erwähnt, wusste ich ja schon, wie wichtig die Höschen für ein Thaimädel sind, besonders nachts, wenn die Geister kommen.

Der Chef schreibt alles mit. Sehr langsam und bedächtig. Man sieht, wie es in ihm arbeitet. Was soll er bloß aus dieser Geschichte machen? Für mich verwandelt sich sein Notizblock zum Taschenrechner auf dem er den Betrag ermittelt, der nötig ist, um zusammen mit seinen Kumpels nach Dienstschluss mal wieder so richtig einen zu saufen. Mein bekannter Polizist kann seinen Frohsinn kaum verbergen. Durch mein Gespräch mit ihm weiß ich, dass er über den Dingen steht und in diesem Fall nur eine willkommene Unterbrechung seines manchmal viel zu langweiligen Alltags sieht. Für ihn stehen wir Touristen und die Mädels auf der Bühne des Komödienstadels. Er hat ein Jahresabo in der ersten Reihe mit automatischer Verlängerung.

Die Diskussion wird immer heißer. Wir beschwichtigen. So weit geht unsere Rache an unserem Mielke Fan nun doch wieder nicht. Ich sinne die ganze Zeit nach einer Lösung. Stehe auf und gehe in Richtung Hong Nam. Auf dem Rückweg schaffe ich es ohne Aufsehen, mich zu meinem bekannten Uniformträger etwas abseits vom Trubel zu gesellen.

"What do you think is the best solution to end this joke?"

frage ich ihn. Er lacht und sagt ganz verschmitzt, dass eigentlich er Eintrittsgeld bezahlen müsse. Nennt aber sogleich die Summe, die alles regeln könnte. 500 Baht für die Einzelgängerin, damit sie Ruhe gibt und 800 für die Kegelkasse. Mir kommt das zu hoch vor und versuche ihn auf 500 runterzuhandeln. Der Wilhelm sei ja nur ein Farang-East-Germany. Er besteht letztendlich auf 600 Baht für die Polizei, da sie ja nicht weniger oder gleichviel wie das Mädel erhalten dürften. Ich erkundige mich vorsichtshalber, wie die Übergabe stattfinden soll und höre das erste mal in meinem Leben den Satz:

Khun Farang-Thai, djin djin. Frei übersetzt: du denkst als Ausländer wie ein Thai, soviel steht fest.

Ein Statement, das gerne von vielen Farangs stolz hervorgehoben wird, wenn es an sie gerichtet wird. Mich interessiert daran lediglich, welchen Vorteil ich daraus ziehen kann.

Wir haben später so einige Lipos im Dienst zusammen getrunken und manchmal auch ein Bier auf meiner Veranda. Seine Familiengeschichte ist sehr interessant, aber das ist eine andere Story. Interessant daran ist, dass sich seine Stories ähnlich anhörten, wie die der Mädels, nämlich: Es fehlt es an Geld hier und dort und die Verwandtschaft versteht einen sowieso nicht, von Papa oder Mama ungeliebt und dergleichen.

Ich setzte mich wieder hin und die anderen wundern sich, was ich denn mit einem der Polizisten gemauschelt habe. Meine Holde ahnt es. Der wendet sich an seinen Chef und spricht leise mit ihm. Ich erkläre Wilhelm, dass er mit 1100 Baht verhindern könne, die Polizeiwache oder auch die Sammelzelle in Pattaya von innen zu betrachten. Dort dürfe er dann in stickig feuchter Hitze die Nacht mit anderen zwielichten Gestallten, meistens Thais, verbringen. Wenn es dann noch zu einer Anzeige käme, wäre der Betrag, der seine Susi davon überzeugen würde, die Anzeige zurückzuziehen, wesentlich höher. Und aus einer Nacht würden mehrere Tage, da sie sich mit ihrer Entscheidung, auch wenn sie mit der Summe schon längst einverstanden wäre, aus lauter Rache Zeit lassen würde.

Wilhelm platzt fast. Aber da er die Stasivergangenheit noch frisch im Sinn hat, weiß er, was es heißen kann, in die Fänge einer Staatsmacht zu geraten. Dazu noch in die eines unbekannten Regimes. Sein Ego wirkt ganz schön angekratzt.

Wie verabredet, nicke ich meinem neuen Freund zu und Wilhelm begibt sich völlig geknickt, begleitet von der Exekutive, zur Rezeption und fragt nach dem Inhalt seiner Safety Box. Er hat nicht wenig Cash dabei, denn er ist mit Traveller Checks oder Plastik noch nicht so vertraut. Er übergibt dem Chef 1100 Baht und erhält sogar eine Quittung, die bei uns aus einem Wirtshaus stammen könnte, damit alles offiziell aussieht. Die Disco Susi sagt sich nach einem Blick auf die Geldbündel: ich Dummkopf. Hätte ich es cleverer angegangen, könnte ich mir bald ein neues Moped kaufen.

Später erfuhr ich, dass sie nur 300 Baht aus dem Batzen erhielt. Die Kameradschaftstruppe hatte offensichtlich genau berechnete Pläne für den Dienstschluss.

Wilhelm heißt ab jetzt nur noch Mielke. Jedoch ein Mielke, der noch mal soeben dem Knast entgangen ist. Fast hätte er gesagt: "Ich liebe euch doch alle." Wir wundern uns selber, über unsere plötzliche Nachsicht mit ihm, aber jeder weiß im tiefsten Innersten, warum.

Die Nacht ist noch lang und wir brechen auf. Meine Holde und ich seilen uns ab, nehmen ein Baht Taxi, fahren bis zur verkehrsberuhigten Zone vor und schlendern durch Süd-Pattaya. 10Baht für uns beide, da meine Göttergattin bezahlt. Als wenn es der absolute Polizistenabend werden soll, sehe ich Reinhard (Name geändert) in seiner Lieblingsbar. Er ruft uns herein und fragt sofort, was wir trinken möchten. Reinhard ist ein body building Typ mit einem gestählten Körper und Motorrad Fan.

Ich habe ihn als Manager der kleinen Restaurant-Bar am Swimming Pool der Garden Villa kennen gelernt. Dazu gehörte ein Trakt mit Einzelzimmern, die auch für Short Time von den Bedienungen genutzt wurden. Für mich als Bewohner der Anlage natürlich unerreichbar. Meine Ex hätte ihr Gesicht verloren und ich, was Männlein und Weiblein unterscheidet. Nachdem er pleite ging, wie man sagte, wurde der Laden nie wieder eröffnet, der Swimming Pool eine Zeit lang nicht mehr betreut, sodass er ziemlich versiffte.

Aber wir verloren uns nicht aus den Augen. Manchmal kam er mit seiner Harley bei mir vorbei. Immer telefonisch angekündigt. Bei diesen Gelegenheiten fragte er vorsichtig, ob ich davon gehört hätte, dass mein holländischer Nachbar in Drogengeschäfte verwickelt sei. Nein, hatte ich nicht. Einmal zog er eine Tüte mit Thai-Stick aus der Satteltasche, pulverisiertes Dope. Mindestens 100 Gramm, prall gefüllt.

"Für dich, ein Geschenk, kannste behalten, aber eine rauchen wir gleich jetzt."

sagte er und legte sie in Reichweite auf den Tisch. Ich hatte einen Hang Over von der letzten Nacht und wusste, das Zeug tut mir jetzt nicht gut. Es hat mich über zehn Minuten Ablehnungskünste gekostet, ehe er aufgab. Und, obwohl gewohnt aus Schüler- und Studentenzeiten und auch gelegentlich heute nicht abgeneigt, verweigerte ich die Annahme der Tüte, holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und pflegte meinen Affen auf diese Art und Weise. Reinhard versuchte es nie mehr wieder, aber wir begeisterten uns gegenseitig von Zeit zu Zeit an philosophischen Gesprächen, die es in sich hatten, denn er hatte einen Fundus von Wissen, dass die Voreingenommenheit gegen Body Builder vergessen ließ.

Reinhard ist in seiner Lieblingsbar von halbseidenen Farangs aus der Szene umringt und mir scheint, dass er hofiert wird. Wir albern ein wenig rum. Die halbseidenen Gesellen, wissen nicht, was sie von mir halten sollen. Ich gehöre nicht zu ihrem Kreis. Als einer von ihnen meine Ex unanständig anmacht, packt ihn Reinhard mit eisernem Griff am Kinn, bis seine Lippen einen Entenschnabel formen und ermahnt ihn zu einer gewählteren Wortwahl. Als wir gehen, erlaubt er mir nicht zu zahlen.

Eines Tages sah ich ihn im Dong Muang Airport Bangkok mit einem Walkie Talkie in seiner Hand. Er tat so, als ob er mich nicht sähe. Wie sich heraus stellte, war er ein undercover Agent der deutschen Drogenpolizei. Einer von denen, die sich mit Freuden in die Szene stürzen, nichts sinnliches auslassen, mit der Rechtfertigung, dass sie ja alle Schweinereinen mitmachen müssen, damit sie nicht enttarnt werden.

Im Flugzeug wurde mir heiß. Was wäre passiert, wenn ich die Tüte angenommen hätte? Meinem holländischen Nachbarn konnte nie was angehängt werden, aber er verließ Thailand freiwillig. Zu viel Stress und aus reiner Vorsicht. Ich wäre wahrscheinlich das kleine Erfolgserlebnis gewesen, ohne den ein Zivilfahnder im Paradies wegen fehlendem großen Wurf den Rückruf in die triste Heimat riskiert. Am nächsten Tag wäre wahrscheinlich die Polizei in meinem Hause gewesen und hätte alles auf den Kopf gestellt. Oh Mann, mir wird immer noch schlecht, wenn ich heute daran denke. Die fehlende Gier und mein Kater haben mich noch einmal bewahrt. Ich liebe Black Naam und bin ihm zu Dank verpflichtet.

Als ich einmal später nach Reinhard fragte, da ich ihn lange nicht mehr gesehen hatte, wurde mir erzählt, dass er auf der Sukhumvit motorradfahrend von einem LKW plattgemacht worden sei. Aber auch das mag zu seiner Legende gehören. Ich habe ihn nie wieder gesehen.

Meine Holde und ich begeben uns zur Karussellbar, trinken und schwätzen mit den Mädels, bis uns schwindelig wird. Als der Antriebsmotor mal kurzzeitig den Geist aufgibt, fällt ein Farang vom Hocker. Nichts passiert, da der Alkohol eventuell verkrampfte Muskeln schon entspannt hatte. Nach einer Nudelsuppe geht's zurück Richtung Hotel. Wir nehmen uns vor, am nächsten Tag der Hotel Managerin einen Blumenstrauß zu kaufen. Haben wir auch getan. Sie hat sich riesig gefreut und unsere infantilen Späße mit Mielke waren auf der Stelle und für immer vergessen. Als wir am Sabai Land vorbeifahren, darf ich nicht die Klingel im Baht Taxi drücken. Sperrstunde, hat meine Regierung beschlossen. Wir befinden uns im Jahre 1991 und es ist 2:00 Uhr nachts.

Mielke haben wir nie mehr gesehen.

Hans kam jedes Jahr wieder und wurde einer von unserm temporären Club. Das "metal jacket" wurde seine Langzeitbegleitung.

Die Stamm-Holde unseres Bayern hat einmal zu oft nach einem Haus gefragt. Das war ihm die Morgennummer nicht mehr wert und er ging von nun an nur noch alleine auf die Rolle.

Der Bundesliga-Schiedsrichter versöhnte sich wieder mit seiner Frau daheim und wurde vorrübergehend solide.

Schließlich verloren wir uns aus den Augen.

Die Frage: "East or West" büßte im Laufe der Zeit ihre Bedeutung ein, wurde immer seltener gestellt und dann einfach vergessen.

Die zunächst private Sperrstunde, aus weiblicher Intoleranz geboren, wurde amtlich.

Alles beim alten.


Ende​
 
Sehr informativer und vor allem lustiger Bericht. ich habe selten hier so gelacht wie bei deiner Beschreibung von Kommunist Buddha. Mach weiter so. Viel Spass bei deinen zukünftigen Aufenthalten. Ich werde im Dezember zum zweitenmal nach ca 18 Jahren nach Pattaya fliegen und werde bestimmt an deinen tollen Bericht denken und bei den einzelnen Lokalitäten ins Lachen kommen.

:D
 
@Frankie,

haste dich extra für dein Lob angemeldet?

Das iss aber nett von dir, echt.:p

P.S. weiss einer, ob der Palm Garden noch existiert, ob ein kleiner Hai immer noch in der Rezeption kreist, oder ob der Laden mittlerweile andersweitig belegt ist? Es war das Hotel direkt am Kreisel.

War lange nich mehr dort. Na ja, vielleicht über Neujahr wieder. Hab wat Geschäftliches mit meiner Ex zu erledigen. Ne gute Gelegenheit mal wieder die Sau rauszulassen. Dann zeigt sie immer Verständnis und unterstützt mich, seitdem wir geschieden sind.

So sindse nu mal...:D Ein gewisser Abstand kann durchaus fördernd wirken, habe ich bei den Thaischnecken festgestellt.
 
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