Kommunist Buddha Teil 6
Ja, die Polizei in Pattaya. Nicht zu verwechseln mit gleichgeschalteten Klonen. Die haben alle ihre individuellen Eigenschaften. Sie sind unterbezahlte Familienväter auf der permanenten Suche nach einem Nebenverdienst, geile Singles mit dem Drang zu einer Bonus-Nummer, manchmal Freund und Helfer, ein anderes mal hinterhältige Lumpen, sogar faszinierte Beobachter und Lipo-Trinker an einer Bierbar, mit denen man philosophieren kann.
Sie lieben die Einsätze, die durch Farangs ausgelöst werden, spielen dann, von westlichen Schauspielern unerreicht, die besonders Coolen, Hollywood reif. Sie können sauer werden oder ansteckend lachen. Während des Sonkrans lassen sie die besonders intensiven Wasser- und Puderangriffe stoisch über sich ergehen.
Ihnen wird in der Thaigesellschaft genauso viel Respekt entgegen gebracht, wie den vielen Buddhas (Mönchen). Nur, man geht ihnen lieber aus dem Wege, kann keine vorteilhaften Verdienste fürs nächste Leben erringen, indem man ihnen Gaben übergibt. Aber für das jetzige Leben schon. Kleine oder große "freiwillige" Aufmerksamkeiten bewirken ein jetziges Leben in Frieden oder, eigentlich unerlaubt, an den Gesetzen vorbei.
Ihre Uniformen sind maßgeschneidert und immer adrett. Die jüngeren und unteren Chargen sind meist gut gebaut, unwiderstehliche Traummänner. So manche Pattaya-Holde zählt einen von ihnen zu ihrem geheimen Freund, unsichtbar für den verliebten Urlaubsromantiker während seiner paar Wochen im Paradies und in alle Ewigkeiten vor dem europäischen Ehemann verborgen, der glaubt, den kranken Schwiegervater mit seinen Dollars zu heilen. Der unsichtbare Draht zur Exekutive gibt ihr nämlich eine gewisse Sicherheit in der unsicheren und unberechenbaren Welt und Gesellschaft der Farangs.
Manch Schultersternträger macht aus seinem Beruf eine Berufung. Anfang der 90ziger verloren einige chinesische Paten zwischen Pattaya und Chonburi ihre Lebensfreude. Weil ein Polizeipräsident seine Aufgabe als Sheriff ernst nahm, mussten sie einsehen, dass nicht jeder Polizeipräsident seinen Preis hat. Den Namen dieses Chonburi Polizei-Präsidenten habe ich leider vergessen. Er wurde irgendwann wegbefördert. So brachten sie sich vorsichtshalber selber gegenseitig um, nämlich frei nach dem Taxin Motto: "Better to die than to live like a loser", (Zitat: Bangkok Post). Pickups mit bewaffneten Profis auf der Ladefläche, spezialisierte Killer, sorgten Anfang der 90ziger auf der Sukhumvit-Landstrasse Bangkok-Chonburi-Pattaya für kurzweilige Wild-West-Unterhaltung.
Über die Jahre wurde das hinterlassene kriminelle Vakuum wieder gefüllt, aber die Macht wurde breiter gestreut und verlor damit an konzentrierter Kraft. Sie verteilte sich auf viele, auch kleine Möchtegerns. Ja, es stimmt. Zu dieser Zeit, in der diese Geschichte spielt, gibt es eine Thai-Bewegung und ehrlich gemeinte Motivation, zumindest in der Eastern Region, für Ordnung zu sorgen, vor der eigenen Türe zu kehren, anstatt das Problem fast ausschließlich nur bei den Farangs zu sehen. Mir wird beim Schreiben ganz warm ums Herze, wenn ich daran denke.
Wer die Versuche des ehemaligen Thailand-Chefs Thaksin verfolgte, wie er die Probleme seines Landes durch eine erzwungene moralische Komponente zu lösen versuchte, der könnte zu dem Schluss kommen, dass der dem Model Singapur nacheifert. Allerdings scheint er etwas wichtiges zu vergessen. In Singapur gibt es eine vorbildliche Infrastruktur, Schulen, Krankenversorgung, einigermaßen korrekte Staatsbeamte und Rechtssicherheit. Die Korruption ist zumindest nicht bei oberflächlicher Betrachtungsweise sichtbar.
Wilhelm hat sich fast wieder beruhigt und macht Anstallten, nach diesem Misserfolg wieder auf die Rolle zu gehen. Ich halte ihn mit einem Freibier davon ab, denn ich bin heute Abend in einer Hellseher-Phase.
Die anderen werden auch unruhig. Dann kommt es, wie es kommen muss. Vier gutgekleidete Herren, mit maßgeschneiderten braunen Uniformen lugen noch zögernd um die Ecke.
Nur vier? Das kenn ich aber anders. Ist schließlich ein Farang-Auftrag. In den Genuss wollen normalerweise mehr als nur vier Polizisten gleichzeitig kommen.
Mir geht der Heinz aus der Sunshine Bar (Namen geändert) durch den Kopf. Er war Nachbar eines schwulen Schweizers mit Dackel in der Garden Villa. Dieses Hündchen war sehr mitteilungsbedürftig und konnte das Maul nicht halten. Heinz hatte seinen freien Tag und genoss sein Bier auf der Veranda. Nach einiger Zeit ist er ausgerastet und schmiss die leere Bierflasche nach dem kläffenden Viech. Unser einziger Schwuler im Dorf "Garden Villa" fühlte sich persönlich angegriffen, denn Polterabend ist in Thailand unüblich, außerdem nur eine Hetero Angelegenheit. Er stürmte heraus und beschimpfte Heinz in seiner von anderen Gelegenheiten her bekannten cholerischen Art. Dabei wich er wie immer vom Thema ab. Mit voller Lautstärke auf Hochdeutsch. Das halbe "Dorf" durfte mithören:
"Wie blöd seid ihr eigentlich? Behängt eure Weiber mit Gold bis zum Geht-Nicht-Mehr und wenn sie euch dann fortlaufen, seid ihr das reine Jammern und lasst eure Verbitterung an einem unschuldigen Tier ab. Ihr seid doch keine Männer."
Das Eheweib vom Heinz, die früher in einer Schweizer Bier Bar gearbeitet hatte, kam nun auch heraus. Sie war vor 14 Tagen wieder einmal ausgezogen, was wir durch die mit ihren Klamotten gefüllten Plastiktüten vor der Türe und einigem begleitenden Zetern am Vorabend schlossen. Sie kam aber genau nach einer Woche mit den gleichen Plastiktüten wieder zurück. Sie wollte gerade was sagen, als ihr Heinz nur halb so laut zuvorkam:
"Stell den Hund ab, dann fliegen auch keine Flaschen."
"Ihr seid nicht nur bescheuert mit euren Weibern, ihr seid auch den ganzen Tag besoffen und wollt meinen lieben Hund umbringen."
brüllte der zurück. Dann ging es lautstark weiter, ab und zu von einer schrillen Frauenstimme unterstützt, damit der Dreiklang aufrecht erhalten blieb. Der 18-jährige Lieblingsjüngling unseres Schweizers suchte vorsichtshalber auf seinem Moped das Weite. Als Thai wusste er, dass die "Braunen" bald zur Stelle sind, wenn das so weiter geht, denn eine alleinstehende Schweizer Nachbarin in den Fuffzigern war berühmt dafür, jegliche Art von Ruhestörung mit einem Anruf an die Exekutive zu ahnden. Plötzlich war Ruhe.
Nach einer halben Stunde ging das Gebrülle weiter. Acht Polizisten standen als schweigende Mehrheit vor den beiden Grundstücken und versuchten, sich einen Reim zu machen. Heinz machte schnell eine Hochrechnung, gab jedem einen Hunderter als Entschuldigung für seinen Beitrag an der Lärmbelästigung, und die Sache war erledigt. Aber nicht ohne heimlich an Rache zu denken.
An dieser Stelle möchte ich ein kleines Intermezzo mit dem Titel: "der Lauf der Zeit", einfügen. Unser Schweizer Schwuler ist an Aids verreckt, sein Hund ist eines natürlichen Todes gestorben. Heinz hat eine Flasche "Black" zu viel getrunken, seine Leber versagte. Seine Holde ist für immer aus Pattaya verschwunden. Was aus den einzelnen Polizisten geworden ist, weiß ich nicht. Die sehen alle so gleich aus. Mein Haus in der Garden Villa ist schon längst günstig verkauft.
Plötzlich kommt die Disco Fee immer noch wutentbrannt herangerast, zeigt mit dem Finger auf Wilhelm und sagt:
"das isser", auf Thai.
Einen der Polizisten kenne ich. Er bleibt etwas schmunzelnd im Hintergrund. Durch Zufall saß ich mehrere male im Bar Komplex am Sabai Land neben ihm. Wir kamen ins Gespräch, ich gab ihm eine Lipo aus und er bestand darauf, mir einen Black Nam zu bezahlen. Als er ging, beglich er die Rechnung.
Ein anderer fummelt an seinem mit Statik knackendem Walkie Talkie herum. Der Dritte baut sich furchterregend auf und der Chef von der Truppe spricht Wilhelm auf Englisch an:
"Tell me what happened."
Der will gerade auf russisch antworten, da er die Thaisprache nicht versteht. Auf Englisch wäre er gar nicht gekommen. Man ist ja schließlich im Ausland. Da muss man eine Fremdsprache benutzen. Nach unserer Übersetzung erzählt er seine Version der Story. Sie hätte ihn beklauen wollen, wäre untreu gewesen und übrigens freiwillig mitgekommen. Sie sei nur eine blöde Nutte und er verstehe nicht, warum sich vier Polizisten um solch einen Scheiß kümmern würden. Das letztere haben wir nicht auf Englisch übersetzt, auch unsere Mädels nicht in Thai. Gutes Team.
Das sei alles Quatsch, erfunden von einem alten stinkenden Bock. Er habe ihr 1000 Baht für Short Time versprochen, sie hierher gelockt, wollte dann nicht zahlen, woraufhin sie seinen Duschaufenthalt dazu benutzte, seine Personalien festzustellen. Deswegen der Griff in sein Jackett. Ihr Verdienstausfall, sie hätte ihren Arbeitsplatz an der Bar verlassen, sei jetzt schon unermesslich und außerdem, das sei überhaupt seine größte kriminelle Straftat, hätte er ihren Schlüpfer geklaut. Den solle er jetzt ruhig behalten, sich einen damit runterholen "tschak wau", aber sie wolle ihn ersetzt haben, da er nicht billig war. Mit 1500 Baht wäre sie zufrieden.
Dies alles wird mir von meiner Holden übersetzt. Wir müssen lachen, stellen sie uns in unserer sexuellen Phantasie ohne Höschen vor. Ich habe einen Flash Back. Fühle mich wieder an das ungelöste Rätsel erinnert. Wie an anderer Stelle in meinem Bericht über meinen ersten Thailandaufenthalt erwähnt, wusste ich ja schon, wie wichtig die Höschen für ein Thaimädel sind, besonders nachts, wenn die Geister kommen.
Der Chef schreibt alles mit. Sehr langsam und bedächtig. Man sieht, wie es in ihm arbeitet. Was soll er bloß aus dieser Geschichte machen? Für mich verwandelt sich sein Notizblock zum Taschenrechner auf dem er den Betrag ermittelt, der nötig ist, um zusammen mit seinen Kumpels nach Dienstschluss mal wieder so richtig einen zu saufen. Mein bekannter Polizist kann seinen Frohsinn kaum verbergen. Durch mein Gespräch mit ihm weiß ich, dass er über den Dingen steht und in diesem Fall nur eine willkommene Unterbrechung seines manchmal viel zu langweiligen Alltags sieht. Für ihn stehen wir Touristen und die Mädels auf der Bühne des Komödienstadels. Er hat ein Jahresabo in der ersten Reihe mit automatischer Verlängerung.
Die Diskussion wird immer heißer. Wir beschwichtigen. So weit geht unsere Rache an unserem Mielke Fan nun doch wieder nicht. Ich sinne die ganze Zeit nach einer Lösung. Stehe auf und gehe in Richtung Hong Nam. Auf dem Rückweg schaffe ich es ohne Aufsehen, mich zu meinem bekannten Uniformträger etwas abseits vom Trubel zu gesellen.
"What do you think is the best solution to end this joke?"
frage ich ihn. Er lacht und sagt ganz verschmitzt, dass eigentlich er Eintrittsgeld bezahlen müsse. Nennt aber sogleich die Summe, die alles regeln könnte. 500 Baht für die Einzelgängerin, damit sie Ruhe gibt und 800 für die Kegelkasse. Mir kommt das zu hoch vor und versuche ihn auf 500 runterzuhandeln. Der Wilhelm sei ja nur ein Farang-East-Germany. Er besteht letztendlich auf 600 Baht für die Polizei, da sie ja nicht weniger oder gleichviel wie das Mädel erhalten dürften. Ich erkundige mich vorsichtshalber, wie die Übergabe stattfinden soll und höre das erste mal in meinem Leben den Satz:
Khun Farang-Thai, djin djin. Frei übersetzt: du denkst als Ausländer wie ein Thai, soviel steht fest.
Ein Statement, das gerne von vielen Farangs stolz hervorgehoben wird, wenn es an sie gerichtet wird. Mich interessiert daran lediglich, welchen Vorteil ich daraus ziehen kann.
Wir haben später so einige Lipos im Dienst zusammen getrunken und manchmal auch ein Bier auf meiner Veranda. Seine Familiengeschichte ist sehr interessant, aber das ist eine andere Story. Interessant daran ist, dass sich seine Stories ähnlich anhörten, wie die der Mädels, nämlich: Es fehlt es an Geld hier und dort und die Verwandtschaft versteht einen sowieso nicht, von Papa oder Mama ungeliebt und dergleichen.
Ich setzte mich wieder hin und die anderen wundern sich, was ich denn mit einem der Polizisten gemauschelt habe. Meine Holde ahnt es. Der wendet sich an seinen Chef und spricht leise mit ihm. Ich erkläre Wilhelm, dass er mit 1100 Baht verhindern könne, die Polizeiwache oder auch die Sammelzelle in Pattaya von innen zu betrachten. Dort dürfe er dann in stickig feuchter Hitze die Nacht mit anderen zwielichten Gestallten, meistens Thais, verbringen. Wenn es dann noch zu einer Anzeige käme, wäre der Betrag, der seine Susi davon überzeugen würde, die Anzeige zurückzuziehen, wesentlich höher. Und aus einer Nacht würden mehrere Tage, da sie sich mit ihrer Entscheidung, auch wenn sie mit der Summe schon längst einverstanden wäre, aus lauter Rache Zeit lassen würde.
Wilhelm platzt fast. Aber da er die Stasivergangenheit noch frisch im Sinn hat, weiß er, was es heißen kann, in die Fänge einer Staatsmacht zu geraten. Dazu noch in die eines unbekannten Regimes. Sein Ego wirkt ganz schön angekratzt.
Wie verabredet, nicke ich meinem neuen Freund zu und Wilhelm begibt sich völlig geknickt, begleitet von der Exekutive, zur Rezeption und fragt nach dem Inhalt seiner Safety Box. Er hat nicht wenig Cash dabei, denn er ist mit Traveller Checks oder Plastik noch nicht so vertraut. Er übergibt dem Chef 1100 Baht und erhält sogar eine Quittung, die bei uns aus einem Wirtshaus stammen könnte, damit alles offiziell aussieht. Die Disco Susi sagt sich nach einem Blick auf die Geldbündel: ich Dummkopf. Hätte ich es cleverer angegangen, könnte ich mir bald ein neues Moped kaufen.
Später erfuhr ich, dass sie nur 300 Baht aus dem Batzen erhielt. Die Kameradschaftstruppe hatte offensichtlich genau berechnete Pläne für den Dienstschluss.
Wilhelm heißt ab jetzt nur noch Mielke. Jedoch ein Mielke, der noch mal soeben dem Knast entgangen ist. Fast hätte er gesagt: "Ich liebe euch doch alle." Wir wundern uns selber, über unsere plötzliche Nachsicht mit ihm, aber jeder weiß im tiefsten Innersten, warum.
Die Nacht ist noch lang und wir brechen auf. Meine Holde und ich seilen uns ab, nehmen ein Baht Taxi, fahren bis zur verkehrsberuhigten Zone vor und schlendern durch Süd-Pattaya. 10Baht für uns beide, da meine Göttergattin bezahlt. Als wenn es der absolute Polizistenabend werden soll, sehe ich Reinhard (Name geändert) in seiner Lieblingsbar. Er ruft uns herein und fragt sofort, was wir trinken möchten. Reinhard ist ein body building Typ mit einem gestählten Körper und Motorrad Fan.
Ich habe ihn als Manager der kleinen Restaurant-Bar am Swimming Pool der Garden Villa kennen gelernt. Dazu gehörte ein Trakt mit Einzelzimmern, die auch für Short Time von den Bedienungen genutzt wurden. Für mich als Bewohner der Anlage natürlich unerreichbar. Meine Ex hätte ihr Gesicht verloren und ich, was Männlein und Weiblein unterscheidet. Nachdem er pleite ging, wie man sagte, wurde der Laden nie wieder eröffnet, der Swimming Pool eine Zeit lang nicht mehr betreut, sodass er ziemlich versiffte.
Aber wir verloren uns nicht aus den Augen. Manchmal kam er mit seiner Harley bei mir vorbei. Immer telefonisch angekündigt. Bei diesen Gelegenheiten fragte er vorsichtig, ob ich davon gehört hätte, dass mein holländischer Nachbar in Drogengeschäfte verwickelt sei. Nein, hatte ich nicht. Einmal zog er eine Tüte mit Thai-Stick aus der Satteltasche, pulverisiertes Dope. Mindestens 100 Gramm, prall gefüllt.
"Für dich, ein Geschenk, kannste behalten, aber eine rauchen wir gleich jetzt."
sagte er und legte sie in Reichweite auf den Tisch. Ich hatte einen Hang Over von der letzten Nacht und wusste, das Zeug tut mir jetzt nicht gut. Es hat mich über zehn Minuten Ablehnungskünste gekostet, ehe er aufgab. Und, obwohl gewohnt aus Schüler- und Studentenzeiten und auch gelegentlich heute nicht abgeneigt, verweigerte ich die Annahme der Tüte, holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und pflegte meinen Affen auf diese Art und Weise. Reinhard versuchte es nie mehr wieder, aber wir begeisterten uns gegenseitig von Zeit zu Zeit an philosophischen Gesprächen, die es in sich hatten, denn er hatte einen Fundus von Wissen, dass die Voreingenommenheit gegen Body Builder vergessen ließ.
Reinhard ist in seiner Lieblingsbar von halbseidenen Farangs aus der Szene umringt und mir scheint, dass er hofiert wird. Wir albern ein wenig rum. Die halbseidenen Gesellen, wissen nicht, was sie von mir halten sollen. Ich gehöre nicht zu ihrem Kreis. Als einer von ihnen meine Ex unanständig anmacht, packt ihn Reinhard mit eisernem Griff am Kinn, bis seine Lippen einen Entenschnabel formen und ermahnt ihn zu einer gewählteren Wortwahl. Als wir gehen, erlaubt er mir nicht zu zahlen.
Eines Tages sah ich ihn im Dong Muang Airport Bangkok mit einem Walkie Talkie in seiner Hand. Er tat so, als ob er mich nicht sähe. Wie sich heraus stellte, war er ein undercover Agent der deutschen Drogenpolizei. Einer von denen, die sich mit Freuden in die Szene stürzen, nichts sinnliches auslassen, mit der Rechtfertigung, dass sie ja alle Schweinereinen mitmachen müssen, damit sie nicht enttarnt werden.
Im Flugzeug wurde mir heiß. Was wäre passiert, wenn ich die Tüte angenommen hätte? Meinem holländischen Nachbarn konnte nie was angehängt werden, aber er verließ Thailand freiwillig. Zu viel Stress und aus reiner Vorsicht. Ich wäre wahrscheinlich das kleine Erfolgserlebnis gewesen, ohne den ein Zivilfahnder im Paradies wegen fehlendem großen Wurf den Rückruf in die triste Heimat riskiert. Am nächsten Tag wäre wahrscheinlich die Polizei in meinem Hause gewesen und hätte alles auf den Kopf gestellt. Oh Mann, mir wird immer noch schlecht, wenn ich heute daran denke. Die fehlende Gier und mein Kater haben mich noch einmal bewahrt. Ich liebe Black Naam und bin ihm zu Dank verpflichtet.
Als ich einmal später nach Reinhard fragte, da ich ihn lange nicht mehr gesehen hatte, wurde mir erzählt, dass er auf der Sukhumvit motorradfahrend von einem LKW plattgemacht worden sei. Aber auch das mag zu seiner Legende gehören. Ich habe ihn nie wieder gesehen.
Meine Holde und ich begeben uns zur Karussellbar, trinken und schwätzen mit den Mädels, bis uns schwindelig wird. Als der Antriebsmotor mal kurzzeitig den Geist aufgibt, fällt ein Farang vom Hocker. Nichts passiert, da der Alkohol eventuell verkrampfte Muskeln schon entspannt hatte. Nach einer Nudelsuppe geht's zurück Richtung Hotel. Wir nehmen uns vor, am nächsten Tag der Hotel Managerin einen Blumenstrauß zu kaufen. Haben wir auch getan. Sie hat sich riesig gefreut und unsere infantilen Späße mit Mielke waren auf der Stelle und für immer vergessen. Als wir am Sabai Land vorbeifahren, darf ich nicht die Klingel im Baht Taxi drücken. Sperrstunde, hat meine Regierung beschlossen. Wir befinden uns im Jahre 1991 und es ist 2:00 Uhr nachts.
Mielke haben wir nie mehr gesehen.
Hans kam jedes Jahr wieder und wurde einer von unserm temporären Club. Das "metal jacket" wurde seine Langzeitbegleitung.
Die Stamm-Holde unseres Bayern hat einmal zu oft nach einem Haus gefragt. Das war ihm die Morgennummer nicht mehr wert und er ging von nun an nur noch alleine auf die Rolle.
Der Bundesliga-Schiedsrichter versöhnte sich wieder mit seiner Frau daheim und wurde vorrübergehend solide.
Schließlich verloren wir uns aus den Augen.
Die Frage: "East or West" büßte im Laufe der Zeit ihre Bedeutung ein, wurde immer seltener gestellt und dann einfach vergessen.
Die zunächst private Sperrstunde, aus weiblicher Intoleranz geboren, wurde amtlich.
Alles beim alten.
Ende